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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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meinte er, während er Ying von einer hübschen braunen Stute half.
    Ying musterte ihn von oben bis unten. »Kapitän, vielleicht ähnele ich im Augenblick einem gewöhnlichen Sterblichen, aber du siehst wie ein Kuli aus.«
    »Tut mir leid«, entgegnete Lew, »aber das Wasser ist knapp. Zum Waschen muß man eigens zum großen Fluß gehen.« Da entdeckte er einen der Yuang-Brüder, der hoch zu Roß an der Wegbiegung wartete. »Der Himmel steh mir bei. Haben deine Diener etwa Reiten gelernt?«
    »Das war unerläßlich«, antwortete Ying.
    »Komm mit ins Zelt. Ich koche uns eine Tasse Tee.«
    »Ich habe selbst Tee dabei, denn das Gebräu, das hier verkauft wird, ist ja ungenießbar. Außerdem habe ich anständigen Wein mitgebracht.«
    »Das ist prima. Ich bin ja so froh, dich zu sehen.«
    Lew kochte Tee, den er Ying am grobgeschreinerten Tisch in seinem Zelt servierte. »Das mit der Dschunke tut mir leid, Ying.«
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Schließlich hat sie Herrn Cheong gehört, und nicht mir. Das geschieht ihm recht.«
    Lew war erstaunt. »Höre ich richtig? Klingt da vielleicht Abneigung gegen deinen ehrwürdigen Herrn und Meister durch? Den Herrn ohne Fehl und Tadel?«
    »Über diese Angelegenheit solltest du nicht spotten. Er hat zwei Spione hergeschickt, die herausfinden sollten, ob ich ihn betrüge.«
    Lew zuckte die Achseln. »Das wundert mich nicht. Nach allem, was ich von ihm gehört habe, hätte er sogar Buddha mißtraut.«
    »Du verstehst nicht, was das bedeutet. Er hat bereits meine Familie zu Schmach und Schande verdammt, um sicherzustellen, daß ich ihm Gold schicke. Weshalb sollte er mich also überwachen? Ich bin schließlich ein Mann von Ehre!«
    »Ein unehrenhafter Mann erwartet, daß alle so sind wie er.«
    Ying nickte. »Ich fürchte, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber höre, Kapitän. Ich kann nicht lange hierbleiben. Cheongs Spione kamen mir gerade recht, und ich habe sie mit sehr viel Gold nach China zurückgeschickt. Als ich meine Heimat verlassen habe, war ich ein Unwissender. Man hatte mich beauftragt, mit Kisten voller Gold zurückzukehren. Doch inzwischen kenne ich den wahren Wert des Goldes und bin der Meinung, daß ich Herrn Cheong ausreichend bezahlt habe.«
    »Deine Männer hatten also Erfolg?«
    »Ja, großen Erfolg. Meine Kenntnis von der Metallurgie und Geologie hat mich in die Lage versetzt, die richtige Schürfstelle auszuwählen.«
    »Und mit fünfzig Kulis war das Weitere dann ein Kinderspiel. Ich wünschte, so viele Leute stünden mir auch zur Verfügung.«
    »Das werden sie auch«, sagte Ying bedeutungsvoll. »Meine einzige Sorge hat immer nur meiner Frau und meiner Mutter gegolten. Jetzt hat mir ein Freund Neuigkeiten überbracht, die Herr Cheong aus gutem Grund vor mir verborgen gehalten hatte. Meine Mutter konnte die Schande nicht ertragen und hat sich das Leben genommen. Meine Frau hingegen, die mir die Schuld an ihrem Schicksal gibt, hat das Konkubinat gewählt. So bleiben nur noch meine Brüder. Ich habe sie durch einen Boten angewiesen, Herrn Cheongs Hof so schnell wie möglich zu verlassen.«
    »Sehr vernünftig.«
    »Mit der letzten Goldlieferung habe ich Herrn Cheong erklärt, daß ich meine Verpflichtungen als beglichen betrachte. Das vorhandene Gold wird seine Gier befriedigen. Sicher hat er mich bald vergessen.«
    »Das hoffe ich für dich.«
    »Deshalb kann ich im Augenblick auch noch nicht nach China zurückkehren.«
    »Aber wohin willst du gehen?«
    »Ha! Jetzt kommen wir zum Kern der Sache. Durch meine Freunde, zu denen auch Weiße gehören, habe ich so einiges aufgeschnappt. Ich möchte mit dir in Verbindung bleiben, und wenn du diesem Ort eines Tages den Rükken kehrst, findest du mich in meinem Haus in Charters Towers.«
    »Also hast du doch nicht das gesamte Gold nach China geschickt!«
    Ying grinste verschmitzt. Sein Schnurrbart war inzwischen so lang, daß er ihm in einer langen, mit Bienenwachs verstärkten Strähne in beiden Mundfalten bis über das Kinn herabhing. Außerdem hatte Ying sich die Stirn am Haaransatz nach Sitte der chinesischen Oberklasse mehr als sechs Zentimeter ausrasiert. »Stimmt das nicht?« hakte Lew nach.
    »Ich bin jetzt ein Herr«, sagte Ying stolz. »Cheong hat für die Zerstörung meiner Familie bezahlen müssen.«
    Lew unterdrückte ein Lächeln. »Ich hoffe, du hast eine ehrbare Lösung gefunden.«
    »Ja, das habe ich. Gemessen an den Maßstäben meiner Familie bin ich jetzt schon reich, aber ich

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