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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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Nachbargemeinde Viso ko zu schicken. Der von einer kleinen Eskorte begleitete Konvoi hatte sich eines frühen Morgens über einen wenig benutzten Waldpfad auf den Weg gemacht und war noch gleichentags wieder zurückgekehrt, nach dem die Flücht lin ge mit Maschinengewehren beschossen und zum Umkehren gezwungen wor den waren.
    Begić war ein Pazifist und hatte nie Militärdienst geleistet. Obwohl er die Not wendig keit dafür einsah, stimmte es ihn doch traurig, dass nun plötzlich alle im Dorf Waffen mit sich herum schleppten. Viele der Milizionäre waren Begićs Schüler gewesen und kamen ihm immer noch wie Kinder vor, die Soldat spielten: b reit beinig, forsch und trotzdem unsicher.
    Er seufzte erneut. Wa rum nur wollten die Serben sein kleine s Dorf? Aber d ass sie es wollten, war klar. Erst vor einigen Tagen hatte Belgrad TV Ahatovići als Hochburg der Z elene Beretke , der ‹ Grünen Barette › , bezeichnet, obwohl alle im Dorf wussten, dass dies frei erfunden war. Musa Marić, der Anführer der Miliz, war der Ansicht, dass die Serben eine Rechtfertigung für einen bevorstehenden An griff suchten. Dann waren vorgestern plötzlich rund um das Dorf Panzer und Schützen panzer aufgefahren und hatten zusammen mit allerlei Artillerie geschützen in den Hügeln um Ahatovići Stellung bezogen. Nach dem das letzte Ulti ma tum verstrichen war, hatte n die Serben einen ersten Angriff unternommen , waren aber von der verzweifelt für ihre Familien kämpfen den Miliz zurückgeschlagen worden.
    Seither war es ruhig gewesen. Begić hoffte immer noch, dass die Serben sie nun in Ruhe lassen würden. Wieso sollten sie weitere Verluste in Kauf nehmen für so ein unbedeutendes Fleckchen Erde wie Ahatovići?
     
    Die Seifenblase aus Begićs letzten Illusionen platzte mit einem einzigen gewaltigen Knall. Es war zwanzig vor acht, als die erste Granate etwa zweihundert Meter von seinem Haus entfernt explodierte, unweit der Schule. Er sah einen gelbroten Blitz, gefolgt von einer schwarzen Rauchsäule und einer meterhohen Fontäne aus Dreck und Steinen, und eine halbe Sekunde später hörte er einen ohrenbetäubenden Knall. D ie Erde beb t e. Zuerst dachte er, ein Gastank oder so sei explodiert, aber als keine zwei Minuten später ein zweites Geschoss noch näher an seiner Schule einschlug, da wusste er, dass das dumpfe Grollen aus Sarajevo nach Ahatovići gekommen war.
    Statt in Deckung zu gehen, schaute er zunächst in morbider Faszina tion zu, wie zwei weitere Granate näher und näher am Schulhaus nieder gingen, bis die fünfte und sechste das kleine Gebäude schliesslich in eine von schwarzem Staub und beissendem Rauch erfüllte Ruine verwandelten.
    Die Zeit schien stillzustehen. Wie durch ein Wunder überlebte Nedim, der Hausmeister, der wohl wie immer um diese Zeit gerade seinen Kaffee getrunken hatte. Begić sah ihn ganz deutlich, wie er aus dem Gebäude wankte. Sogar aus dieser Distanz war sofort klar, dass er unter Schock stehen musste und wahrscheinlich schwer verletzt war und Hilfe benötigte. Nach einigen Schrecksekunden begann Begić trotz seiner panischen Angst auf ihn zuzurennen. Dabei fuchtelte er wild mit den Armen herum und schrie lauthals um Hilfe. Er war noch nicht bei der Hälfte der Strecke, als eine weitere Granate direkt neben dem alten Hausmeister einschlug und diesen in nichts als eine dünne Wolke feinen roten Nebels verwandelte.
    Die Druckwelle warf Begić um. Stossweise atmend blieb er liegen, als fussballgrosse Dreckklumpen und faustgrosse Steine auf ihn hernieder prasselten. Wie durch ein Wunder blieb er unverletzt. Er schloss die Augen und krümmte sich in Embryostellung zusammen. Kurz darauf begannen im ganzen Dorf Granaten einzuschlagen. Eine besonders nahe Explosion liess seinen ganzen Körper für einen Moment lang vom Boden ab heben . Er konnte nicht mehr klar denken und s eine Gliedmassen schienen ihm nicht mehr zu gehorch en . Er wollte weglau fen, aber er war wie erstarrt, und so kniff er stattdessen die Augen noch fester zusammen, hielt sich die Ohren zu und schrie wie am Spiess, während überall um ihn herum seine Welt unterging.
     
    Irgendwann packte ihn jemand unter den Schultern und riss ihn grob auf die Beine. Er schrie immer noch ohrenbetäubend und hörte erst auf, als der junge Mann ihm eine kräftige Ohrfeige verpasste. Benommen schaute er auf. Das Gesicht kam ihm bekannt vor. Dessen Besitzer packte ihn am Kragen und rannte los Richtung Dorfzentrum. Begić liess sich zunächst a

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