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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Sioned ihm folgte. Den Blick auf den Rand der Höhle geheftet stöhnte er laut auf, als ein Lichtblitz aus dem Schatten zuckte. Sioneds angestrengtes Atmen erklang hinter ihm. Während sie weiterkletterten, schrien die Knaben vor Angst auf. Wieder rief er ihnen zu, sie sollten Schutz suchen, aber der Sims war weder breit noch lang genug, und es gab auch keine großen Felsbrocken, um sich dahinter zu verstecken. Wenn den Zwillingen irgendetwas zustieß, würde Tobin ihn umbringen – und er würde sich das sogar wünschen.
    Auf allen vieren kämpfte sich Rohan zum Sims empor. Als er sich aufrichtete, sah er, wie Jahni sich an die Klippe drängte und am ganzen Körper zitterte. Er hielt sich so weit vom Eingang der Höhle entfernt, wie es möglich war, ohne in die Schlucht zu stürzen. Maarken stand reglos auf dem steinernen Sims und starrte einen Jungdrachen an, der ebenso klein und verängstigt war wie er selbst. Rohan wusste, dass er sein Schwert sicher nicht rechtzeitig ziehen können würde, um den Drachen zu töten. Die Augen der kleinen Kreatur funkelten bereits, er hatte seine Lungen mit Luft gefüllt, und die Zähne blitzten wie feine weiße Nadeln, als er die Kiefer öffnete, um eine Flamme auszustoßen, die Maarkens sicheren Tod bedeuten würde.
    »Maarken!«, schrie Sioned hinter Rohan. »Wirf dich hin!« Im nächsten Augenblick flackerte ein dünnes, breites Tuch von Lichtläufer-Feuer zwischen dem Drachen und dem Jungen aus dem Felsen empor, ohne einen von beiden zu berühren.
    Der Jungdrache wich zurück. Ein Angstschrei entrang sich seiner Kehle zusammen mit einem Feuersturm, der zum Himmel gerichtet war. Rohan fand Halt auf dem Sims und zog sich nach oben. Obwohl er nur unsicher stehen konnte, wich er Sioneds Feuer aus, zog sein Schwert und hieb dem Drachen die flache Seite der Klinge auf den Panzer. Das Tier heulte vor Schmerz auf, schlug mit den Flügeln und sprang zur Seite. Zu verängstigt, um sich gegen den schwertschwingenden Prinzen zu verteidigen, bewegte sich der Drache um die Flammen herum, schlug mit der Kraft der Verzweiflung mit seinen kleinen Flügeln und flog davon.
    Das Feuer erlosch, und Rohan warf einen Blick über die Schulter zurück. Sioned kletterte auf das Sims. Sie zitterte vor Erleichterung. Auch Maarken bebte, als Rohan ihn an sich zog.
    »Ist alles in Ordnung? Keine Verbrennungen irgendwo? Maarken, so sag doch etwas!«
    Das Kind zitterte so, dass Rohan glaubte, die zarten Knochen würden zerspringen. Doch schließlich legte er die Arme um Rohans Hals und stammelte: »Ich bin … in Ordnung …«
    Aus dem Augenwinkel sah Rohan, dass Sioned den verängstigten Jahni in den Armen wiegte. Er zog Maarken noch fester an sich und sagte: »Ihr habt mich zu Tode erschreckt! Wisst ihr, dass ihr hättet getötet werden können?«
    »Wir wollten d-doch nur die D-drachen s-sehen! Es tut mir leid«, schluchzte Maarken. »Mutter wird schrecklich böse mit uns sein.«
    »Und ob.«
    »Hast du den Drachen getötet?«
    »Nein. Er ist fortgeflogen.«
    »Gut. Das freut mich.« Der Knabe lehnte sich zurück und rieb sich die Augen. »Er war doch noch ein Baby. Er wusste ja nicht, dass wir ihm nicht weh tun wollten.«
    Rohan nickte. »Gehorchen dir deine Beine jetzt wieder?« Er setzte Maarken ab. »Wir verschwinden hier wohl besser, ehe die Brüder und Schwestern des Drachen herauskommen, um zu sehen, was der Lärm zu bedeuten hat.« Er warf einen Blick auf Sioned und Jahni. »Alles in Ordnung?«
    »Ja«, antwortete sie und stellte den Knaben auf die Füße. Er klammerte sich mit beiden Händen an ihr Handgelenk, aber seine Tränen waren getrocknet. »Eine Beule, vielleicht auch zwei, denke ich. Aber es hätte viel schlimmer kommen können, nicht wahr? Ich hoffe, das hat euch beiden gezeigt, dass ihr eurem Prinzen gehorchen müsst.« Sie sah beide Kinder nacheinander ernst an, und Rohan unterdrückte ein Lächeln, als sie sich mit beschämten Gesichtern abwandten.
    »Ich glaube, sie haben ihre Lektion gelernt«, bemerkte Rohan. »Kommt, gehen wir zurück.«
    Sie rutschten die lockeren Steine viel schneller herab, als sie heraufgeklettert waren, und als sie schließlich unten ankamen, wurden sie bereits von Chaynal empfangen. Er nahm jeden Sohn in einen Arm und drückte beide so fest an sich, dass sie kaum mehr atmen konnten. Dabei erklärte er ihnen, dass sie kleine Ungeheuer wären, die ausgepeitscht gehörten – und drückte sie dann wieder an seine Brust, die Augen geschlossen, die Lippen in

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