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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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allgemeinen Überwachung …«
    »Sie hat die Melodie gewechselt«, sagte die Direktorin verbindlich. »Oder sollten wir uns die ganze Zeit verhört haben? Wie enttäuschend, wenn uns böse Geister genarrt hätten.«
    Ein Zittern lief durch das Schiff, und die Weise von Kanfa schenkte ihm ein offenes Lächeln.
    Mister Spinner nahm die Brille ab und putzte die Gläser. »Ja«, sagte er. »Enttäuschend. Sehr. Gnädige Frau, es tut mir leid, aber ich muss Ihre Meditation unterbrechen. Danke für den Tee.« Er erhob sich. Er musste zurück auf seinen Posten, bevor sie ihm erklärte, dass sie alle Parasiten in den Eingeweiden eines riesigen raumfahrenden Ungeheuers waren.
     
    Im Thalamus-Büro beobachtete Leutnant Rykow die beiden kleinen Figuren auf dem Schirm. Also ging Kanfa aufgrund antiquierter Instrumente und mystischer Texte davon aus, dass Plenty sie zu einem programmierten Bestimmungsort gebracht hatte. Im Grunde das, was Käpt’n Jute in ihrem letzten verständlichen Gefasel gesagt hatte. Die Obristin würde nicht erbaut sein, dass der Erste Offizier ausgerechnet bei Mystikern Rat
suchte; und das ohne ihr Wissen. Vielleicht brachte sie das auf die Idee, Mister Spinner beizeiten durch jemand Verlässlicheren zu ersetzen - durch Leutnant Rykow zum Beispiel.
    »Vielleicht haben uns böse Geister genarrt« , sagte die grauhaarige Frau mit der Teekanne zu dem Mann, der seine Brillengläser putzte. »Vielleicht ist die einzige zuverlässige Karte ein leerer Bogen Papier.«
    Auch auf einem anderen Schirm putzte dieser Mann seine Brillengläser, aber in einem kleineren Raum und im Stehen. Das war eine frühere Aufnahme. Leutnant Rykow rief noch einmal den Moment auf, da der Erste Offizier sich endlich entschlossen hatte, dem Käpt’n zu gestehen, dass er nicht mehr aus noch ein wusste. »Wenn es sich um Alpha handelt«, sagte er zu ihr , »wo ist dann Proxima?«
    Die Obristin hatte laut aufgelacht, als sie sah, was für ein Gesicht Käpt’n Jute machte. Sie hatte die Szene herausnehmen und vergrößern lassen und ihren Vorgesetzten beim nächsten Treffen vorgespielt. »Haben Sie jemals erlebt«, hatte sie zu guter Letzt gefragt, »dass eine schwarze Frau weiß wird?«
    Leutnant Rykow befingerte seine Kinnlade. War das wirklich nicht Proxima, was die bildgebenden Verfahren lieferten? Eine Jungfernfahrt mit einer unerfahrenen Crew. Wie konnte man da sicher sein? Was, wenn sich herausstellte, dass sich das Ego irrte und sie in einem System materialisierten, das den Frasqui gehörte? Gab es einen Kampf, den sie gewinnen konnten? Sein Fähnrich störte die martialischen Betrachtungen mit einer Nachricht von Agent E.
     
    Ein paar Jahre zuvor hatten Trittgold-Systeme im terranischen Raum das kybernetische Projekt Palästrina aufgezogen, mit dem sie schmählich scheitern sollten. Palästrina, ein wahres Bündel
an Selbstbewusstsein, strengte nämlich einen Autonomie-Prozess gegen Trittgold an, und zwar wegen gesetzeswidriger Einschränkungen der Entität. Die Eladeldi gaben der Klage statt und ordneten die Verlegung von Palästrina auf einen unbewohnten Asteroiden an. Für ein paar kurze Monate, bevor die Capellaner intervenierten, hatte Palästrina diesen kahlen Basaltbrocken regiert und einen rostigen Hofstaat exilierter Gepäcktrucks, emigrierter Hosenbügler und abtrünniger Industriemaschinen um sich versammelt.
    Seit Palästrinas Regentschaft waren nicht mehr so viele Roboter versammelt gewesen wie heute in der Ersten Interstellaren Kirche von Christus dem Silikoniten. Verkehrsstelzer und automatische Bohrer, Kettensäger, Kampfsimuloiden, allesamt Reihe um Reihe, tief gestaffelt vor dem Altar. Im Stand-by-Modus, ein süßes stählernes Summen summend, erwarteten sie den Segen ihres Hierophanten und ihre Öltaufe.
    »Gaudeamus automata« , stimmte ein tausendstimmiger Chor an. »Nunc hic sumus dedicata.« Fleisch und Blut waren auch versammelt, um die Zeremonie zu sehen: Reporter, Protestler und Gläubige. Alle staunten über die schiere Vielzahl von Maschinen. Natürlich fehlten sie irgendwo, waren aber längst außer Reichweite der Erweiterungsmodule der Zweiten Integration. Über ihre Herkunft und ihre Zugehörigkeit wurde heftig diskutiert.
    Viele der Zuschauer trugen Schutzmasken wegen der schlechten Luft. Zurzeit war es Mode, die Masken fantasievoll auszugestalten, zu Tieren und Insekten, Androiden und Cherubim. Sie sahen mehr nach Karneval aus als nach einem religiösen Anlass. Frösche fotografierten,

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