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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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friedlich darin aufgegangen, ohne zu leiden. Wenn sie sich mit konsequenter Hartnäckigkeit zur Wehr gesetzt hätten, wie viele ihrer indianischen Nachbarn es getan haben, hätten sie zwar gelitten, aber schließlich durch die Freundlichkeit späterer Generationen des Weißen Mannes einen Platz in der übrigen Gesellschaft erhalten. Statt dessen aber hatten sie versucht, eine Synthese zwischen den offenkundig guten und mächtigen Aspekten der westlichen Zivilisation und ihrem eigenen Erbe zu finden. Sie experimentierten, waren wählerisch. Sechshundert Jahre lang stocherten sie in ihrem Essen herum und litten dafür mehr als jeder andere Stamm.
    Die Moral meiner Geschichte dürfte auf der Hand liegen. Wir Menschen stehen heute vor einer Wahl, die derjenigen gleicht, mit der sich damals die Indianer konfrontiert sahen. Sollen wir wählerisch sein, oder sollen wir mit ganzem Herzen die gewaltige, Milliarden Jahre alte Kultur übernehmen, die uns die Bibliothek anbietet? Jeder, der darauf drängt, wählerisch zu sein, soll sich an die Geschichte der Cherokee erinnern. Ihr Marsch war lang, und er ist noch nicht zu Ende.«
    Es blieb lange still, nachdem Jacob geendet hatte. Bubbacub beobachtete ihn unverwandt mit seinen kleinen schwarzen Äuglein. Culla starrte vor sich hin. Dr. Martine hatte den Blick zu Boden gerichtet, und nachdenkliche Falten bildeten sich auf ihrer Stirn.
    Dubrowsky, der Techniker, hielt sich im Hintergrund. Einen Arm hatte er schräg über die Brust gelegt, und die Hand umfaßte die Schulter. Die andere Hand bedeckte seinen Mund. Falten kräuselten sich um seine Augen – lachte er etwa lautlos?
    Wahrscheinlich ein Mann der Liga; der Weltraum wimmelt von ihnen. Ich hoffe nur, er hält den Mund darüber. Ich habe so schon genug riskiert.
    Seine Kehle war wie ausgedörrt. Er setzte die LiquiTube an die Lippen und trank in tiefen Zügen von dem Orangensaft, der von seinem Frühstück übrig war.
    Schließlich verschränkte Bubbacub seine beiden kleinen Hände im Nacken und richtete sich auf. Er sah Jacob einen Moment lang an.
    »Gu-te Ge-schich-te«, schnappte er dann. »Ich werde Sie bit-ten, sie für mich auf-zu-zeich-nen, wenn wir zurück-kommen. Ent-hält gute Leh-ren für Er-den-volk. Aber ich hät-te ei-ni-ge Fra-gen da-zu, jetzt oder spä-ter. Man-ches ver-ste-he ich nicht ganz.«
    »Wie Sie wünschen, Pil Bubbacub.« Jacob verneigte sich und versuchte, sein Grinsen zu verbergen. Nur schnell das Thema wechseln, bevor Bubbacub anfangen konnte, sich nach irgendwelchen vertrackten Details zu erkundigen. Aber wie?
    »Auch mir hat die Geschichte meines Freundes Jacob gefallen«, flötete eine Stimme hinter ihm. »Als ich in Hörweite kam, habe ich mich so leise wie möglich genähert. Ich bin froh, daß meine Anwesenheit den Erzähler nicht gestört hat.«
    Erleichtert sprang Jacob auf.
    »Fagin!« Alle erhoben sich, als der Canten auf sie zuglitt. In dem rubinroten Licht sah er kohlschwarz aus. Seine Bewegungen waren langsam.
    »Ich möchte Sie alle um Vergebung bitten. Meine Abwesenheit war unvermeidlich. Die Kommandantin hat sich gnädigerweise bereiterklärt, mehr Strahlung durch die Abschirmung dringen zu lassen, damit ich mich nähren konnte. Aber Sie werden verstehen, daß sie dies nur auf der unbesetzten Unterseite des Schiffes tun konnte.«
    »Allerdings.« Martine lachte. »Wir wollen uns hier ja keinen Sonnenbrand holen.«
    »Ganz recht. Dennoch – es war so einsam dort, daß ich froh bin, wieder Gesellschaft zu haben.«
    Die Zweifüßler setzten sich hin, und Fagin ließ sich auf das Deck sinken. Jacob nutzte die Gelegenheit, sich aus der Bredouille zu retten. »Fagin, wir haben uns gegenseitig Geschichten erzählt, um uns die Zeit bis zum Beginn des Surfens zu vertreiben. Vielleicht können Sie uns eine über das Institut des Fortschritts erzählen?«
    Der Canten raschelte mit seinem Laub. Eine kurze Pause trat ein. »Ach, Freund-Jacob ... im Gegensatz zur Bibliothek ist das Institut des Fortschritts eine unbedeutende Gesellschaft. Schon der Name ist mangelhaft übersetzt, denn in Ihrer Sprache gibt es keinen ganz treffenden Ausdruck dafür. Unser kleiner Orden wurde gegründet, damit er eine der geringsten Auflagen erfülle, welche die Progenitoren den ältesten Völkern hinterließen, als sie vor so langer Zeit die Galaxis verließen. Grob formuliert, lautet unser Auftrag, alle ›Neuheit‹ zu achten.
    Vielleicht ist es für eine Spezies wie die Ihre – für Waisen sozusagen –,

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