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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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waren. In einem Käfer kommen einem hundert verdammt schnell vor. Im Rückspiegel sah ich einen von diesen BMW-Pissern auf mich zurasen. Mit zweihundert Sachen und Lichthupe. BMW. Der Manta der Neunziger. Diese Jungs hielten sich für unsterblich. Wie gern hätte ich ihnen das Gegenteil bewiesen.
    Warum waren immer nur Idioten unterwegs, wenn ich Auto fuhr? Entweder fuhren sie zu dicht auf oder sie schlichen mit 2 0 km/h vor einem her. Unsterbliche und Scheintote. Wenn ich wegen einem von diesen Idioten auf der Straße sterben muss, dann hoffe ich, dass er wenigstens mit draufgeht. Aber ganz langsam, bitte schön. Wie bei einem verdammten Bauchschuss.

sieben
    »Da ist ja endlich mein Lieblingsenkel!«
    Meine Großmutter. Sie war großartig. Niemand freute sich so sehr, mich zu sehen, wie sie. Ich war tatsächlich ihr Lieblingsenkel, wenn auch der einzige, den sie hatte.
    »Hallo, Oma!«, sagte ich.
    »Wie geht es dir denn, mein Bub? Wie war die Schule? Wie war deine Prüfung? Was ist denn mit deiner Nase passiert, um Gottes willen?«
    Mein Bub. In 10 0 Jahren würde sie mich noch so nennen, und ich liebte sie dafür. In Zukunft würde sie mich wohl nicht mehr fragen, wie die Schule war. Die Traurigkeit schlich wieder in mir hoch, aber ich ließ es mir nicht anmerken.
    »Da ist mir ein Sektkorken draufgeknallt. Nicht so schlimm.«
    Diese Ausrede hatte ich mir schon während der Fahrt überlegt, sonst wäre sie nicht so schnell gekommen.
    »Die Prüfung war super. Ich hab’s geschafft. Du darfst mich ab heute Abiturient nennen.«
    Hoffentlich würde sie es nie tun.
    »Herzlichen Glückwunsch, mein Schatz! Ich wusste doch immer, wie intelligent du bist.«
    Ich verkniff mir die Bemerkung, dass ein bestandenes Abitur absolut kein Zeichen für Intelligenz sei. Sie war so verdammt stolz auf mich. Schon immer. Wenn ich als kleines Kind einen Matschkuchen geformt hatte, lief sie damit auf dem ganzen Spielplatz herum und zeigte ihn allen Leuten. Sensationell.
    »Wie geht es Käthchen?«, fragte ich. »Besser?«
    »Nein. Sie liegt in der Küche und jault schon den ganzen Tag. Das arme Ding. Ich glaube, es geht zu Ende mit ihr.«
    Käthchen war Großmutters Hund. Ein Dackel. Eine Dackeldame, besser gesagt. Sie war wirklich sehr hübsch und verdammt intelligent. Für einen Dackel, natürlich. Außerdem war sie völlig verrückt, und das kam nicht von ungefähr. Als sie gerade mal ein halbes Jahr alt war, ging ich mit ihr im Grüneburgpark spazieren. Sie buddelte hier ein Loch und buddelte da ein Loch und schließlich wurde sie fündig. Was sie fand, war ein riesiger Klumpen Haschisch. Ein Scheißdealer hatte ihn wohl dort vor den Bullen versteckt. Käthchen fraß ihn. Sie fraß das ganze verdammte Ding. Es war fast so groß wie ihr Kopf und sie schlang es einfach hinunter wie ein Stück Chappi. Danach lief sie drei Tage lang herum wie ferngesteuert und fing an zu singen. Sie jaulte immer wieder dieselbe Melodie in derselben Tonart. Seitdem war sie ein wenig seltsam, aber auf liebenswerte Art.
    Jetzt lag sie in ihrem Körbchen in der Küche und hatte einen dicken Verband um ihren kleinen Körper. Am Tag zuvor war sie operiert worden. Zum zweiten Mal. Irgendwelche widerlichen Zysten oder so. Als sie mich sah, fing sie an mit dem Schwanz zu wedeln und versuchte aufzustehen, aber sie schaffte es nicht. Käthchen freute sich immer mindestens genauso sehr, mich zu sehen, wie meine Großmutter.
    »Armes Käthchen«, sagte ich und streichelte ihren Kopf. »Du wirst bald wieder gesund sein.«
    Ob Käthchen mir das glaubte, weiß ich nicht, aber ich hoffte, meine Großmutter würde es glauben. Die meiste Zeit schimpfte sie zwar auf ihr Käthchen, aber im Grunde genommen liebte sie diesen kleinen Hund über alles.
    »Bist du hungrig?«, fragte sie.
    Großmütter fragen einen ständig, ob man hungrig sei. Selbst wenn man gerade eine halbe Kuh und einen Zentner Kartoffeln verdrückt hat.
    »Es geht«, sagte ich. »Nicht besonders. Du kennst mich ja.«
    »Du musst aber was essen, Bub. Komm, setz dich! In fünf Minuten ist alles fertig.«
    Ich fragte mich immer wieder, wie sie das mit den fünf Minuten schaffte. Hinter ihren Trick mit den Kartoffeln war ich mittlerweile gekommen, aber der Rest war mir immer noch ein Rätsel. Die Kartoffeln kochte sie schon eine Stunde vorher und stellte dann den Topf in Handtücher und Decken gewickelt im Wohnzimmer aufs Sofa. Das funktionierte. Selbst wenn ich mal eine Stunde zu spät kam, waren die

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