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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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die Brücke?«, fragte sie.
    »Nein.«
    Sie ließen die Bäume hinter sich. Roelstras Barke war ein Inferno, das sanft auf dem Wasser schaukelte, und ihre violetten Segel glichen roten, flammenden Flügeln.

Kapitel 18

    In allen Lagern schwirrten am letzten Tag des Rialla die Gerüchte: Roelstra hätte alle seine Töchter getötet. Sie hätten ihn umgebracht. Lady Andrade hätte die Barke in Brand gesetzt und sie alle getötet. Roelstra sei von Unbekannten beseitigt worden, möglicherweise von den Merida. Prinz Rohan sei im Feuer umgekommen. Er sei in Roelstras Zelt gestorben. Er hätte seine Armeen herbeigerufen und befohlen, die Felsenburg zu stürmen. Er würde Prinzessin Pandsala heiraten – nein, Prinzessin Ianthe – nein, beide. Er würde außerdem die anderen Mädchen als Konkubinen aufnehmen. Lady Andrade befände sich auf dem Weg zurück zur Schule der Göttin. Zusammen mit Prinzessin Ianthe – Prinzessin Pandsala …
    Das Einzige, was man mit Sicherheit wusste, war, dass die Barke des Hoheprinzen rauchend und verkohlt auf dem Faolain schaukelte, während die Mannschaft sich in einer Taverne in Waes betrank. Noch etwas anderes war interessant: Lord Chaynal hatte den Preis seiner Pferde erhöht, die jetzt sehr gefragt sein würden, um alles, was noch von der Gesellschaft aus der Felsenburg übrig war, heimzubefördern.
    Prinz Clutha aus Meadowlord und Lord Jervis aus Waes waren so höflich, die Gerüchte zu ignorieren. Sie ordneten an, dass die Zeremonien wie immer weitergeführt wurden, und am späten Vormittag war ein Hügel fertig vorbereitet, von dem aus die Lager zu sehen waren. Die Edlen versammelten sich, flüsterten sich die neusten Nachrichten zu und warteten auf die Prozession der Bräute. Als Lady Andrade eintraf, erklang ein kollektiver Seufzer reinster Erleichterung.
    Eindeutig neugierige Blicke empfingen Roelstras Töchter. Ihr Vater und eine Tochter fehlten, aber sie selbst waren so kostbar gekleidet wie Bräute. Pandsalas Abwesenheit verstärkte die Vermutung, dass sie die von Prinz Rohan Erwählte sei; Ianthes düsteres Gesicht schien das zu bestätigen. Aber als die Hochzeitsprozession die blumenbestreute Seite des Hügels emporschritt, war die fehlende Prinzessin nicht unter den Bräuten.
    Einer der Ersten, der vortrat, um verheiratet zu werden, war der junge Lord Eltanin aus Tiglath, der immer noch aussah, als wäre er erstaunt darüber, Lord Jervis’ mittlere Tochter für sich gewonnen zu haben. Sie war ein kleines, zartes Ding mit goldbraunem Haar und dem klingenden Namen Antalya, was in der alten Sprache so viel wie »Kelch des Frühlings« bedeutete. Mit den in ihr Haar geflochtenen Wildblumen und den Spangen an ihren Armen stellte sie die Verkörperung jugendlicher Schönheit dar. Als sie von ihrem Vater ihrem neuen Ehemann übergeben wurde, sah sie mit leuchtenden Augen zu Eltanin auf. Rohan, der Oberlord des jungen Mannes, übergab ihn seiner Braut mit einer eleganten Verbeugung. Andrade rief den Segen der Göttin auf das Paar herab, und Tobin war überzeugt, dass ihr Bruder vor Entzücken gleich zu tanzen anfangen würde. Eine Verbindung zwischen seinem Vasallen und dem mächtigen Athri von Waes würde seine Beziehung zu Meadowlord stärken; Cluthas Ländereien waren ein Puffer zwischen der Wüste und der Prinzenmark, und Jervis war Cluthas Mann. Aber Tobin entdeckte auch eine mehr private Freude im Lächeln ihres Bruders. Es war nur natürlich, dass ein junger Mann, der seine eigene Geliebte gewonnen hatte, allen um sich her dasselbe Glück wünschte. Tobin hatte von Camigwen erfahren, dass Sioned in der vergangenen Nacht nicht in ihr Zelt zurückgekehrt war, und sie fragte sich, was Rohan davon abhielt, sein Entzücken in die Welt hinauszuschreien.
    Jüngere Söhne hatten Bräute gefunden, Erbinnen Ehemänner, und die Parade von Vätern und Oberlords, die die jungen Männer und Frauen zu Andrade brachten, damit sie deren Segen empfingen, ging weiter und weiter. Eine süße Brise von Osten hatte den Rauch fortgeblasen, der nach dem morgendlichen Feuer noch in der Luft gehangen hatte, und der Tag leuchtete in der letzten spätsommerlichen Sonne. Die Hügelkuppe war die perfekte Umgebung für den Beginn eines neuen Lebens. Tobin lächelte vor sich hin und blickte dann zu ihrem Lord empor und dachte an ihre eigene Vermählung auf den Klippen in der Nähe von Burg Radzyn.
    Andrade hatte angeordnet, dass Camigwen und Ostvel als Letzte kommen sollten. »Wer wünscht eine

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