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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Höhle. Sie hob eine herumliegende Schale auf und untersuchte sie. »Da, wo der Drache sie mit seinen Krallen bearbeitet hat, ist sie uneben«, stellte sie zögernd fest. »Aber auf dieser Seite ist sie glatter. Fast als wäre sie – geschmolzen?«
    »Um ihre Schwingen zu trocknen und zu härten, wenn sie geschlüpft sind, atmen sie Feuer. Sie blasen sich auch gegenseitig an. Geröstetes Drachenfleisch ist ihre erste Mahlzeit.«
    Sie würgte. »Weiter.«
    »Diese Fähigkeit verlieren sie im Winter. Aber nun schau dir an, was passiert, wenn ihr Feueratem ihre eigenen Schalen trifft.« Er verschloss den Wasserschlauch und rührte mit den Fingern den feinen Sand um.
    »Rohan«, flüsterte sie, »das kann doch kein Gold sein.«
    Er griff nach dem Wasserschlauch, den er mit dem Sand gefüllt hatte. »Den nehme ich mit heim und mache ein paar Experimente, bis ich sicher bin. Aber weißt du, was es bedeutet, wenn ich recht habe?«
    »Du kannst die Drachen nicht länger töten lassen – aber du kannst auch niemandem davon erzählen! Es würde nur wenige Tage dauern, und alle anderen Prinzen würden in dein Land einfallen.«
    »Sehe ich etwa so dumm aus?« Grinsend stand er auf.
    Sioned lachte. »Du siehst aus wie jemand, der seinen Herzenswunsch erfüllt sieht. Ich hatte keine Ahnung, dass du so gierig bist.«
    »Und ob ich das bin!« Nach dieser Entdeckung mit all ihren Möglichkeiten erwiderte er unbeschwert ihr Lachen. »Und meinen Herzenswunsch habe ich schon zu Beginn des Sommers gefunden, damals genauso dreckig und verschwitzt wie jetzt.«
    »Du sagst ja herrliche Dinge, um mich zu verführen«, schalt sie übermütig.
    Seine überschäumende Erregung erstarb. »Und du weißt alles über Verführungen, nicht wahr, Sioned? Wer war es für dich?«
    Sie blinzelte. »Was?«
    »Wer war es?«, wollte er wissen. »Der Mann, der dir beigebracht hat …«
    »Ich weiß es nicht. Ich wollte es niemals wissen. Was macht das für einen Unterschied?«
    »Was hat er getan? Im Bett eine Maske und einen Umhang getragen? Nie ein Wort gesagt, damit du seine Stimme nicht erkennst? Hast du erwartet, dass ich die Vorstellung gutheißen könnte, dass du mit anderen Männern zusammen warst?«
    Ihre grünen Augen funkelten wütend, und das Feuer, das sie beschworen hatte, flackerte dazu. »Soll ich mich etwa schämen? Es ist geschehen und hat nichts mit uns zu tun.«
    »Wie viele, Sioned?«
    Sie sog die Luft ein. »Wie kannst du es wagen! Du hast kein Recht, mich das zu fragen. Als ob jeder Mann in der Schule der Göttin in meinem Bett gewesen wäre! Ich habe dich auch nie nach deinen Frauen gefragt, oder?«
    Er war so überrascht, dass er einen Augenblick lang sogar vergaß, wütend zu sein. »Wovon sprichst du?«
    »Glaubst du, ich hätte mich nicht auch gefragt, ›wie viele‹ von den Frauen in Stronghold in deinem Bett gewesen sind?«, schleuderte sie ihm entgegen. »Weder deine Hände noch deine Lippen sind ausgesprochen jungfräulich! Es war eine Nacht, Teil meiner Ausbildung als Lichtläufer, und es ist geschehen, ehe ich dein Gesicht im Feuer gesehen habe!« Sie trat einen Schritt näher an ihn heran und funkelte ihn an. »Hast du geglaubt, ich würde versuchen, dir das Kind eines anderen Mannes unterzuschieben? Ist das der wahre Grund dafür, dass du so lange mit unserer Hochzeit warten willst? Wie kannst du es wagen zu fragen, ›wie viele‹? Wie viele waren es denn für dich? Aber ich verspreche dir heute eines, mein Prinz – es wird keine anderen Frauen mehr für dich geben, wenn du erst einmal mein bist! Ich habe vielleicht nicht das Recht, dich nach deiner Vergangenheit zu fragen – aber deine Zukunft gehört mir!«
    Sie stapfte aus der Höhle, und das Feuer verging mit ihr. Rohan blieb sprachlos und allein in der Dunkelheit zurück. Er blieb noch ein paar Minuten dort zurück. Sein Verstand sagte ihm, dass er einen Narren aus sich gemacht hatte. Aber etwas anderes, Weiseres in ihm lachte vor Zufriedenheit. Dieses innere Lachen hielt auch noch an, als er sich vorsichtig seinen Weg ins Tageslicht ertastete. Er fand sein Schwert, dessentwegen sie ja angeblich gekommen waren, und schob es in die Scheide, ehe er am Rand des Gesimses stehenblieb, um Sioneds Abstieg zu beobachten. Ein wenig von seinem Lachen entfloh. Und das Lächeln wich während des langen Rittes zurück nach Stronghold nicht von seinem Gesicht.
    Sioned warf sich auf ihre blau-grün gemusterte Bettdecke, nachdem sie die Tür vor Camigwens erstauntem Gesicht

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