Sonnenlaeufer
Profil deutlich erkennen. Er reagierte so heftig, dass er sie aus dem Bett stieß, so dass sie nach Atem ringend auf dem Teppich landete.
»Ianthe«, flüsterte er im selben Augenblick, als die Wachen draußen riefen, dass es brannte.
»Versteck mich!«, flehte sie verzweifelt. »Wenn mich hier irgendjemand findet …«
»Raus! Es ist mir verdammt egal, was mit dir geschieht!« Er sprang auf und riss das Laken vom Bett, um seine eigene Nacktheit zu verbergen. Ihm war übel. »Ich werde sie ablenken, aber du musst schnell rennen. Los!«
»Rohan, bitte …«
Ihr Gesicht wurde von den Flammen außerhalb des seidenen Zeltes in bläuliches Licht getaucht. »Du willst hier drinnen mit mir gefunden werden!«
»Ja!«
Er riss sie an einem Ellbogen hoch und schüttelte sie. »Hast du geglaubt, du könntest mich zu einer Heirat zwingen, indem du mich durch einen Trick dazu bringst, dich zu entehren? Du Närrin! Verschwinde!«
»Du hast mich begehrt!«, schleuderte sie ihm entgegen.
»Schweig!« Er zerrte sie zum Eingang und schlug eine der Klappen auf. Die Wachen bemühten sich, das kleine Feuer auszutreten, das von der Schale aufs Gras übergesprungen war. »Wenn du noch hier bist, wenn ich zurückkomme, werde ich dafür sorgen, dass alle Welt erfährt, welche Hure du bist. Warte, bis ihre Aufmerksamkeit mir gilt, und dann lauf!«
Er trat hinaus und zog die Decke fest um seine Taille. Er kam sich wie ein kompletter Idiot vor. Er befahl den Wachen, zu rennen und Wassereimer zu holen; sie gehorchten. Er allein sah Ianthes Flucht. Andere Menschen kamen mit schläfrigen Gesichtern aus ihren Zelten, und Rohan schickte sie mit beruhigenden Worten zurück. Das Feuer war erloschen, und es bestand keine Gefahr mehr.
Als alles ruhig war, kehrte er zu der Schale zurück. Das grüne Gras hätte nicht brennen dürfen. Er untersuchte den Fleck, der jetzt mit Wasser durchtränkt war und erwartete, ihn verkohlt zu finden. Doch das war er nicht. Es hatte kein Feuer gegeben – jedenfalls keines von der üblichen Art.
Rohan blickte sich um, und in einem fernen Schatten glaubte er eine schlanke Gestalt in einem dunklen Gewand zu erkennen. Er wollte auf sie zugehen, doch einer der Wächter näherte sich ihm mit Entschuldigungen.
»Herr, ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte! Das Feuer ist direkt aus der Schale gesprungen!«
»Es ist ja nichts passiert.« Er kehrte in sein Zelt zurück, denn der Schatten war verschwunden. Gleich hinter dem Eingang blieb er stehen. Sein nackter Fuß war gegen ein paar kleine, harte Gegenstände auf dem Teppich gestoßen. Er bückte sich, hob sie auf und lächelte dann. Wann hatte sie sie hierhergebracht?, überlegte er. Während Ianthe davoneilte und er mit den anderen sprach? Das erschien ihm wahrscheinlich.
»So, dann hast du also heute Nacht persönlich auf mich achtgegeben«, wisperte er. »Hoffentlich kann ich dich immer ebenso wirksam verteidigen, Geliebte.«
Er hielt die Steine noch eine Weile in der Hand. Dann legte er sie in seine Schmucktruhe neben die Smaragde, die er an diesem Tag gewonnen hatte.
Kapitel 14
Trotz der fedrigen Wolken, die noch in der Nacht über den Himmel gezogen waren, goss es bei Tagesanbruch in Strömen, so dass jedermann mindestens bis zum Mittag im Zelt blieb. Die meisten der Edlen erwachten mit dem ersten Donnerschlag, hörten den Regen und rollten sich achselzuckend herum, um weiterzuschlafen. Ihr Gefolge verhielt sich ebenso, abgesehen von ein paar weniger glücklichen Seelen, die die Feuer entfachen mussten, denn unweigerlich würde schon bald nach dampfend heißem Taze verlangt werden.
Lady Palilas Diener an Bord der Barke hatten Glück. Sie mussten keinen Schutz für ihr Feuer aufstellen, sondern konnten ihre Herrin und deren frühe Besucherin mit einem vollständigen Frühstück bewirten, das in der Kombüse vorbereitet worden war. Wenn es sie auch überraschte, dass ausgerechnet Prinzessin Pandsala das Mahl mit Palila teilte, sprachen sie darüber doch nur höchstens im Flüsterton und nur untereinander.
»So, Ianthe hat also letzte Nacht versucht, eine Hure aus sich zu machen«, sagte Palila, und ihre Augen spiegelten die Befriedigung in denen von Pandsala wider. »Nach allem, was ich von unserem goldhaarigen Helden weiß, gehört er nicht gerade zu denen, die so etwas schätzen.«
»Du hättest sie sehen sollen, wie sie zum Zelt zurückkam, das Haar zerzaust und die Füße völlig verdreckt.« Pandsala lachte. »Sie ist immer noch da und tut so,
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