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Sonnenscheinpferd

Sonnenscheinpferd

Titel: Sonnenscheinpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurðardóttir
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ist mir zu klein geworden und hält nicht mehr warm.
    Das ist ein Problem, was sagt Mama dazu?
    Hm … ich habe aber ganz zufällig einen guten Anorak gesehen und ihn bis morgen zurücklegen lassen.
    Den darfst du dir auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen. Was kostet er?
    Und Harald geht zum Schreibtisch und holt das Geld.
    Bitte schön, er wird dir hoffentlich gut zustattenkommen. Den Rest darfst du behalten.
    Daraufhin lächelte er blitzartig. Das kam bei ihm vor, und für den Rest kaufte ich ein besonders wohlriechendes Shampoo, und Haarspray, damit ich die Haare besser toupieren konnte.

    Alles bei mir und dem Liebsten war ERNST und wurde ernst genommen. Wir küssten uns nicht übermütig, sondern konzentriert, denn es musste richtig geküsst werden. KeinStreicheln war leichtfertig oder lässig. Nichts zwischen uns war unüberlegt oder deplatziert, kein Wort, keine Miene. Wir gaben uns die allergrößte Mühe mit dem Beisammensein.
    Ich mache Nachtschichten, um Sterbende zu pflegen, aber einem so tödlichen Ernst wie unserem, als wir Hand in Hand die Ægisíða entlangspazierten, begegne ich kaum je auf der Arbeit. Der Liebste nahm alles ernst, was ich sagte, alles wurde genauestens überdacht und bis ins kleinste Detail diskutiert. Alles Kleine wurde uns groß. Winzigste Nuancen in der Wortwahl konnten halbtägige Diskussionen mit dialektischem Einschlag auslösen.

    Die Monate, die wir zusammen waren, gab ich mir nicht nur Mühe dir gegenüber, sondern auch mir selbst gegenüber. Man durfte es nicht auf die leichte Schulter nehmen, was für eine Duftnote das Shampoo hatte, denn der Liebste würde damit behaftet sein. Es war auch keineswegs belanglos, wie die Bluse gebügelt war, denn der Liebste würde unter unseligen Falten leiden. Irgendwo schlummerte die Vorstellung, dass ein Fleck oder eine Falte ihn mir abspenstig machen konnte. Als wir mit den Spaziergängen begannen, war es hin und wieder vorgekommen, dass ich kaputte Sachen anhatte. Ich schämte mich noch mehr, als diese Strophe aufkam, die durch sämtliche Poesiealben der Mädchen in meiner Klasse geisterte. Sie besagte, dass ein Mädchen in löchrigen Sachen keinen Jungen abbekommt.

    WIR KONNTEN UNS VORSTELLEN, AN VIELEN STELLEN ZUSAMMENZULEBEN in diesem Frühjahr, du und ich, vor allem in einer Souterrainwohnung am Kvisthagi. Da konnte man aus zwei Zimmern in den Garten mit den Tannenbäumen gelangen und von dort durchs Gartentörchendirekt auf den Pfad, der zu unserem Meer aus dem Fischkonzert führte. Dorthin, von wo aus Björn und Álfgrímur zum Fischen hinausruderten. Álfgrímur wollte, wenn er groß wäre, genau wie sein Großvater einen kleinen Jungen finden, der mit ihm Seehasen fischte, wenn es den Frühling noch gar nicht gab, höchstens in Gottes Sinn oder dem von ungeborenen Kindern.

    Wir versetzten uns in Gedanken in eine Dachwohnung in der Blómvallagata hinein, wo der Friedhof uns zu Füßen lag, in dem im Sommer luftig gekleidete Mädchen die Wohnstätten von unbescholtenen Menschen pflegen, zu denen wir Toten gemacht werden.

    Wir versetzten uns in Gedanken in das ein oder andere Holzhaus hinein, meist in ein zweistöckiges. Unser Haus an der Njálsgata war schmal und hatte ein strahlend blaues Dach, in der Schattierung eines sich herabsenkenden Abendhimmels im Süden. Ein einziger Baum füllte den Garten so aus, dass man aus Fenstern zu drei Seiten keine Aussicht hatte. Ich hätte liebend gern mit dir in diesem Haus gewohnt und im Sommer nichts als Blätterwände vor den Fenstern gesehen.

    Wir waren allein in diesen Häusern, da war kein Kind bei uns. Dazu würde es entweder nie kommen oder auf keinen Fall bald. Irgendwo in einem geheimen Seelenversteck gab es aber einen großen, schmalen Jungen mit so hellem Haar, dass es eigentlich phosphoreszierte. Er hatte schöne Augen und glich seinem Vater glücklicherweise mehr als mir.

    Zu Beginn der neuen Zeit gehen wir durch die Straßen, die immer noch dieselben Namen tragen – hoffentlich noch solange, bis unsere Schatten sich zu legen beginnen. Dann können wir Seite an Seite weitergehen, um die Ecke vom Spitalstieg zur Bergstaðastræti herum – bis ganz in die Nacht hinein.
    Auf den neuen Spaziergängen will ich dich auf eine Straße führen, die ich immer vermieden habe, die Grettisgata. Das entging dir nicht, und du fragtest: Warum, und ich sagte, darum, und du sagtest: Das ist keine Antwort, und ich antwortete nicht.

    Am Tag nach den fünf Pfannkuchen und zwei

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