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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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unmöglich zu denken, als ihr Mund zarte Küsse auf seine Schulter drückte. Die Schmerzen in seinen blauen Flecken, das Brennen des Kratzers an der Hüfte waren genauso vergangen wie ihre Kopfschmerzen, so schien es, und das aus demselben Grund.
    »O ja, ich fühle mich schon viel besser«, murmelte sie, legte die Arme um ihn, und ihre Finger tanzten auf seinem Rücken. »Und du fühlst dich wunderbar an …«
    »Sioned«, sagte er wieder und spürte ein Beben in seinem Körper. Ein neuer Schmerz regte sich in seinem Magen, und als er sie in den Armen hielt, staunte er darüber, dass er jemals einen anderen Körper für den ihren hatte halten können, ein anderes Feuer für diese Flamme, die sich jetzt in seinem Blut entzündete. »Ich – es gibt da etwas, das ich dir sagen sollte …«
    »Es interessiert mich nicht, außer du willst mir sagen, dass du mich liebst.«
    Ihre Hände glitten nach unten, um die Messer aus seinem Gürtel zu ziehen, und sie kicherte leise. »Ich habe von der Klausel in Tobins Ehevertrag gehört. Muss ich von dir verlangen, auch einzuwilligen?«
    »Wenn du nicht damit aufhörst …«
    »Ach, Rohan! In Wirklichkeit willst du doch gar nicht, dass ich aufhöre.«
    »Nein«, gab er zu und lächelte, als sie ihn ins weiche Moos drückte.
    »Wir werden einen Baum wie diesen in Stronghold pflanzen müssen, damit wir uns immer an das erste Mal erinnern können, wo wir uns geliebt haben.«
    »Glaubst du, das könnte ich jemals vergessen? Und überhaupt«, fügte er ein wenig atemlos hinzu, »tun wir das denn?«
    »Dummer Prinz.«
    Er zog sich von ihr zurück, denn er wollte ihr Gesicht sehen: geheimnisvoll im Schatten, die Lippen in wissendem Lächeln geöffnet, die Augen förmlich glühend. Sie war so wunderschön, dass ihm sein Herz schmerzhaft in der Brust schlug. »Sioned«, erklärte er mit belegter Stimme, »für mich ist es das erste Mal.«
    »Du bist ein süßer Lügner, mein Liebling«, sagte sie, ließ sich ins Moos sinken und streckte die Arme nach ihm aus. »Für mich auch, glaube ich. Nichts anderes zählt.«
    »Nichts«, stimmte er zu, als er sie an sein Herz drückte, und er wusste, dass das die Wahrheit war.

Kapitel 17

    Palila konnte einfach nicht aus ihrem Alptraum aufwachen.
    Sie war in weiße Seide gehüllt, die sich um ihren geschwollenen Leib bauschte wie ein ganzes Meer aus Schnee. Über ihr kreischte ein Schwarm Vögel, leuchtende Geschöpfe mit erschreckten Augen und eisigen Klauen, bei deren Berührung ihr Fleisch sich zusammenzog. Alles war durchdrungen von Schmerz, der sie wie mit Dolchen durchbohrte, bis sie laut schrie und sich unter der weißen Seide wand, um trockenes Land zu erreichen, sonnenhelles Land, wo sie alles hinter sich lassen und endlich ausruhen konnte.
    Aber es gab kein Ausruhen, kein Entweichen vor dem Schmerz, und als er sie erneut krampfhaft durchzuckte, erinnerte sie sich. Palila schrie, als sie Crigos offene, leblose Augen sah, die sie aus seinem bleichen Gesicht im Mondschein anstarrten.
    »Ihr Idioten, lasst mich durch!«, ertönte eine neue Stimme, spröde und entschlossen. »Steht hier nicht herum wie dumme Kühe! Bereitet alles für sie vor! Verschwindet, und kommt erst wieder, wenn ihr Lady Andrade gefunden habt!«
    »Nein!«, schrie Palila und bemühte sich, sich aufzusetzen. Aber Ianthe beugte sich über sie, die dunklen Augen weit aufgerissen. Sie genoss jeden Schmerz der anderen.
    »Sei ruhig. Ja, ich bin es. Hör auf so zu tun, als hättest du noch nie ein Kind bekommen.«
    Palila zuckte vor den Händen zurück, die ihr über das Haar streichelten. Sie konnte noch keine Wehen haben, das war unmöglich. Wo waren ihre bequemen, vertrauten Gemächer der Felsenburg, ihr Leibarzt und ihr Minnesänger, der besänftigende Weisen spielte? Sie konnte dieses Kind jetzt nicht bekommen. Ihr Tag sollte erst im Spätherbst kommen. Aber als ein neuerlicher Krampf ihren Körper erschütterte, als sie sich wieder in den weißen Seidenlaken aufbäumte, erinnerte sie sich noch einmal an Crigos bleiche, tote Augen und den entsetzlichen Schrei des Drachen.
    Ianthes Hände, kühl und erstaunlich geschickt, stützten sie während der Wehe. Die Prinzessin wischte Palilas Gesicht ab, gab ihr einen Schluck Wasser, die ganze Zeit mit diesem glatten, erfreuten Lächeln im Gesicht. Als der Schmerz verebbte, funkelte Palila matt zu ihr empor.
    »Warum willst du denn Andrade nicht hier haben?«, murmelte Ianthe in süßem Ton. »Was ist heute Abend geschehen, Palila,

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