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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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der Wagenmitte angeschlagenen Strecken plan offenbarte, dass diese mittlere Haltestelle an der Sihlstrasse lag. Ich zählte davon ausgehend auf jeder Seite ein Viertel zurück und legte dann fest, dass die für mich relevante Strecke von der Haltestelle Locher gut bis zum Bellevue reichte. Wer vor dem Paradeplatz ausstieg oder erst danach zustieg, schied aus. Auf diese Weise versuchte ich die Anzahl der in Frage kommenden Leute auf ein vernünftiges Mass zu reduzieren. Es war natürlich auch möglich, dass dann gar niemand mehr übrig blieb. In diesem Fall musste ich mein System halt ändern und die massgebliche Strecke verkürzen. Oder mir etwas anderes einfallen lassen. Wenn gar nichts mehr half, würde ich Mujos Foto im Tram herumzeigen und offen fragen, ob jemand etwas gesehen hatte. Aufgrund der Umstände wollte ich aber zuerst den unauffälligen Ansatz probieren. Ich gab mir dafür drei Tage.
    Am Morgen des ersten Tags identifizierte ich zwei mögliche Kandi daten. Ich trug ihre wichtigsten Merkmale in meinen Notizblock ein und wies ich ihnen zur einfacheren Unterscheidung einen Spitznamen zu, da ich ihre richtigen Namen logischerweise nicht kannte. Der eine war etwa fünfzig, gross und fleischig, mit einer immensen Hakennase und einer Vollglatze. Eindeutig ‹Kojak›. Der andere war um die siebzig, hatte volles weisses Haar und sah aus wie Leslie Nielsens Zwilling. Ich schrieb ‹Leslie› neben seine Beschreibung.
    Da ich den Rest des Morgens nichts vorhatte, fuhr ich an schliessend zum SZA, um Gewichte zu stemmen und ein wenig den Sandsack zu mal trä tieren. Das Schiesszentrum war noch geschlossen, also liess ich mich mit dem Schlüssel, den mir Ivica gegeben hatte, selbst in den Gewichtsraum hinein. Nach zehnminütigem Aufwärmen arbeitete ich eine Stunde lang methodisch alle Muskelgruppen von oben nach unten durch. Danach trainierte ich weitere dreissig Minuten verschiedene Schlag- und Trittkombinationen am Sandsack. Zum Abschluss schwitz te ich nochmals dreissig Minuten auf dem Laufband. Dazu führte ich mir Punk’d auf MTV zu Gemüte. Nachher wünschte ich allerdings, ich hätte das nicht getan.
    Am Nachmittag wiederholte ich die vormittägliche Prozedur . Massgeblich war das Tram um ein Uhr zwölf, welches Mujo gemäss der Eisprinzessin jeweils genommen hatte. Natürlich hatte ich sie nicht direkt, sondern wie immer via Imam Kulenović gefragt.
    Diesmal war die Traube Wartender bedeutend grösser. Ich nahm mir eine herumliegende Gratiszeitung und studierte unauffällig die Menge. Niemand kam mir bekannt vor. Eine etwa vierzigjährige Brünette in einem dieser modischen anthrazitfarbenen Hosenanzüge, die Banksekre tärinnen zu bevorzugen scheinen, erwischte mich dabei, wie ich sie prüfend ansah, und lächelte mir aufmunternd zu.
    Bis zum Ende der Fahrt hatte ich drei weitere Personen identifiziert, die möglicherweise in Frage kamen. Ich gab ihnen die Spitznamen ‹Bruce›, ‹Drew› und ‹Angela›, wegen ihrer jeweiligen Ähnlichkeit mit Bruce Willis, Drew Barrymore und Angela Merkel. ‹Bruce› sass schweigsam in der Ecke und starrte grimmig wie sein Namensvetter vor sich hin. ‹Drew› war ihrer Namensspenderin so ähnlich, dass ich unabhängig vom Fall hoffte, sie würde auch morgen wieder im gleichen Tram sitzen. Und ‹Angela› war der deutschen Bundeskanzlerin nur in Frisur und Kleidungsstil ähnlich. Ansonsten war sie mindestens zehn Jahre älter, hatte ein ganz anderes Gesicht und einen dieser kleinen Hunde dabei, der besser zu Paris Hilton gepasst hätte. Aber mir fiel kein besserer Name ein, und schliesslich war es mein System.
    Der Morgen des zweiten Tages war ein völliger Reinfall. Von ‹Les lie› und ‹Kojak› keine Spur. Mist! Dafür entdeckte ich bei meiner Nach mit tagstour zu meiner Freude ‹Angela› samt Taschenhündchen. Bedauer licherweise nicht ‹Drew›, die pralle Blondine, aber immerhin. Eine Station weiter stieg dann auch noch ‹Bruce› ein. Ich fühlte mich ein wenig wie ein Lottogewinner. Man muss sich ja auch an kleinen Dingen freuen.
    Etwas später fiel mir dann noch ein älterer kleiner Mann mit randloser Brille und einem dieser Melone genannten altertümlichen schwarzen Filzhütte auf dem Kopf auf. Obwohl es nicht regnete, hatte er einen Regenschirm dabei. Ich setzte ihn provisorisch ebenfalls auf meine Liste. Sein Outfit bestimmte unweigerlich seinen Spitznamen: ‹Pan Tau›.
    ‹Bruce› und ‹Angela›, beide an zwei aufeinanderfolgenden Tagen

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