Sonnenfeuer
Diamond, aber du weißt ja, was das für Leute sind. Und hier geht es dir doch auch ganz gut, nicht wahr?«
Diamond horchte auf. Perfy wollte also gar nicht, daß sie abreiste. »Ja«, antwortete sie, »mir geht es gut.« Sie hatte am Morgen vier Männer mit Reisebündeln am Sattel wegreiten sehen; das hätten wohl ihre Begleiter sein sollen, aber Diamond hatte sie nicht beachtet.
Ben würde schon wieder zur Besinnung kommen, sagte sie sich. Es konnte nicht schaden, wenn er ein paar Tage fort war. Er würde sie vermissen, und wenn er zurückkam, hatte er vielleicht seine Meinung geändert und würde sie zumindest nicht fortschicken, solange Perfy noch da war. Doch dann, das wußte sie, mußte auch sie Caravale verlassen. Es blieb ihr nur die schwache Hoffnung, daß sie Ben in den nächsten Tagen fehlen würde. Dann würde er sie hierbehalten wollen.
Sie blieben vier Tage aus, nicht drei. Diamond ging jeden Tag bei den Wasserfällen schwimmen und lieh sich Bücher von Mae aus, die während Mrs. Buchanans Abwesenheit viel umgänglicher war. Gelegentlich pflückte sie Mangos, die Mae einlegte oder zu Marmelade verarbeitete.
»Es war wunderbar!« rief Perfy nach ihrer Rückkehr begeistert. »Ich habe mich selten so vergnügt. Die Leute waren alle so fröhlich. Ständig haben sie sich gegenseitig aufgezogen, und es gab dauernd was zu lachen. Wir haben jeden Abend getanzt! Einmal sind wir die ganze Nacht aufgeblieben, und dann haben wir alle noch in Abendkleidern draußen auf dem Rasen im Garten zusammen gefrühstückt.«
»Schön, daß es Ihnen gefallen hat«, sagte Diamond, und sie meinte es auch so. Perfy hatte genug gelitten, sie sollte sich endlich wieder etwas Spaß gönnen. »Die Abwechslung hat Ihnen gutgetan«, stellte Diamond fest. »Sie sehen prächtig aus.«
»Kein Wunder«, flüsterte Perfy. »Denn das Beste habe ich dir noch gar nicht erzählt. Ben und ich sind verlobt. Am Samstagabend haben wir unsere Verlobung bekanntgegeben. Deshalb sind wir auch noch eine Nacht geblieben, weil es uns zu Ehren ein großes Festessen gab …«
Diamond hörte nicht mehr zu. Was Perfy aufgeregt von den Leuten und den Festlichkeiten erzählte, klang in ihren Ohren nur wie ein Rauschen, das von Minute zu Minute lauter wurde, bis sie es nicht mehr aushielt. Sie packte einige Kleider, die gewaschen werden mußten, und stürzte hinaus.
Ben hielt es offenbar nicht für nötig, mit Diamond zu sprechen. Die anderen schwarzen Frauen bedachten sie mit mitleidigen Blicken, wenn sie sie vorübergehen sahen. Aber die nächsten drei Tage fühlte sich Diamond so elend, daß sie kaum ihr Zimmer verließ. Jeden Nachmittag setzte wie auf Befehl ein Unwetter ein, das mit Blitz und Donner über das Land hinwegfegte, doch der Regen blieb aus. Es lag eine unerträgliche Spannung in der Luft, die an Diamonds Nerven zerrte.
Mae brachte ihr zur Stärkung ein Getränk aus Gerstenauszügen, denn sie dachte, Diamond sei krank. »Dieses verdammte Wetter ist schuld«, meinte sie. »Wir sind im Moment alle nicht so ganz auf der Höhe. Die Männer arbeiten gerade unter großem Zeitdruck, um die Kälber mit Brandzeichen zu versehen und die marktfähigen Rinder auszusuchen. Wir haben auch schon weitere Vorräte bestellt, falls der große Regen doch noch mal kommen sollte.«
Eines Nachmittags besuchte Jannali sie. Schüchtern stand sie in der Tür. »Heute nacht großes Fest«, sagte sie. »Viel Essen und Tanzen. Du wollen kommen?«
»Danke, Jannali, aber ich glaube nicht.«
Die Frau spähte ins dunkle Zimmer. »Du haben geweint sehr, sehr lange. Nicht gut. Du besser gehen fort, Kagari. Besser für dich!«
»Ja«, erwiderte Diamond teilnahmslos.
»Warten nicht gut«, beharrte Jannali. »Weiße nie heiraten schwarze Mädchen.«
Diamond blickte zu ihr hoch. »Aber sie schlafen mit ihnen.«
Jannali klopfte ungeduldig an den Türpfosten, als wollte sie Diamond aus ihren trüben Gedanken reißen. »Nichts Liebe. Immer nehmen schwarze Mädchen. Weinen keinen Sinn.«
Mit der Abenddämmerung begann das große Fest der Schwarzen. Diamond hörte aus der Ferne die Melodien der Didgeridoos, der einfachen Blasinstrumente der Aborigines. Doch sie konnte sich nicht überwinden, hinzugehen und zuzusehen. Sie fühlte sich gedemütigt und zutiefst verletzt. Tränen traten ihr in die Augen, bis sie die Einsamkeit und Erniedrigung nicht länger ertrug.
Sie wusch sich, zog ihre beste Bluse, einen Rock und Strümpfe und Schuhe an und wand sich einen mit
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