Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
Gegenwart. Es war schrecklich, so dick und hässlich und kränklich zu sein. Ihr Sohn würde viel gutzumachen haben, wenn er erst einmal geboren war.
    »Sioned macht mir Sorgen«, sagte Pandsala und kam schon wieder auf ihr früheres Thema zurück. »Sie sieht nicht übermäßig gut aus, ist auch nicht besonders intelligent, aber sie hat etwas …«
    »Das sagtest du bereits«, erwiderte Palila ungeduldig. »Ich sage dir, Sala, mach dir ihretwegen keine Gedanken. Nachdem Ianthe sich durch ihre eigene Dummheit ruiniert hat, brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Ich sehe dich bei den Feierlichkeiten des Letzten Tages bereits an Prinz Rohans Seite stehen. Als seine Braut.«
    Das Bild entzückte die Prinzessin, und sie lachte auf. »Habe ich dir schon erzählt, was er gestern über meine Augen sagte? Mein Brautschmuck wird aus Diamanten sein!«
    »Entzückend«, erklärte Palila und bemühte sich, begeistert zu klingen. »Aber jetzt, wo deine neue Stellung gesichert ist, sollten wir ein paar Pläne schmieden. Ich werde dafür sorgen, dass dein Vater dir Feruche als Hochzeitsgeschenk überlässt, und über den Pass dort werden wir in der Lage sein, den größten Teil des Handels zu kontrollieren – zu beiderseitigem Gewinn, wie wir es geplant haben. Unsere Söhne werden sehr reiche Herren sein.«
    »Sehr reiche Prinzen«, verbesserte Pandsala sie mit seidenweicher Stimme. »Und die engsten Freunde.«
    Palila lächelte ihr süßestes Lächeln. »Natürlich, meine Liebe! So, jetzt sollten wir uns aber wirklich überlegen, was du bei den Feierlichkeiten des Letzten Tages tragen wirst.«
    Den Rest des Vormittags verbrachten die beiden seltsamen und gefährlichen Verbündeten damit, Pandsalas Hochzeitskleid zu besprechen.
    Sioned hatte weniger Glück, was ihre Lage betraf. Anstatt in einer gemütlichen, trockenen Kabine an Bord von Roelstras Barke – was sie als Lichtläuferin allerdings kaum geschätzt hätte – befand sie sich in einem undichten Zelt. Kaum hatten Camigwen und Hildreth und sie ein Loch gestopft, da fing es schon an einer anderen Stelle zu tropfen an. Die Betten waren feucht, und der nasse Wollteppich stank schrecklich. Aber sie konnten nirgendwohin fliehen, und als Cami ein Schachspiel vorschlug, um sich von ihrem Unglück abzulenken, willigte Sioned freudig ein.
    Aber sie war mit den Gedanken nicht beim Spiel. Sie konnte nicht aufhören, daran zu denken, was sie am Vorabend gesehen hatte. Hatte Rohan Ianthe willkommen geheißen? Hatte das Feuer sie vielleicht erst aufgeschreckt, nachdem sie bereits Liebkosungen ausgetauscht hatten? Sioneds Reaktion auf Roelstras Avancen hatte ihr schmerzlich bewusst gemacht, wie groß die Faszination seiner tödlichen Brut möglicherweise war. Hatte Rohan dasselbe empfunden?
    In weniger als fünfzehn Zügen verlor sie an Cami. Sie erhob sich, griff sich einen Umhang und zog die Kapuze über ihr Haar. »Ich mache einen Spaziergang.«
    »Du wirst dich erkälten«, warnte Hildreth sie.
    »Das ist ein Umhang, den Tobin mir geliehen hat – siehst du?« Sie breitete ihn aus, um das Pelzfutter zu zeigen. »Der wird warm genug sein.« Als Cami zu protestieren anfing, rief Sioned aus: »Ich muss hier raus!«
    Sie schlug die triefend nasse Zeltklappe auf und trat hinaus. Der Umhang war für die viel kleinere Tobin angefertigt worden und reichte ihr nur bis zu den Knien. Sie wusste, dass sie sicher absurd aussah, aber es war niemand da, der sie in dem leuchtendroten Umhang über ihrem einfachen Gewand hätte sehen können. Ein paar Wachen kauerten im schwachen Schutz von Zelteingängen; ein oder zwei Bedienstete eilten durch den Regen, um Aufträge auszuführen. Sioned verließ die Zeltstadt auf dem Weg zum Fluss und überquerte die Brücke zum Markt. Die Buden waren verschlossen und verlassen, die leuchtenden Stoffbahnen durchweicht, das Holz dunkel vom Regen. Die Händler hatten ihre Waren zum Zeltdorf auf der anderen Seite des Hügels mitgenommen, wo sie sicher und vor dem Sturm geschützt waren, und zweifellos hockten sie jetzt dort und verfluchten das Wetter, das sie um die Einnahmen eines ganzen Tages brachte. Der Platz vor ihr lag jetzt still und verlassen da wie ein Schlachtfeld. Nur Leichen und schwarzgeflügelte Vögel, die die Knochen sauber pickten, fehlten daran noch.
    Sioned zuckte zornig mit den Achseln, als ihre Gedanken so eine grimmige Wendung nahmen, dann ging sie weiter einen Hügel empor. Ein kleiner Hain bot ihr willkommenen, wenn auch unzulänglichen

Weitere Kostenlose Bücher