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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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dass wir Crigo tot hier in deiner Kabine finden und dich selbst bewusstlos auf dem Boden? Vaters Arzt ist damit beschäftigt, eine Wunde zu vernähen, die er sich – wie er behauptet – bei einem Sturz zugezogen hat. Natürlich glaubt ihm niemand. Warum ist Crigo tot und Vater verwundet, Palila?«
    Die Mätresse wich schaudernd vor den helfenden Händen zurück. »Kluge Ianthe«, flüsterte sie. »Kannst du es nicht erraten?«
    »Wenn du die Wahrheit jetzt auch nicht zugibst, so wirst du sie doch gewiss Andrade erzählen, wenn sie eintrifft. Oh, keine Sorge, Crigos Leichnam wurde versteckt. Aber wenn du mir nicht erzählst, wie und warum er gestorben ist, werde ich seinen Leichnam in ihr Zelt werfen lassen.« Noch immer lächelnd legte sie eine Hand auf Palilas Bauch. »Die anderen sind fort. Du kannst reden. Ich kann Andrade sehr gut belügen. Ich denke, du wirst bald deinen ganzen Atem brauchen, um zu schreien.«
    »Also gut – ich werde es dir erzählen …« Sie wich vor den eisigen Fingern der Prinzessin zurück. »Roelstra wollte das Faradhi -Mädchen haben.«
    »Das weiß ich«, unterbrach Ianthe sie ungeduldig. »Es war nicht so schwer, sie von den anderen fortzulocken, wie Vater dachte.«
    »Du hast ihm geholfen?«
    »Natürlich. Ich mag dich nicht, Palila. Mochte dich noch nie. Aber diese Sioned mag ich noch weniger, und die Vorstellung, dass sie die Mätresse und Lichtläuferin meines Vaters werden könnte, ist offen gesagt mehr, als ich hinzunehmen gewillt bin. Ja, er kam zu mir und bat mich um meine Hilfe.« Achselzuckend fuhr sie fort. »Er vertraut mir, weißt du. So, wie er jedem traut. Aber du hast es ruiniert, weil du Crigo aufgetragen hast, das Mädchen zu warnen, nicht wahr?«
    »Nein – ja – ich weiß nicht! Ich wollte, dass er es tut, und er willigte ein, aber ich weiß nicht, was er getan hat oder was geschehen ist, nachdem er … er …« Sie kniff die Augen zusammen, um die Erinnerung zu vertreiben, aber das tote Gesicht verfolgte sie, ganz gleich, wohin sie im Geiste auch floh.
    Ianthes Stimme brachte sie zurück. »Anstatt also eine neue Mätresse und einen neuen Faradhi zu bekommen, wird Vater nur ein oder zwei Narben behalten, die von den Aufregungen dieser Nacht künden. Verstehe. Und diese Ziege von Lichtläuferin bleibt makellos. Verdammt! Ich sollte sehr böse mit dir sein, Palila.« Sie machte eine Pause, um ihre Worte wirken zu lassen. Dann fragte sie: »Reicht eine einzelne Dosis Dranath aus, um abhängig zu machen?«
    »Wenn die Dosis groß genug ist, kann sie sogar töten – o Göttin«, stöhnte Palila und biss die Zähne zusammen. »Woher kennst du den Namen?«
    »Ich weiß mehr, als du je für möglich gehalten hättest. Ich hoffe, die Dosis war riesig – ich hoffe, sie stirbt daran! Aber stell dir vor, Palila, ich werde mich nicht an dir rächen, indem ich dich wegen dieser Sache Vater verrate. Ist das nicht nett von mir? In ein paar Stunden wirst du ihm seinen ersten Sohn präsentieren.« Sie grinste. »Auch wenn es nicht sein eigener ist!«
    Palila fand Kraft genug, nach dem zufriedenen Gesicht der Prinzessin zu schlagen. Ianthe lachte, packte ihre zu Klauen gekrümmten Finger und streichelte sie fast zärtlich.
    »Frage dich nur, woher ich es weiß«, schlug sie vor. »Dann hast du etwas, was dich von deinen Schmerzen ablenkt.«
    »Ianthe – verrate mich nicht! Ich tue alles – sag mir nur, was – aber ruiniere mich nicht!«
    »O ja, du wirst alles tun, was ich verlange, glaube mir. Darum geht es ja. Ich werde jetzt nach unten zu Pandsala gehen. Drei andere Frauen sind in derselben Verfassung wie du. Dank uns. Denk über alles nach, Palila. Kannst du sicher sein, dass ich deine Tochter gegen einen Knaben austauschen werde? Oder werde ich deinen Sohn nehmen und an seine Stelle eine weitere nutzlose Tochter legen?«
    Palila heulte vor Wut und Entsetzen und den erneuten Schmerzen der Geburt laut auf. Ianthe lachte nur und verließ die Kabine. Auf dem schmalen Gang blieb sie noch einmal kurz stehen, um den Laut zu genießen. Sie stellte sich vor, wie Sioned aus ähnlicher Furcht und unter ähnlichen Schmerzen schrie, während ihr Körper dem Verlangen nach Dranath unterlag. Wenn die Dosis, die Roelstra ihr verabreicht hatte, sie nicht tötete, dann würde es der Entzug vielleicht tun. Oder, was möglicherweise noch besser war, sie würde überleben und abhängig sein. Nicht, dass sie sich gestatten würde, lange als Sklavin der Droge zu leben. Nein, sie war zu

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