Sonnenfeuer
dagewesen. Als Jungen waren Darcy und ich hier oft schwimmen.«
Perfy schwieg und beobachtete die Fische, die durch das tiefe klare Wasser huschten.
»Entschuldigen Sie, ich hätte besser nicht von Darcy gesprochen«, sagte Ben.
»Nein, das macht nichts«, antwortete sie. »Und hier schon gar nicht. Es ist so schön hier … das Rauschen des Wasserfalls, die singenden Vögel, die zirpenden Zikaden …«
»Es freut mich, daß es Ihnen hier gefällt. Sie sind viel zu hübsch, um zu trauern. Es tut mir leid, daß ich in Brisbane nicht dazu gekommen bin, mit Ihnen zu reden, Perfy, ich bedauere das wirklich, aber ich habe nur noch die Politik im Kopf gehabt, die Aussicht, einen Sitz im Parlament zu bekommen. Wissen Sie, ich war ganz aufgeregt, es kam so überraschend.«
»Ja, das verstehe ich«, sagte Perfy. Sie hatte seine Bemerkung, daß sie hübsch sei, nicht überhört. Er war wirklich reizend. Aber warum auch nicht, schließlich war er Darcys Bruder. »Wann kommen Sie denn ins Parlament?« fragte sie ihn.
»Dieser Traum ist ausgeträumt«, erwiderte er bekümmert. »Ursprünglich war es so gedacht, daß Darcy die Farm leitet, damit ich in die Politik gehen kann. Aber jetzt kann ich Caravale nicht verlassen.«
»Das tut mir leid«, sagte Perfy.
»Halb so schlimm. Es war nur ein Traum, der nicht Wirklichkeit werden konnte. Und inzwischen habe ich erkannt, wie sehr ich dieses Land liebe. Ich glaube, so weit weg von Caravale wäre ich nicht glücklich geworden.«
Ja, dachte Perfy, auch Darcy war ein Traum, der nicht Wirklichkeit werden konnte.
Ben schien ihre Gedanken erraten zu haben. »Manches bleibt einfach nur ein Traum. Aber ich glaube, Darcy wollte, daß Sie nach Caravale kommen, so oder so. Caravale ist die Wirklichkeit. Wir sind die Wirklichkeit.« Ehe Perfy über diese letzten Worte nachsinnen konnte, half Ben ihr aufstehen. »Mademoiselle, das Mahl ist angerichtet«, sagte er lächelnd.
Im Schatten einer großen Weide hatte Ben das Essen vorbereitet und mit einem Baumwolltuch abgedeckt. »Das ist die beste Stelle«, erklärte er. »Aber geben Sie auf die großen Ameisen acht, die beißen.«
Es war ein vergnügter Nachmittag. Sie griffen beide herzhaft zu, und Ben holte bald die zweite Flasche Wein, die er zum Kühlen in eine kleine Bucht gestellt hatte. Fröhlich und ein wenig beschwipst plauschten sie über Brisbane und Caravale. Perfy fühlte sich in Bens Gesellschaft außerordentlich wohl.
»Was mit Ihrem Vater passiert ist, tut mir aufrichtig leid«, sagte er schließlich. »Das wollte ich Ihnen schon lange sagen. Aber Sie müssen wissen, daß ich alles getan habe, was in meiner Macht stand.«
»Ich weiß«, antwortete Perfy, denn er sah sehr zerknirscht aus. »Nicht Sie, ich sollte mich entschuldigen. Ich war nicht mehr ganz bei Sinnen. Diamond hat mir dann alles erklärt, nachdem ich mich etwas beruhigt hatte.«
»Ich verstehe«, sagte er leise, wirkte jedoch immer noch niedergeschlagen. Dann wechselte er plötzlich das Thema: »Offen gestanden, mir graut vor dem Tag, an dem Sie abreisen.«
»Tatsächlich?« Bens Nähe und der Wein machten sie auf angenehme Weise schwindelig.
Er nickte. »Wenn Sie weggehen, sind nur noch ich und Ma da. Sie mag es nicht, wenn ich sie Ma nenne. Sie wissen ja gar nicht, wie herrlich es ist, wenn ich abends nach Hause komme und Sie auf mich warten. Sie sind so aufgeweckt, so hübsch und immer fröhlich. Wenn ich über Nacht draußen auf den Weiden bleiben mußte, haben Sie mir sehr gefehlt. Und Sie werden mir fehlen, wenn Sie von hier fortgehen.«
»Es ist nett, daß Sie das sagen«, murmelte sie. Sie fühlte sich geschmeichelt und war angetan von seiner Offenheit. Er hatte ein so angenehmes Wesen, war nicht streitsüchtig, und auch nicht so fordernd wie Lew. Sie erkannte, daß Ben vieles mit ihr gemeinsam hatte.
Wo steckte eigentlich Lew? Mutter hatte geschrieben, daß seine Dschunke zerstört worden war und er die Stadt verlassen hatte, aber er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie davon in Kenntnis zu setzen.
»Lassen Sie uns den Wein austrinken, dann können wir uns allmählich auf den Rückweg machen«, meinte Ben. Er spannte das Pferd vor die Kutsche, und sie half ihm, den Picknickkorb einzupacken. Während sie unter dem Baum gesessen hatten, war Perfys Hut die Uferböschung hinuntergerollt. Ben holte ihn und band ihn ihr unter dem Kinn fest. »Sie sehen heute so hübsch aus«, sagte er, »ganz wie früher.«
»Danke. Ich habe schon befürchtet,
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