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Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Titel: Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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hatte für Schatten etwas überraschend Vertrautes. Er bemerkte, dass das Fell dieser Ratte erstaunlich glänzte und viel dichter und samtener wirkte als das jeder anderen Ratte, die er bisher gesehen hatte. Dann sah er, wie Flügel ausgebreitet wurden, kurz raschelten und wieder zusammengefaltet wurden.
    Schatten stand vor Staunen der Mund offen. Wie konnte das sein? Eine Fledermaus in Begleitung einer Ratte? Vielleicht hatte er sich geirrt. Er schaute genauer hin, bombardierte das Geschöpf mit Klang, und als er die Augen sah, wusste er Bescheid. Sofort stürzte er sich hinab, hinter sich hörte er noch Calibans Warnruf, der ihn aufforderte zurückzukommen, aber er klang schon eine Million Flügelschläge weit weg.
    „Marina?“, rief Schatten. „Marina!“
    Sie bildeten ein Knäuel von Flügeln, als sie übereinander herfielen, ihre Gesichter an Hals und Wange des anderen drückten und ekstatisch schnüffelten. Er bog den Kopf zurück und sah sie an, nur um sich zu vergewissern, dass sie es wirklich war. Sie war es mit Sicherheit.
    „Du bist meinetwegen gekommen!“, rief er voller Überraschung.
    „Natürlich bin ich das“, sagte Marina lachend und mit glänzenden Augen. „Wir beide sind das.“ Sie deutete mit einem Nicken zur Seite.
    Wir? Schatten drehte sich um. Neben ihm wartete seine Mutter. Sie nahm sein Gesicht vorsichtig in ihre gefalteten Flügel. Mit gefurchter Stirn betrachtete sie ihn angestrengt, als müsste sie jeden seiner Züge festhalten. Dann erblickte sie die hässliche Narbe an seinem Bauch und Tränen quollen ihr aus den Augen. Sie sah so müde aus, er wurde von einer Welle des Bedauerns und der Dankbarkeit überschwemmt.
    „Danke“, sagte er heiser. „Wie habt ihr mich gefunden, woher wusstet ihr, wo ...?“ Er blickte von seiner Mutter zu Marina, plötzlich fehlten ihm alle Worte. Zum ersten Mal in so vielen Nächten wurde er von einem unerwarteten Gefühl der Geborgenheit durchdrungen und er spürte, wie sich all die Anspannungen in seinem Inneren lösten. Er konnte nicht verhindern, dass er zitterte.
    Er fühlte, wie Marina ihre Flügel um ihn legte zusammen mit seiner Mutter, und er gab sich, nur für einen Augenblick, dem Gefühl hin, dass nun alles gut werden würde.
    Er ließ sie zuerst ihre Geschichte erzählen und Marina begann einen eiligen Bericht darüber, wie sie aus dem Gebäude der Menschen entkommen waren und sich Achilles Grauflügel angeschlossen hatten, dann über ihre Reise nach Brückenstadt und ihr Treffen mit König Romulus. Als er von Friedas nachlassender Gesundheit hörte, spürte er keinen plötzlichen Schock der Trauer. Es schien nur eine weitere Sorgenlast zusätzlich zu allem anderen. „Wird sie am Leben bleiben?“, hörte er sich fragen.
    Ariel schüttelte den Kopf, als wollte sie sagen, ich weiß nicht.
    „Aber wir können jetzt aufbrechen. Das Boot wartet“, sagte Marina zu Schatten.
    Dieser konnte für einen Augenblick nicht sprechen, so stark war sein Wunsch, einfach zu nicken und mit ihnen fortzueilen. Er atmete aus und wandte sich etwas ab. Wo sollte er anfangen?
    „Es gibt noch andere hier“, sagte er.
    „Sicher“, sagte Marina ungeduldig. „Sie kommen auch mit.“ Sie blickte zu Caliban hinüber, der sich inzwischen misstrauisch auf dem Boden niedergelassen hatte, in einer vorsichtigen Entfernung von Herold und den zwei Soldaten, die sie begleitet hatten.
    „Wie viele andere haben überlebt?“, fragte Ariel die Bulldoggenfledermaus.
    „Sechsundzwanzig“, sagte er, ohne die Augen von den Nagetieren zu lassen.
    „Nur sechsundzwanzig?“, murmelte Ariel sorgenvoll. „Aber sie haben hunderte mitgenommen ...“
    „Die meisten sind bei den Explosionen getötet worden“, sagte Caliban einfach.
    „Caliban hat mich im Dschungel gefunden“, erklärte Schatten. „Er hat mich hierher gebracht, in die Zuflucht, in diese Statue. Mich und Chinook“, fügte er traurig hinzu.
    „Chinook auch?“, sagte Schattens Mutter und er sah in ihrem Gesicht ehrliche Überraschung und Freude, dass noch ein anderer Silberflügel unter den Überlebenden war, dessen Geburt und Aufwachsen als Junges sie gesehen hatte.
    „Er ist nicht mehr hier“, sagte Schatten mit Mühe. „Es war meine Schuld. Die Dschungelfledermäuse haben ihn gestern Nacht geschnappt, während wir auf der Jagd waren.“ Er warf einen schnellen, schuldbewussten Blick auf Marina, um ihre Reaktion zu sehen. War sie wirklich seinetwegen gekommen oder hatte sie in Wirklichkeit am

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