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Sonnenscheinpferd

Sonnenscheinpferd

Titel: Sonnenscheinpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurðardóttir
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Sie sagte oft nicht viel, aber sie hatte immer ein Lächeln bereit und war nie in Eile. Wenn kein Wölkchen am Himmel war und kein Sturm im Baum, brachte sie mir ein Glas Milch und Weißbrot mit selbstgemachter Rhabarbermarmelade. Irgendwann einmal trank sie Kaffee draußen im Garten, und wir lehnten uns an den Nasenbaum, der mich in seine Obhut nahm, als sie ging. Ich weiß, dass dieser Tag im Juli war. Magda hatte schon angefangen, für meinen vorletzten Geburtstag zu backen, und gab mir ein Stück von einer zusammengefallenen deutschen Torte, die Käsetorte hieß. Und dieser Tag und einige andere, der Harald-Eintopf-Tag beispielsweise, aber vor allem auch die Morgen vor den Tagen mit meinem Liebsten führten dazu, dass es mir irgendwie gelang,
in meinem Bild
bis auf den heutigen Tag zu existieren.

    Das Bild, das ich mein Bild nenne, machte der Liebste am Meeresufer. Das Gesicht mit den Augen, die du süße Katzenaugen nanntest, und das Meer dahinter, versetzt mit Himmel. Das Foto befindet sich in meiner Tasche, wohin ich auch gehe – als wäre ich ein naher Angehöriger und womöglich tot. Damit ich mich immer bei mir habe, so wie ich bin. So wie du mich sahst, und du bist das einzige Wesen, das mich gesehen hat, wie ich bin oder wie ich sein könnte.

    Wie ich bin, so war ich damals nur in der Zeit kurz nach dem Ausschlüpfen aus der zähschimmeligen Kindheitshülse. Bevor das Leben als solches mit Nachtschichten auf Stationen mit Sterbenden und im eigenen Heim mit Töchtern und anderem über mich hereinbrach. Diese Zeit, in der ich ich war, war die Zeit mit dir, und du warst es, der mich zu mir in meinemBild gemacht hat. Mein Bild am Meer habe ich immer in der Tasche. Damit ich es schnell herausziehen und nachsehen kann, wer ich war, als ich war, wie ich bin, wer ich sein könnte.

    Als wir zusammen durch den Park beim Musikpavillon, über die Hringbraut, die ganze Strecke bis zur Ægisíða am Meer und vielleicht sogar bis auf die Halbinsel Seltjarnarnes hinaus schlenderten, und das im Januar, da wurde ich glücklich. Ich begriff, dass es sich um eine Art Erwachsenenglück aus den Büchern in der Stadtbücherei oder im Bücherzimmer in der Sjafnargata handelte.
    All dieses Glück, noch dazu Hand in Hand, Mund an Mund, mit diesem schönen Augenausdruck und dem Lächeln an meiner Seite, war so überwältigend und so unbekannt, dass ich schlapp wurde und keine Ausdauer mehr hatte. Ich gewöhnte mir an, ins Bett zu kriechen, sobald ich eine freie Minute hatte, ich kuschelte mich in Embryohaltung unter das Oberbett, häufig genug mit einem Buch, über dem ich aber unverzüglich einschlief. Ich ging um acht ins Bett, direkt nach den Spaziergängen. An Wochenenden schlief ich bis in den Nachmittag hinein.
    Parallel zu dieser ausgedehnten Bettlägerigkeit in unerwartetem Glück wuchs mein Appetit, und ich begann, Interesse für Essen zu entwickeln. Ich kochte sogar manchmal etwas für mich und Mummi, was ich in der düsteren Schulküche der Oststadtschule gelernt hatte, bei der depressiven Hauswirtschaftslehrerin mit den schlaffen Lidern (die die Fragen der Kinder, beispielsweise nach der Kohäsion von Wasser und Mehl, als Seltsame Fragen bezeichnete).
    Schlaf und Ernährung hatten zur Folge, dass mir Brüste wuchsen, keine großen, aber doch kompakt genug, um als Busen durchzugehen. Diese Hinzufügungen zu mir sprossenso überraschend schnell, dass ich mich nicht gleich mit ihnen arrangieren konnte. Ich empfand sie als Fremdkörper an mir und sah verwundert, aber nicht unfreundlich auf sie herunter, wenn ich mich auszog und ankleidete.
    Statt an diesen schnell sprießenden Tierchen burschikos herumzukneten, hieltest du eine männlich schützende Hand über sie, und das war eine schöne Tat.

    Außer dem Busen hatte ich auch eine bestimmte Art von Augen bekommen, grün und katzenhaft, ebenso besondere Hände und sogar Nägel. Du sagtest nämlich, die Augen seien ganz speziell und die Hände auch, und du blicktest in diese Augen und hieltest diese Hände, während du das sagtest, und so nahm ich die Formen an, die zu meinem Bild wurden.

    Das Gute an meinem Liebsten war nicht nur, dass ich meine Formen annahm und zu mir selbst zu werden begann, sondern auch, dass ich von mir wegdurfte, denn bis dahin war ich in den Zimmern in der Sjafnargata steckengeblieben. Sobald ich mir meiner selbst mit Händen und Augen bewusst war, bewegte ich mich hin zu dir und weg von mir, überall auf unseren Spaziergängen, und was von mir

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