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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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scheußlich und trug den Hauch des Todes in sich.
    »Allmählich verstehe ich«, sagte der Cherub und füllte die Öffnung der Burg mit blutrotem Licht. Der Schatten der Fliegenden Untertasse huschte wie der negative Schein eines Spotlights über den Boden. Er glitt über die Katze, die gespannt in das stumme Loch starrte. Im nächsten Augenblick sprang sie in die Wasserrinne und verschwand unter dem Boden.
    »Nein.« Johanna versuchte Dodger zurückzuhalten.
    Dodger nahm sie flüchtig in die Arme. »Odin freut sich«, sagte sie und ließ sich in das Loch hinab.
    Der Grund war pulvrig, die Matrix durch ständige Beanspruchung erodiert. Das Licht von Xtaskas unkonventionellen Innereien ließ Fragmente erkennen: Knochensplitter und Glasscherben.
    »Beeilung«, sagte der Cherub. »Mir geht der Strom aus.«
    »Du bleibst, wo du bist«, rief Dodger zu Johanna hinüber.
    »Ich komme«, sagte Johanna in einem Anflug von Panik.
    Käpt’n Gillespie zog die Nase hoch und fluchte. Dann duckte sie sich und zwängte sich in den kotverkrusteten Tunnel. Die Luft war verpestet. Alles war verpestet. »Ich komme nach«, hörte sie Xtaska hinter sich sagen. »Auf mich müsst ihr nicht warten.« Dann war Johanna da und drängelte.
    »Mann, mach voran, Dodger, ich krieg die Krätze!«
    Die beiden Frauen robbten, krabbelten, benutzten Hände und Knie, wo sie konnten. Nichts, weder die Stille noch der Hauch
des Todes konnten die Angst zerstreuen, dass ihnen etwas Bissiges entgegenkam: Keck, Frasqui oder Wildkatze. Käpt’n Gillespie krabbelte mit der Waffe unterm Arm. Vermutlich würde sie niemanden auch nur eine Sekunde lang abschrecken, aber mehr Abschreckung hatten sie nicht.
    Sie sahen nur Knochen und verschrumpelte Keckkadaver. Wie eine Kette aus dreieckigen, gelben Perlen wanderten die Wirbel einer längst verwesten Schlange zwischen ihren Knien nach hinten.
    Nicht lange, und sie befanden sich in Katakomben tief unter der Burg. Die Luft war stickig und elektrisch aufgeladen. Die Härchen auf Johannas Armen kitzelten. Sie hasste die Matrix, die sie umschloss. Sie schien jetzt zu vibrieren, als sei jede Aktivität mit einem Mal greifbar. Vielleicht bewegten sie sich auf irgendeinen privaten Generator zu. Johanna war erschöpft und hatte das Kriechen auf Händen und Knien satt. Sie legte die Wange an den Boden. Der Boden war kühl. Sie hätte einschlafen und bis zum »Wiedereintritt« schlafen können, aber sie hob den Kopf und krabbelte tapfer weiter.
    Plötzlich hielt Dodger inne, so plötzlich, dass Johannas Helm einen Auffahrunfall hatte.
    »Da ist sie«, wisperte Dodger. Sie blickte einen Spalt hinunter. »Komm her.« Es gab gerade noch Platz, um aneinander vorbeizukommen. Johanna sah Dodgers Gesicht. Durch den Spalt drang Licht nach oben.
     
    Sie blickten in eine niedrige Höhle. Diese ähnelte einem altairischen Trödelladen. Kühlschlangen und Kupplungsmagnete für Raumzüge, Miniaturbild-Tableaus aus hundert Holospiegelchen, private Anzeigenprojektoren, alles schön verteilt und miteinander vernetzt. Eine einzige komplexe Installation und
mitten in dem Gespinst, in einem Meierstein-Null- g -Pilotennetz lag jemand mit schwarzem Ledermantel und UV-Schirm. Käpt’n Gillespie drückte einen Knopf an ihrem Armbandset. Über das gesprungene Display flackerten trübe Standbilder aus dem Hippokampus: eine winzige Figur, deren Mantelschöße sich wie schwarze Vogelschwingen ausnahmen, an eine dunkelrote Oberfläche geklammert wie Graf Dracula, der die Nacht zum Tag machte.
    »Das ist sie, okay.«
    Johanna machte große Augen. Da waren die Leitungen und das Pilotennetz und Leitungen, die in das Netz hinein- oder herausliefen; und im Netz ein ansehnliches Bündel Halsketten und eine wüste dunkelrote Kraushaarmähne.
    »Wir erschießen sie doch nicht?«, wisperte Johanna. Es war das erste Mal, dass sie diese Möglichkeit erwähnte. »Auf keinen Fall, hörst du? Nicht schießen!«
    Käpt’n Gillespie zeigte auf die rote LED, die am Gewehrschaft blinkte. »Leer«, wisperte sie. »Wir tun überhaupt nichts, solange sie angeschlossen ist.« Sie sah sich mit zusammengekniffenen Augen um. »Der ganze Spielzeugladen könnte ein einziges Verteidigungssystem sein.« Da waren all die gestohlenen Spiegel, Hunderte, schön aufgereiht in Illustriertenständern, Verkaufskarussells und Supermarktregalen. Sie blickten alle zur einen oder anderen Wand. Die Wände glitzerten. Pures Analogmaterial, begriff Johanna.
    »Kein Wunder, dass die Kecks sich

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