Sonnenfeuer
den Salomoninseln Männer und Knaben, zwingen sie, ihren Daumenabdruck unter einen Vertrag zu setzen, und bringen sie ins südliche Queensland auf die Zuckerrohr- und Baumwollplantagen. Ihr weiteres Schicksal hängt davon ab, welchen Herrn sie bekommen. Einige behandeln diese sogenannten Kanaken ja noch einigermaßen anständig, doch die meisten enden als Sklaven. Und jetzt wissen Sie, warum die
Pacific Star
den Hafen so schnell wieder verlassen soll. Der ganz Rumpf steckt voll von diesen armen Teufeln.«
»Solch ein Schiff würde ich nicht mal mit der Feuerzange anfassen!«
»Eine kluge Entscheidung«, meinte Jardine. Herbert hingegen war enttäuscht.
»Wenn Sie schon Kulis transportiert haben, warum dann nicht auch diese Bande?« fragte er bissig.
»Die Kulis bleiben unter ihren Landsleuten«, entgegnete Lew gereizt. »Sie wissen, was auf sie zukommt.«
»Glauben Sie?« fragte da Jardine. »Vor kurzem ist vor Somerset ein Schiff gekentert, das bis an den Rand mit Kulis vollgestopft war. Die Männer hatten nicht die geringste Chance und sind mit Mann und Maus untergegangen.«
»Daran ist der Kapitän schuld«, schimpfte Lew.
»Jedenfalls ist das nicht die feine englische Art«, warf Herbert sich in die Brust. »Ich verstehe allerdings nicht, warum sie die Schwarzen von den Salomoninseln herschaffen, wo es hier doch Eingeborene im Überfluß gibt.«
Jardine blickte die beiden verwundert an. »Man merkt, daß Sie neu sind.« Dann wandte er sich an Herbert. »Haben die Amerikaner es fertiggebracht, ihre Rothäute für sich arbeiten zu lassen? Nicht ums Verrecken! Mit unseren Aborigines ist es ähnlich. Sie würden uns am liebsten die Kehle durchschneiden, und das ist ihnen nicht mal zu verdenken. Sie sind tapfere Krieger.« Er wies auf das Gasthaus. »Kommen Sie, ich gebe einen aus!«
Die Begegnung mit Jardine erwies sich als ausgesprochener Glücksfall. Er vermittelte ihnen zwei Schlafstellen in einer zur Hälfte fertiggebauten Pension. Zwar war die Außenmauer ihres Zimmers noch nicht ganz hochgezogen, und vor der Öffnung hing lediglich ein Stück Sacktuch, aber angesichts der drückenden Hitze beschwerte sich weder Herbert noch Lew. Am folgenden Morgen begleitete Jardine sie zu einem Pferdehändler. »Ich brauche ein gutes Reitpferd und eins fürs Gepäck«, sagte Lew.
»Nein, wir brauchen drei Pferde«, verbesserte ihn Herbert. »Ich komme mit.«
»Seit wann das denn?« Lew ärgerte sich. Er wollte nicht, daß Herbert sich an seine Fersen heftete. »Ich dachte, Sie hätten was gegen’s Goldgraben.«
»Hab ich auch, aber hier kann ich auf keinen Fall bleiben. Und vielleicht habe ich diesmal ja Glück!«
Wie Jardine ihnen geraten hatte, kauften sie sich Vorräte, die Ausrüstung und Waffen. Dann verabschiedeten sie sich von ihrem neuen Freund.
»Besuchen Sie mich in Somerset, wenn Sie in der Gegend sind«, sagte er.
»Ich nehme Sie beim Wort«, antwortete Lew.
»Ich werde es wohl nicht tun«, meinte Herbert. »Mir ist es hier schon tropisch genug. Weiter nach Norden bringen mich keine zehn Pferde mehr. Ich habe schon immer gesagt, für einen Engländer ist das nichts.«
Ihre Reise durch die karge Landschaft mit den vertrockneten Bäumen und Ameisenhaufen, die wie Zahnstummel aus dem struppigen, verfilzten Gras aufragten, war eine Erfahrung für sich.
Sie schlossen sich einer Gruppe Goldgräber an, und trotz der sengenden Hitze waren alle frohen Mutes. Hoch zu Roß überholten sie Hunderte von Glücksrittern, die die Strecke zu Fuß zurücklegten, Familien auf Planwagen, mit Vorräten vollgepackte Ochsengespanne, Paare in windigen Einspännern und ganze Pferdefuhrwerke voll mit geschminkten Frauen unter Sonnenschirmen, die ebenfalls hofften, auf den Goldfeldern ein Vermögen zu verdienen.
Die Reisenden in der Gegenrichtung wichen in der Regel ihren Blicken aus; sie zeigten weder ihre Entmutigung noch ihre Freude über einen Fund. An der Furt am Ross River patrouillierte berittene Polizei, die die Reisenden vor Krokodilen warnte. Ihre Aufgabe war es, die schwerbewaffneten Goldtransporte das letzte Stück des Weges bis Townsville zu begleiten, denn auf dieser Strecke wimmelte es von Straßenräubern. Die beiden Engländer wurden an allen Lagerfeuern entlang des Weges freundlich empfangen.
Lew gefielen der Kameradschaftsgeist und die fröhliche Zuversicht der Leute. Die Stimmung war wie auf einem Schiff, das den Heimathafen ansteuert. Man teilte sich das Essen und gab Geschichten zum besten, und
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