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Sonnenstürme

Sonnenstürme

Titel: Sonnenstürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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einer Ewigkeit nicht gesehen; sie hoffte, dass er noch lebte. Mit einem dumpfen Schmerz angesichts der Dinge, die sich in ihrem Leben geändert hatten, begann sie:
    »Zuerst möchte ich von dem Tag erzählen, an dem ich dich aufgefordert habe, auf das dünne Eis am Rand des zugefrorenen Ozeans zu treten, auf dem Wassermond, der die Heimat meines Clans ist. Damals war ich ein kleines Mädchen, acht Jahre alt, glaube ich, und ich hätte selbst auf jenes Eis treten sollen, denn wahrscheinlich wog ich weniger als du. Ich wusste nicht, dass du als Kompi keine Hemmungen hast und einfach meine Anweisungen befolgst, wie dumm sie auch sein mögen.«
    Tasia erinnerte sich daran, wie der kleine Kompi über das dünne Eis von Plumas gestapft war. Oben, am gefrorenen Himmel, leuchteten artifizielle Sonnen, und ihr Licht glitzerte über facettierte Wände und Eisberge. EA schritt übers Eis und setzte den Weg selbst dann fort, als es unter ihm knackte und knirschte. Tasia kicherte zuerst, forderte den kleinen Roboter dann auf stehen zu bleiben – und beobachtete entsetzt, wie er in die kalte Tiefe sank.
    Tasias Mutter hörte ihre verzweifelten Schreie und kam aus dem Pumpenhaus. Karla Tamblyn sah, was geschehen war, und suchte nach einer Lösung. Sie ließ Kabel, Haken und Metalldetektoren in die Tiefe hinab, auf der Suche nach EA, aber der Kompi sank weiter und seine Systeme froren ein, obwohl er vor widrigen Umweltbedingungen geschützt war.
    »Meine Mutter brauchte zwei Stunden, um dich zu finden«, sagte Tasia und lächelte, als sie sich daran erinnerte. »Sie holte dich unterm Eis hervor, und das Wasser an dir gefror zu einer festen Hülle. Ich bestand darauf, dich in mein Zimmer mitzunehmen, und dort ließ ich dich mit thermischen Generatoren langsam auftauen. Ich habe uns Pfefferblumentee gekocht, aber du konntest natürlich nichts davon trinken. Du warst gefroren, aber ich habe gebibbert. An jenem Tag hast du mir einen gehörigen Schrecken eingejagt.« Sie betrachtete den reglosen, aufmerksam zuhörenden Kompi. »Erinnerst du dich an irgendetwas davon?«
    »Das werde ich von jetzt an, Tasia Tamblyn.« Sie seufzte. »Es ist ein Anfang.« Es würde lange dauern, bis EA wieder der Freund sein konnte, den Tasia brauchte.

70 ZHETT KELLUM
    Im zentralen Verwaltungskomplex blickte Del Kellum auf Bildschirme, die ihm das Geschehen in den Werften zeigten. Er wirkte überaus zufrieden mit sich selbst. Zhett beobachtete die Meerengel im Aquarium und ahnte, dass ein wortreicher Vortrag ihres Vaters bevorstand. Es war immer amüsant, wenn er wegen irgendeiner Sache in einen Begeisterungstaumel geriet. Auch diesmal wurde sie nicht enttäuscht.
    »Wir haben hundertdreiundzwanzig Soldaten-Kompis aus den Kampfschiffen der TVF geborgen. Hundertdreiundzwanzig! Bei allen sind die Speichermodule gelöscht, zusammen mit einem großen Teil der alten Programmierung. Wir haben neue Basisprogramme installiert, und jetzt arbeiten die Kompis für uns, wie Helfer-Modelle.« Del schüttelte den großen, kantigen Kopf. »Wenn wir die zweiunddreißig Soldaten nur dazu bringen könnten, sich auch nur halb so nützlich zu machen.«
    Zhett zog ihren Vater auf einen Stuhl, sodass sie ihm die angespannten Muskeln in den breiten Schultern massieren konnte. »Kompis sind dazu bestimmt, hart zu arbeiten, Vater, und Roamer lernen beim Aufwachsen, zusammenzuarbeiten und Dinge zu erledigen. Aber jene Tiwis sind während ihrer Kindheit verhätschelt worden und deshalb hilflos. Sie können sich gerade mal Kaffee einschenken und sich morgens selbst anziehen.«
    »Ich erwarte also zu viel von ihnen?«, brummte Kellum. »Verdammt, wenn sie nur nicht so aggressiv wären! Ständig sind sie gereizt und klagen über Langeweile… Und doch lehnen sie Kooperation ab. Wenn die Schwerkraft bei uns nicht so gering wäre, hätten sie vom dauernden Herumsitzen längst Hämorriden bekommen.«
    Zhett lachte leise. »Dann wären sie noch mürrischer.«
    Die große schematische Darstellung an der Wand neben dem Aquarium zeigte die Orbitallinien der permanenten Einrichtungen. Helle Punkte markierten die Positionen hunderter Schiffe und Konstruktionen. Die Schirme präsentierten einen Mikrokosmos aus Schiffsbauaktivitäten, von Erzkartographen und Prospektoren bis hin zu Innenausstattern und Dekorateuren, die fertig gestellten Raumschiffen den letzten Schliff gaben.
    Die reprogrammierten Soldaten-Kompis wurden vor allem für die schwere Arbeit draußen in den Werften eingesetzt. Sie

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