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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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und senkte ihre langen Wimpern über die Augen, als sie den Kopf müde auf die Knie sinken ließ.
    »Für eine Vergewaltigung habt Ihr sie recht ungeschickt gefesselt, werter Hoheprinz«, bemerkte Rohan leise.
    Roelstra wirbelte herum. »Wie könnt Ihr es wagen, mein Lager zu betreten? Narr, der Ihr seid …«
    »Ihr könnt es Euch sparen, Eure Wachen zu rufen«, riet Rohan. »Bedenkt doch nur, dass sie Zeugen werden. Würde ihre Loyalität die Dinge überstehen, zu denen Lady Andrade fähig ist?«
    »Er sucht Schutz hinter dem Rock seiner Tante«, höhnte der Hoheprinz.
    Rohan lächelte. »Bindet den Knaben los. Sofort.«
    Roelstra zuckte mit den Schultern. Rohan machte einen weiteren Schritt auf den Knaben zu, der an den Stuhl gefesselt war. Doch Roelstra packte den Knaben überraschend flink am Haar, riss seinen Kopf zurück und hielt ihm ein Messer an die Kehle.
    »Zeugen?«, fragte er sanft. »Wer sagt, dass es welche geben wird?«
    »Ihr solltet Eure Geschichten wirklich durchdenken, Roelstra«, sagte Rohan, froh darüber, dass seine Stimme kühl blieb. »Wenn Ihr wirklich intelligent wäret, dann wäret Ihr längst auf die Idee verfallen, die Dame oder den Knappen oder auch mich eines Mordversuchs zu bezichtigen. Auf diese Weise könntet Ihr uns alle mit Eurem eigenen Messer töten, könntet Andrade und meine Familie beschämen und gleichzeitig Euren eigenen Ruf verbessern.« Er machte einen weiteren vorsichtigen Schritt ins Zelt hinein.
    »Wie klug von Euch, meine Gedanken zu erraten, Prinzchen. Wer von Euch wäre gern der Erste? Vielleicht dieses plappernde Kind?«
    »Ihr habt ein Problem«, erklärte Rohan ihm und trat einen weiteren kleinen Schritt vor. »Ihr denkt nicht mit Eurem Verstand, sondern mit dem, was Ihr zwischen den Beinen habt. Welches Motiv könnte einer von uns haben, Euch zu töten? Mein Knappe, ein Mörder? Die Fesseln werden Spuren an ihm hinterlassen. Dazu wird es Fragen geben, wisst Ihr. Was nun die Dame angeht – warum sollte eine Lichtläuferin Euch Böses wünschen? Es ist ihnen doch ausdrücklich untersagt zu töten. Und warum sollte ich Euch ermorden lassen? Ich habe mir Eure Töchter angesehen – und ein Mann bringt schließlich nicht seinen zukünftigen Schwiegervater um, nicht wahr? Außerdem würde jeder glauben, dass ich gewiss schlau genug wäre zu erkennen, dass ich über die Prinzenmark regieren würde, wenn Ihr tot und eine Eurer Töchter bereits meine Gemahlin ist. Nein, Roelstra«, schloss er lächelnd. »Ich würde Euch nach der Hochzeit töten, nicht vorher.« Er stand jetzt mitten auf dem Teppich neben dem Tisch. In angemessener Reichweite – wenn er nur an sein eigenes Messer kommen konnte, ehe Roelstra Walvis die Kehle durchschnitt. Der Kopf des Knaben war schmerzhaft nach hinten verrenkt, aber er blickte Rohan mit absolutem Vertrauen an. Das tat weh.
    »Meine Töchter werden ohne Euren kindlichen Charme leben müssen«, erklärte Roelstra. Er ließ Walvis los und machte einen Schritt fort von dem Stuhl. »Ich glaube, Ihr werdet der Erste sein, kleiner Prinz.«
    »Ihr denkt schon wieder nicht nach«, sagte Rohan und schüttelte den Kopf, als hätte er es mit einem verwirrten Schüler zu tun. »Ich dachte, der Plan wäre, mich mit einer Eurer charmanten Töchter zu vermählen und zu warten, bis wir einen Sohn hätten, und mich dann umzubringen. Was würde es Euch nützen, mich schon jetzt zu töten?«
    »Roelstra!« Sioned bewegte sich auf dem Bett, brachte den Holzrahmen zum Knacken und lenkte so die Aufmerksamkeit des Hoheprinzen auf sich. »Lasst sie frei, und ich werde tun, was Ihr wollt!«
    Rohan segnete sie für diese Ablenkung. Als Roelstras Blick unwillkürlich zu ihr hinüberzuckte, zog Rohan das Messer aus seinem rechten Stiefel. Die Klinge schimmerte im Lampenlicht, so düster wie das plötzliche Lächeln auf Roelstras Gesicht.
    »Gut«, lobte er, wirbelte hinter Walvis’ Stuhl, den Blick jetzt auf den jungen Prinzen geheftet. »Das macht es interessanter. Ihr seid nicht so schlau, wie Ihr gerne glauben würdet, Prinzchen. Das Messer zu ziehen bedeutet Hochverrat gegenüber dem Hoheprinzen. Ich habe das Recht, das Todesurteil persönlich zu vollstrecken.«
    »Versucht es nur«, forderte Rohan ihn freundlich auf. »Eure Merida-Verbündeten haben versagt – aber Ihr wolltet auch gar nicht wirklich, dass sie Erfolg hatten, nicht wahr? O ja, hinter ihnen konntet nur Ihr stecken, das habe ich die ganze Zeit gewusst. Ihr wolltet mir Angst machen, damit ich

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