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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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eine Drachenschwinge – das andere Pferd eine halbe Länge hinter ihm.
    Sioned öffnete die Finger und rieb sie an ihren Schenkeln. Die Beschwörung war gleichzeitig leichter und schwieriger gewesen, als sie befürchtet hatte. Urival hatte sie gut unterrichtet, aber das entsetzliche Feuerbild eines Drachen festzuhalten, und sei es auch nur für diese wenigen, wesentlichen Sekunden – und noch dazu nur für die Augen eines einzigen Mannes –, hatte ihr all ihre Energie geraubt. Sie empfand nur Freude, als der Feind vom Pferd stürzte – doch einen Augenblick später schrie sie mit dem Rest der Menge auf, als der Hengst zusammenbrach.
    »O nein, das wollte ich doch nicht …«, hauchte sie, entsetzt über das, was sie getan hatte. »O nein, bitte!« Aber wenn sich der Hengst auch wieder hochrappelte, der Reiter, der halb über die Bahn geschleudert worden war, rührte sich nicht.
    Sie hörte Tobin aufschreien und zwang sich, zu den anderen zurückzukehren. Die drei Prinzessinnen eilten die Stufen hinab. Sioned wartete, bis sie wieder ruhig atmen konnte. Dann folgte sie ihnen, wobei sie sorgfältig auf Abstand achtete.
    Als sie sie schließlich einholte, warteten sie am Sattelplatz auf Rohan. Er ritt langsam heran, stieg ab und ignorierte alle, während er den schaumbedeckten Hengst herumführte, sanft auf ihn einsprach und ihm liebevoll Nacken und Flanken abrieb. Ein Knecht eilte herbei und warf seine Arme zuerst um seinen Prinzen, dann um das Pferd, ehe er Letzteres für die dringend benötigte Rast davonführte. Rohan schwankte ein wenig auf den Füßen, zuckte zusammen und nahm dankbar einen großen Kelch Wein entgegen.
    Sorge lag im Widerstreit mit Stolz, als Sioned das zerfetzte Hemd und die blutigen Kratzer auf seinem Rücken, im Gesicht und an den Armen sah, weit schlimmer, als sie gedacht hatte. Sie wollte zu ihm eilen, ihn wegen seiner Dummheit schelten, und ihn dann so fest umarmen, dass es ihm den Atem verschlug, ehe sie ihre verbale Schelterei erneut aufnahm. Doch all das war ihr verboten, und so sah sie neidisch zu, wie seine Schwester all diese Dinge tat.
    »Deine Kleider sind nur noch Fetzen, du bist so zerkratzt, dass man dein rohes Fleisch sieht, und ich bin sicher, dass du hinkst, du Idiot«, schimpfte Tobin in scharfem Ton. »Zieh diese Lumpen aus, und geh dich waschen, augenblicklich. Ich weiß nicht, wie viele von diesen Rissen sich entzünden werden, wenn du das nicht sofort tust.«
    »Ja, Tobin«, antwortete er mit spöttischer Unterwerfung. »Aber umarme mich bitte nicht wieder!« Erst jetzt schien er die anderen Frauen zu bemerken. »Seht nicht so entsetzt aus«, sagte er leicht lächelnd. »Es war nur ein Rennen.«
    Ianthes zarter Finger zupfte an seinem Ärmel. »Du bist ein sehr großes Risiko eingegangen, Vetter«, sagte sie. »Das Pferd hinter dir hatte nicht so viel Glück.«
    Rohans Miene erstarrte, und Sioned wandte sich ab.
    »Auf dem Weg hierher haben wir gehört, der Reiter hätte sich den Hals gebrochen«, berichtete Pandsala. »Das Pferd wird überleben, aber nie wieder ein Rennen laufen. Was tatsächlich geschehen ist – niemand scheint es zu wissen oder jemals etwas dergleichen gesehen zu haben. Sie untersuchen den Fall jetzt.«
    Sioned sah alles um sich herum an, nur nicht Rohan. Sie hatte seinetwegen einen Mann getötet. Schlimmer noch, sie hatte es getan, indem sie ihre Faradhi -Gaben einsetzte – etwas, das absolut verboten war, das Schlimmste, was ein Lichtläufer tun konnte. Sie konnte sich schon hören, wie sie Andrade gestand, dass sie niemandes Tod verursachen wollte, dass sie … doch als sie dann wieder zu Rohan hinübersah, erkannte sie die bittere Wahrheit: Er war ihr Preis.
    »Es war ein Merida«, erzählte der Prinz.
    »Was?« Tobins Wangen wurden weiß.
    »Er versuchte mich während des Rennens aus dem Sattel zu stoßen. Ach, hör auf, Tobin, es geht mir gut«, fügte er wütend hinzu und schüttelte ihre Sorge ab. »Ein Jammer, dass er tot ist. Ich wollte mit ihm reden.«
    Sioned sah, dass Bruder und Schwester einen warnenden Blick wechselten, und beeilte sich, schnellstmöglich die nötige Ablenkung von diesem Thema zu schaffen. So scharf sie konnte, erklärte sie: »Ein Risiko, das Eure Hoheit sehr teuer hätte zu stehen kommen können.«
    »Kein Wort der Gratulation zu meinem Sieg, Lady Sioned?«
    Sie hätte ihn erwürgen können für den Ausdruck seiner Augen. Tobin kam ihr zu Hilfe, indem sie sagte: »Geh zum Fluss, und tauche unter. Ich schwöre, ich

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