Sonnentaucher
hereinbrach. Als die Vereinigten Staaten im Bürgerkrieg lagen, tobte er auch unter den Cherokee. Der Bruder tötete den Bruder, als die Freiwilligen Indianertruppen der Konföderierten auf die Indianerbrigade der Union stießen. Sie kämpften ebenso leidenschaftlich wie die Weißen und meist mit größerer Disziplin als diese. Und in diesem Kampf wurde auch ihre neue Heimat verwüstet.
Später gab es Probleme mit Banditen, mit Krankheiten und mit neuen Landnahmen. Ihr Stoizismus trug ihnen bei einigen den Namen ›Indianerjuden‹ ein. Während andere Stämme sich in Verzweiflung und Apathie im Angesicht der Verbrechen, die gegen sie begangen wurden, schließlich auflösten, hielten die Cherokee ihre Tradition der Selbstgenügsamkeit aufrecht.
Sie erinnerten sich an Se-quo-yi. Vielleicht als Symbol für den Stolz der Cherokee gab man seinen Namen einem bestimmten Baum, der in den nebligen Wäldern Kaliforniens gedeiht. Dem größten Baum der Welt.
Aber dies alles lenkt uns ab von der Torheit der Cherokee. Zwar half ihnen ihr Stolz, die Plünderungen des neunzehnten und die Vernachlässigung des zwanzigsten Jahrhunderts zu überleben, aber er hinderte sie auch daran, an der ›Indianertröstung‹ des einundzwanzigsten teilzuhaben. Sie wiesen die kulturellen Reparationen, die die amerikanischen Regierungen aus der Zeit vor der Bürokratie ihnen anboten, zurück – Reichtümer, mit denen man die Überreste der indianischen Nationen überhäufte, um das zarte Gewissen der aufgeklärten, gebildeten Öffentlichkeit jener Ära, die man heute ironisch als ›Indianersommer‹ bezeichnet, zu erleichtern.
Sie weigerten sich, Kulturzentren zu errichten, in denen sie ihre uralten Tänze und Rituale vollziehen sollten. Während andere Indianernostalgiker prä-kolumbianische Flöße rekonstruierten, um den ›Kontakt zu ihrem Erbe wiederherzustellen‹, fragten die Cherokee, weshalb sie alte Tin Lizzies ausgraben sollten, wenn sie statt dessen eine eigene, ganz besondere Version der amerikanischen Kultur des einundzwanzigsten Jahrhunderts etablieren könnten. Gemeinsam mit den Mohawks und einzelnen Gruppen aus anderen Stämmen kauften sie sich mit den Reparationen der ›Indianertröstung‹ und der Hälfte ihres Stammesvermögens in die Liga der Kraftsatelliten ein. Ihre stolze Jugend verließ die Erde, um die Städte im All mitzubauen, so wie ihre Großväter mitgeholfen hatten, die großen Städte Amerikas zu bauen. Die Cherokee vergaben die Chance, reich zu werden, und erhielten einen Anteil am Himmel. – Und wieder bezahlten sie einen furchtbaren Preis für ihren Stolz. Als die Unterdrückung der Bürokratie begann, rebellierte die Liga. Junge Männer und Frauen von glänzender Begabung, der Schatz ihrer Nation, starben zu Tausenden an der Seite ihrer Brüder im All – die Kinder Andy Jacksons und seiner Sklaven. Die Liga-Städte, die sie gebaut hatten, wurden dezimiert. Die Überlebenden durften im Weltraum bleiben, aber nur, weil jemand da sein mußte, der den sorgsam ausgewählten Ersatzbewohnern, die von der Bürokratie hinaufgeschickt wurden, zeigte, wie man dort lebte.
Auch auf der Erde hatten die Cherokee zu leiden. Viele von ihnen beteiligten sich am Verfassungsaufstand. Als einzige unter den Indianernationen wurden sie, wie die VietAms und die Minnesotaner, als Gruppe bestraft. Der zweite ›Marsch der Tränen‹ war so traurig wie der erste. Aber diesmal hatten sie Gesellschaft.
Natürlich ging die erste Generation der skrupellosen Bürokraten irgendwann dahin, und es begann die Ära der wirklichen Bürokraten. Der Hegemonialmacht ging es um Produktivität, nicht um Rache. Die Liga konstituierte sich unter Aufsicht neu, und eine reiche, neue Kultur entwickelte sich in den O’Niel-Kolonien, beeinflußt von den Überlebenden der ursprünglichen Erbauer.
Auf der Erde kommen die Cherokee noch heute zusammen, lange nachdem die meisten anderen Stämme in der kosmopolitischen Kultur oder in musealer Beschaulichkeit aufgegangen sind. Sie haben ihre Lektion noch immer nicht gelernt. Wie ich höre, ist ihr neuester verrückter Plan ein gemeinsames Projekt mit der VietAms und der IsraelAPU. Sie wollen die Venus terraformen. Das ist natürlich lächerlich.
Aber um all das geht es nicht. Wenn mein Vorfahre, Se-quo-yi und sein Volk, sich völlig an die Lebensweise der Weißen angepaßt hätten, dann hätten sie dadurch ein Plätzchen in deren Kultur erringen können, wenn auch ein bescheidenes, und sie wären
Weitere Kostenlose Bücher