Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
der flachen Hand und betrachtete es nachdenklich. Dann wurden ihre Lippen schmal, und sie warf den Gegenstand mit aller Kraft gegen die Tür.
    »Mörder!« schimpfte sie.
    »Ich habe meine Lektion gelernt«, sagte Martine langsam. »Traue keinem über dreißig Millionen.«
    Jacob stand benommen da. Sein Hochgefühl verflog allzu rasch. Wie eine Droge ließ es eine gewisse Leere zurück – es war die Rückkehr zur Rationalität und zugleich der Verlust der Totalität. Bald würde er sich fragen, ob er das Richtige getan hatte, als er in einem orgiastischen Spektakel deduktiver Logik alles auf einmal bekanntgegeben hatte. Martines Bemerkung ließ ihn aufblicken.
    »Nicht einem?« fragte er.
    Fagin schob Culla zu einem Sessel. Jacob ging zu ihm. »Es tut mir leid, Fagin«, sagte er. »Ich hätte Sie warnen und vorher mit Ihnen über alles sprechen sollen. Vielleicht wird es... Komplikationen geben, Schockwellen, an die ich nicht gedacht habe.« Er strich sich mit der Hand über die Stirn.
    Fagin pfiff leise. »Sie haben entfesselt, was Sie bislang zurückgehalten hatten, Jacob. Ich verstehe nicht, weshalb Sie seit einer Weile so auffällig zögerten, Ihre Fähigkeiten zu benutzen, aber in diesem Fall erforderte die Gerechtigkeit Ihre ganze Kraft und Energie. Wir dürfen von Glück sagen, daß Sie dem nachgegeben haben. Sorgen Sie sich nicht zu sehr um das, was geschehen ist. Die Wahrheit ist wichtiger als jeder Schaden, der vielleicht durch geringfügigen Übereifer oder durch den Gebrauch von Techniken, die vielleicht zu lange geruht haben, angerichtet werden könnte.«
    Jacob hätte Fagin gern gesagt, wie sehr er sich irrte.
    Die ›Fähigkeiten‹, die er entfesselt hatte, waren mehr als das. Sie waren eine tödliche Kraft in ihm. Er fürchtete, daß sie mehr Schaden als Nutzen angerichtet haben könnten.
    »Was, glauben Sie, wird geschehen?« fragte er müde. »Nun, ich glaube, die Menschheit wird entdecken, daß sie einen mächtigen Feind hat. Ihre Regierung wird protestieren. Wie sie es tut, wird von großer Bedeutung sein, aber die grundlegenden Tatsachen werden davon nicht berührt werden. Offiziell werden die Pila sich von Bubbacubs unglückseligen Aktivitäten distanzieren. Aber sie sind ein mürrisches, stolzes Volk – wenn Sie mir diese unangenehme und notwendigerweise unfreundliche Beschreibung einer vernunftbegabten Bruderspezies verzeihen wollen.
    Dies wird nur ein Ergebnis der Kette von Ereignissen sein. Aber seien Sie nicht übermäßig besorgt. Sie haben ja nicht die Schuld daran, daß dies so ist. Sie haben der Menschheit diese Gefahr lediglich bewußt gemacht. Das aber wäre so oder so geschehen. Es ist noch jeder Wölflingsrasse geschehen.« »Aber warum?«
    »Das, mein hochgeschätzter Freund, ist eines der Dinge, die zu erkunden ich hier bin. Es mag ein geringer Trost für Sie sein, aber bitte vergessen Sie dennoch nicht, daß es viele gibt, die es gern sehen würden, wenn die Menschheit überlebt. Einigen von uns... liegt sehr viel daran.«

20. Moderne Medizin
    Jacob preßte die Stirn gegen den Gummirand des Okulars am Netzhautlesegerät, und wieder sah er, wie der einsame blaue Punkt schimmernd vor einem schwarzen Hintergrund tanzte. Diesmal versuchte er, seinen Blick nicht darauf zu konzentrieren und die quälende Andeutung einer geistigen Verbindung zu ignorieren, während er auf das dritte tachistoskopische Bild wartete.
    Es blitzte unvermittelt auf. Jäh war sein ganzes Gesichtsfeld von einem 3-D-Bild in stumpfen Sepiatönen ausgefüllt. Was sich ihm in diesem ersten, unscharfen Augenblick präsentierte, war eine ländliche Szene. Eine Frau befand sich im Vordergrund, drall und wohlgenährt, deren altmodische Röcke flatterten, als sie dahinrannte. Dunkle, dräuende Wolken ballten sich am Horizont über einem Bauernhof an einem Hügelhang. Links waren Leute zu sehen. Sie tanzten... nein, sie kämpften miteinander. Es waren Soldaten. Ihre Gesichter waren erregt – und voller Angst? Die Frau hatte jedenfalls Angst. Sie hatte die Arme über den Kopf gehoben und flüchtete vor zwei Männern in Rüstungen aus dem siebzehnten Jahrhundert, die ihre Steinschloßgewehre mit spitzen Bajonetten in die Luft reckten. Ihre...
    Die Szene verschwand, und der blaue Punkt war wieder da. Jacob schloß die Augen und richtete sich auf.
    »Das war’s«, sagte Dr. Martine. Sie beugte sich ein paar Schritte weit entfernt über eine Computerkonsole. Neben ihr stand Dr. Laird. »In einer Minute haben wir Ihr

Weitere Kostenlose Bücher