Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
umfassend gewonnen wurde, erklärte, dass sich die Kosten für die Kriege um Jupiter und Saturn amortisieren würden, indem man sich das Wissen und die Technologie der Außenweltler zunutze machte, und erinnerte das Publikum daran, dass die Weltraumindustrie sowohl für die Sicherheit von Großbrasilien als auch für den Erhalt des Planeten von größter Wichtigkeit war. Orbitale Sonnenblenden hatten eine Menge dazu beigetragen, die Auswirkungen der großen
Mengen Wärmeenergie abzumildern, die im 20. und 21. Jahrhundert in das Wettersystem der Erde eingedrungen waren. Und Industrieanlagen außerhalb des Planeten anzusiedeln, Rohstoffe auf Asteroiden und den Monden von Jupiter und Saturn abzubauen und die Fundgrube an innovativen Technologien der Außenweltler umfassend zu nutzen, würde es möglich machen, das Land und die Meere der Erde wieder in ihren ursprünglichen, unberührten Zustand zurückzuverwandeln und aus dem Planeten ein vorindustrielles Paradies zu machen, sagte Cash. Und am Schluss schwebte seine Stimme wie der Adler, genauso, wie man es ihm beigebracht hatte.
»Mann, ich weiß gar nicht, weshalb du im Vorfeld so nervös warst«, sagte Frankie Fuente danach zu ihm. »Du bist ein Naturtalent.«
»Ich denke, ich habe sieben Komma fünf von zehn möglichen Punkten errungen. Es ginge also eindeutig noch besser.«
Am nächsten Tag flogen die beiden Helden in einem Kippflügelflugzeug nach Caracas, wo sie ihre Nummer bei einem großen Empfang abspulten: tausend hochrangige Bürger, die in einer Halle aus Gold und Marmor feierten, mit einer so hohen Decke, dass sie ihr eigenes Klima zu erzeugen schien. In der glanzvollen Menge herrschte eine seltsame Unruhe. Soldaten und Berater kamen und gingen, Grüppchen unterhielten sich mit gesenkten Stimmen, und dann gab es ein Grußwort des Gastgebers Euclides Peixoto: Er sei nach Brasília bestellt worden, doch er hoffe, dass sich alle auch in seiner Abwesenheit bestens amüsierten. Cash und Frankie hielten ihre Reden, doch der Applaus war dünn und halbherzig, und der Empfang wurde unmittelbar danach abgebrochen.
Frankie hatte zwei Frauen aufgetan, die begierig waren, den männlichen Mut und die Aura echter Kriegshelden zu
erleben. Cash erwachte in den frühen Morgenstunden mit einem Mund voll Watte und Panik, die in seinem Kopf wie eine Glocke läutete. Er setzte sich auf, sein Herz raste, und Schweiß begann ihm über die Flanken zu rinnen. Die schlanke junge Frau an seiner Seite seufzte und grub sich tiefer in die Seidenkissen und Laken. Einen Augenblick später trat Frankie Fuente durch die Terrassentür der Suite herein und befahl ihm, gefälligst aufzustehen.
»Was ist los?«
Frankies Oberkörper war nackt, er trug nur einen Arm, und seine weißen Boxershorts hoben sich hell von seiner dunklen Haut ab. »Da draußen wird Geschichte geschrieben, Captain. Schau es dir am besten selbst an.«
Vom Balkon aus blickte Cash auf das Netz der Straßen und die riesigen Apartmentblocks und Farmtürme. Grau in der frühen Morgendämmerung. Rauchspiralen stiegen hier und da auf. Das entfernte Heulen von Sirenen. Polizeidrohnen flogen in der Dunkelheit zwischen den Blocks und Türmen hin und her; über den Dächern knatterten Polizeihubschrauber.
»Was ist das, eine Hungerrevolte?«, sagte er, doch Frankie war bereits durch die wehenden weißen Vorhänge am anderen Ende des Balkons in sein Zimmer gestürmt. Cash folgte ihm. Frankie kniete tief gebeugt neben dem Bett und tastete darunter nach seinem künstlichen Arm. Die Memofläche leuchtete in einer Ecke mit neuesten Informationen. Cash las einen Moment lang und sagte dann: »Sie ist tot?«
Frankie stand auf, seinen zuckenden rechten Arm in der Hand seines kurzen und dünnen linken Arms. »So heißt es jedenfalls.«
»Ich habe sie letztes Jahr getroffen«, sagte Cash sinnloserweise.
Frankie stülpte den sich schlangenartig windenden Arm auf seinen Stumpf, worauf dieser erstarrte. Er beugte Ellbogen und Handgelenk, und schon hatte er einen rechten Arm. Ein alltäglicher Zaubertrick, der der Technologie des Außensystems zu verdanken war. »Ich habe sie ebenfalls getroffen«, sagte er. »Alle Kriegshelden haben das. Aber die Wirkung unserer männlichen Aura hat anscheinend nicht ausgereicht, um sie zu retten.«
Alle Nachrichtenübertragungen sagten das Gleiche: Elspeth Peixoto, Präsidentin von Großbrasilien, war tot. Sie war am Abend zuvor im Schlaf gestorben; die Nachricht war zurückgehalten worden, bis
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