Sonntag bis Mittwoch
vorgekommen. Oder hatte es mir wenigstens vorgemacht.
Ich erhob mich. Ich wollte es wissen. Ich rückte die Krawatte zurecht. Ich mußte Bescheid wissen, also würde ich Donald besuchen. Völlig logisch. Vernünftig. Wenn Wilby nicht verschwinden will ohne Jenny, mit oder ohne Geld, dann gab es nur eine Lösung: Jenny zurückbringen. Dafür sorgen, daß er mit Jenny verschwand. Wie? Ich ging zur Tür. Mindestens will ich ergründen, ob sie bei Donald ist.
Der Summer: durchdringend, nervenzerreißend. Als ich am Schreibtisch die Taste drückte, zitterte ich wieder am ganzen Körper. »Ja, Phoebe?«
»Mr. Wyatt, ein Mr. Chenery möchte Sie sprechen. Er hat keinen Termin, aber Mr. Brant hat ihn gebeten, sich so bald wie möglich bei ihnen zu melden.«
Der Privatdetektiv. Ich holte Atem, flach und verkrampft. »Schicken Sie ihn herein, bitte.« Na, der hatte sich wirklich beeilt. Henry ebenfalls.
Ich zog mich in meinen Sessel zurück und konnte mich beim Anblick des Mannes, der eintrat und sich den Schweiß von der Stirn wischte, des Eindrucks nicht erwehren, mich zu irren, vielleicht den Namen falsch verstanden zu haben. Dieser Mann war sicherlich ein Versicherungsvertreter oder sammelte Spenden für einen wohltätigen Zweck. »Schwül, was? Aber weniger Luftfeuchtigkeit als gestern.« Seine Stimme klang sanft, war kaum hörbar. Er streckte mir eine Hand hin – schweißnaß, schlaff, schwammig –, und ich schüttelte sie. Nach einem unverbindlichen Lächeln spazierte er neugierig im Büro herum: ein schlanker, ziemlich kleiner Mann in einem gestreiften Anzug mit schütterem, glatt zurückgekämmtem grauen Haar. »Ich schätze Besprechungen in Büros gar nicht, Mr. Wyatt. Wie leicht kann da jemand mithören. Können Sie mir folgen?«
Teufel, ja, durchaus. Warum nicht. Entweder konnte ich ihm folgen, oder ich verlor mein letztes bißchen Verstand. Ich mußte fast lächeln.
Wir gingen zur Tür und an Phoebe vorbei, während er diskret schwieg. Auf dem Bürgersteig ergriff er wieder das Wort. »Ich ziehe öffentliche Lokale für private Aussprachen vor.«
»Gehen wir doch spazieren.« Das schien mir noch am erträglichsten. Der Mann kam mir noch immer unwirklich vor. Aber was war schon Wirklichkeit?
Chenery stimmte erleichtert zu. »Das ist eine glänzende Idee.« Er paßte sich meinem Schritt an. »Also, Mr. Brant hat mich in einige Details eingeweiht. Aber wie ich ihm schon sagte, ziehe ich vor, nicht zu viel zu wissen. Ich weiß, daß zwei Personen sich bei Ihnen eingeschlichen haben – wohl seit Sonntagabend. Er erwähnte auch Drohungen – Genaueres will ich nicht hören –, die Sie nicht von der Hand weisen können. Also die einfachste Lösung ist immer, einen oder beide umzulegen. Einige meiner Leute weigern sich, eine Frau umzubringen, aber ich habe eine Menge Mitarbeiter. Wir könnten es als Bandenmord tarnen, dann sieht die Polizei nicht so genau hin. Obgleich das Mädchen ein Haar in der Suppe bedeutet. Die Daily News macht von Morden an Mädchen immer ziemlich viel her, wie Sie wissen. Besondern, wenn die Person sexy ist, und das trifft wohl zu. Dann gibt es noch eine andere Möglichkeit. Kostet mehr, aber lohnt sich. Ist auf lange Sicht auch sauberer. Wir könnten die Leichen ein für allemal verschwinden lassen. Das sind lediglich Vorschläge. Ich richte mich ganz nach Ihnen. Geld regiert die Welt. Können Sie mir folgen?«
Konnte ich ihm folgen? War irgendwer dazu in der Lage? Ist die Wirklichkeit wirklich? Existiert sie tatsächlich?
»Ah, das Rockefeller Center«, sagte Chenery genießerisch. »Da war ich schon lange nicht mehr … Wenn Sie allerdings wegen des Briefes, den Mr. Brant erwähnte, Hemmungen haben – den können wir ihm schon abnehmen.«
»Mr. Chenery«, erwiderte ich mit schwacher Stimme, während mich das Bedürfnis nach Alkohol mit Macht überfiel, »Mr. Chenery, ich will niemand umgelegt haben.« Entsprach das aber der Wahrheit? War mir nicht heute klar geworden, daß darin der einzige Ausweg lag? … Zwei Jahre, fünf, vielleicht zehn – mir is gleich, wie lang –
»Niemand will das gern«, versicherte er mir. »Und ich gebe zu, daß die meisten Leute Skrupel haben. Aber ich weiß aus Erfahrung, daß es manchmal die vernünftigste Lösung ist.«
Wie, wenn der Mann recht hatte? Wenn ich mir hier eine Chance entgehen ließ?
»Ich will nicht behaupten, es gäbe keine anderen Methoden. Wir könnten sie zusammenschlagen, alle beide, wenn das hilft. Von ein paar
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