Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute
aufhören.
»Und wissen Sie, was?«, fuhr ich fort. »Sie sagen, er hasst Pudel!«
»Pudel? Wirklich?«, rief sie erschrocken und nahm ihren Hund schnell auf den Schoß.
Sie hatte ganz vergessen zu flüstern.
»Warum hasst er denn ausgerechnet Pudel?«
Sie wollte es wirklich wissen.
»Weil ein Pudel seiner Mutter ein Ohr abgebissen hat, als er noch ganz klein war. Cockerspaniel sind sehr eigen, wenn es um die Ohren ihrer Eltern geht, wissen Sie. Seitdem ist er psychisch nicht mehr so ganz in Ordnung. Darum auch die Drogen.«
»Warum erschießt denn niemand diese Bestie?«
»Sie haben es schon versucht, aber die Kugeln prallten einfach an ihm ab.«
Ich war wirklich in Hochform.
»Dann müssen sie eben mit Kanonen auf ihn schießen! Dieses Tier ist doch eine Gefahr für die Öffentlichkeit!«
Gott, wie herrlich dämlich diese Frau doch war. Ich hätte noch stundenlang so weitermachen können, aber meine Großmutter kam und bat mich Käthchen hereinzubringen.
»Passen Sie gut auf Ihren Liebling auf!«, sagte ich noch zu der verängstigten Pudelfrau.
»Das werde ich, junger Mann. Das werde ich.«
Ich trug Käthchen mit ihrem Korb in das Behandlungszimmer. Die Todeszelle.
»Guten Tag, Herr Doktor«, sagte ich artig.
Der Arme. Mir hatte er es zu verdanken, dass er sich später noch seltsame Fragen über einen mutierten, aidskranken Cockerspaniel mit einer schweren Psychose anhören musste.
Käthchen zitterte immer noch wie verrückt. Ich hatte auch immer Angst beim Arzt.
»So, dann wollen wir mal!«, sagte der Doktor.
Was heißt denn hier wir? , dachte ich. Lass mich gefälligst da raus, du Schlächter!
»Ich tue das nicht gerne«, sagte er, während er die Spritze aufzog. »Aber jeder Beruf hat wohl seine Schattenseiten.«
Dieser Dummschwätzer. Ärzte bildeten sich immer Gott weiß was auf ihren blöden Beruf ein. Dabei waren sie nichts anderes, als besser bezahlte Handwerker. Als ich damals wegen meinem Arm auf dem Operationstisch lag, sah ich dort mehr Schraubenschlüssel, als in einer Autowerkstatt.
»Sie wird nichts spüren«, erklärte der Weißkittel. »Sie wird ganz friedlich einschlafen.«
Woher wusste er das? War er etwa ein Hund?
Er pikste die Spritze in Käthchens Herz.
»So, das war’s auch schon. Sie können sie hier lassen. Wir kümmern uns um die Entsorgung.«
Wie nett. Ich dachte, wir würden sie mit nach Hause nehmen und einfrieren.
Großmutter nahm meine Hand und drückte sie ganz fest. Sie war so tapfer. Ich spürte wieder einen dicken Kloß in meinem Hals heraufkriechen.
»Danke, Herr Doktor«, sagte meine Großmutter.
Wofür bedankte sie sich? Dieser Mistkerl hatte ihr Käthchen umgebracht und wollte dafür auch noch bezahlt werden.
Als wir zurück ins Wartezimmer kamen, stand die Pudelfrau schon bereit. Sie war die Nächste. Hoffentlich würde sie den Doktor zur Verzweiflung treiben mit ihren Fragen. Hoffentlich trieb sie ihn dazu, sich selbst einzuschläfern. Um die Entsorgung würde ich mich dann gerne kümmern.
neun
Ich weiß, ich hätte bei meiner Großmutter bleiben müssen, aber ich konnte es einfach nicht. Der Kloß in meinem Hals sollte verschwinden. Ich brauchte dringend etwas Ablenkung, also fuhr ich in die Stadt. Was genau ich dort wollte, wusste ich nicht. Hauptsache weg.
Meine Großmutter hatte mir noch einen Umschlag zugesteck t – wie an Weihnachten und an meinem Geburtstag. Für dein Abitur, hatte sie gesagt und ihn in meine Jackentasche gesteckt. Das machte sie immer so, wenn sie Geld verschenkte. Sie packte es in einen Umschlag und steckte ihn mir beiläufig in eine Tasche. Als ob es unanständig wäre, Geld zu verschenken. Blödsinn. Geld war das beste Geschenk überhaupt. Besser als Socken oder Pullover oder ähnlich überflüssiges Zeug.
An einer roten Ampel riss ich den Umschlag auf, um zu sehen, wie viel drin war. Es waren satte 30 0 Mark. Ein blödes Abitur war demnach 10 0 Mark mehr wert, als ein Geburtstag oder Weihnachten. Wahrscheinlich, weil man es nur einmal machte. 30 0 Mark. Damit ließ sich schon einiges anfangen. Als Erstes würde ich Kelly etwas kaufen. Weil sie mir das Leben gerettet hatte. Oder einfach nur, weil es sie gab. Aber was schenkte man dem hübschesten Mädchen der Welt? Es müsste etwas Schönes, etwas ganz Besonderes sein. So wie sie eben. Aber es dürfte auf keinen Fall zu viel kosten. Kelly hasste protzige Geschenke. Sie wäre nicht käuflich, hatte sie mir einmal erklärt. Auch nicht für eine Million Dollar die
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