Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
bilden.
    Ianthe lächelte und verließ den Raum. Als sie zu den Zinnen hinaufstieg, dachte sie an den Liebhaber, für den sie diese Arbeiten erdacht hatte. Sie wollte dort oben die trockene Brise genießen, die ihr Haar um ihren Nacken spielen und den Saum ihres Gewandes flattern ließ. Unter ihr lag die Grenze. Rohans Wachsoldaten hatten sich in ihre Unterkünfte zurückgezogen, die in die Klippen gehauen worden waren. Drei Mal hatte Ianthe in den letzten Jahren den Hauptmann rufen lassen, weil die Merida Handelskarawanen überfallen hatten. Sie hatte diese Überfälle sorgfältig geplant und den Zeitpunkt so gewählt, dass der Prinz erfahren musste, dass sie einen Sohn zur Welt gebracht hatte. Sie lachte leise und lehnte sich an die rosafarbene Steinwand. Sie dachte an das Vergnügen, das es ihr bereitet hatte, mit ihren Söhnen anzugeben – Söhnen, die seine Faradhi -Hexe ihm niemals schenken würde. Das vierte Mal hatte sie den Hauptmann erst vor knapp fünfzehn Tagen rufen lassen, aber diesmal aus einem anderen Grund. Als der Hauptmann der Wache eingetroffen war, hatte Ianthe ihn zum Abendessen eingeladen, wie es inzwischen üblich geworden war – und sie hatten über Drachen gesprochen. Weiter oben in den Bergen gab es uralte Höhlen, die die großen Tiere in diesem Jahr vielleicht aufsuchen würden, um sich zu paaren. Rohan war an allem interessiert, was die Drachen betraf, und er hatte inzwischen gewiss von diesen Höhlen erfahren. Aber auch für den Fall, dass er nicht persönlich nachforschen sollte, hatte Ianthe Pläne. Sie hatte durch harte Erfahrung gelernt, dass man immer auch noch andere Pläne haben musste.
    Sie drehte sich um, als sie ihren ältesten Sohn wütend schreien hörte, und sah, dass das Kindermädchen gerade alle drei Knaben für ihren abendlichen Besuch zu ihr brachte. Sie küsste sie und hob den Jüngsten strahlend auf den Schoß. Es waren kräftige, gesunde Knaben, groß und gut aussehend wie ihre Väter, klug und gewandt wie sie selbst. Ruval und Marron berichteten plappernd von den Erlebnissen des Tages, stritten wie üblich, wer einen Ball weiter geworfen hatte und wer schneller gelaufen war. Sie hatte drei Söhne geboren, während die Lichtläuferin ein Kind nicht einmal eine halbe Schwangerschaft hindurch hatte behalten können. Sie wusste genau Bescheid über Sioneds Versagen, einen Erben zu gebären, und freute sich, dass diese Schwierigkeit naturgegeben war und dass sie sich nicht die Mühe hatte machen müssen, Fehlgeburten für die Faradhi zu arrangieren.
    Sie fragte sich, was die Wüste ihrer Rivalin in den vergangenen sechs Jahren wohl angetan hatte. Dürr und welk war sie sicher, sagte sich Ianthe, mit faltiger, rauer Haut, denn sie achtete sicher nicht besonders sorgfältig auf ihr Aussehen. Die Schwangerschaften hatten Ianthes Schönheit reifen lassen, hatten mädchenhafte Zartheit in üppige Kurven an Brust, Hüften und Schenkeln gewandelt, wenngleich sie darauf geachtet hatte, ihre schmale Taille nicht zu verlieren. Genauso sorgfältig hatte sie ihre Haut und ihr Haar vor der heißen Sonne und dem Wind geschützt, und Palilas Ratschläge hatten ihr bei dem Bemühen, Spuren der Schwangerschaften von ihrem Fleisch fernzuhalten, gute Dienste erwiesen. Sie musste perfekt sein für dieses Spiel, und sie wusste, dass sie makellos schön war.
    Marron kletterte auf ihren Schoß und stieß dabei Segev beinahe herunter, der kreischte und sich mit einer Hand an ihr festklammerte, während er mit der anderen nach Marron schlug. Ianthe drückte beide an sich und genoss den Triumph, dass sie sie hatte. Wenn sie erwachsen waren, würden sie die Wüste besitzen und außerdem noch über die Prinzenmark herrschen. Der Weg zur Macht ging für eine Frau über die Männer, die sie beherrschte, und sie lachte laut, als sie mit ihren Söhnen spielte. Land und Schlösser mochten ja deren Besitz werden, aber sie würden immer ihr gehören.
    Tobin faltete die Hände im Schoß und blickte zu ihrem Gemahl auf. Als die Morgensonne auf sein dunkles Haar fiel, zeigten sich darin die ersten Spuren von Silber. Er trug Reitkleidung aus Leder, die seine langen, muskulösen Beine umschmiegte, und das am Hals offene Hemd enthüllte ein wenig seine kräftige Brust, die von den langen Tagen im Freien sonnengebräunt war. Er stand vor ihr, die Stiefel fest in den Sandstrand gestemmt und die Stirn gerunzelt.
    »Du siehst mich schon wieder so an«, beobachtete sie.
    »Du warst weit fort von mir«, gab er

Weitere Kostenlose Bücher