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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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würde, den du liebst. Aber wie steht's mit dem Menschen, den du liebst? Wie, wenn er, oder sie, lieber mit dem Kummer als mit der Lüge leben möchte? Wie Lydia, die die Wahrheit verlangen würde, gleichgültig, wie sehr sie sie auch trifft. Wieso ist mir diese andere, tiefere Integrität an ihr bis jetzt entgangen?
    Wieder der Summer.
    »Ja, Phoebe?«
    »Mr. Smith ist am Apparat. Wilbur Smith.« Der gleiche Wilbur Smith, der gestern nachmittags anrief, um zu melden, daß seine Frau die Operation überstanden habe, als sei nichts geschehen.
    »Stellen Sie durch.«
    Warum rief Wilby an? Aber es fiel mir ein, noch ehe er den Mund aufmachte.
    »Wo ist Jenny?«
    »Jenny?« fragte ich. »Jenny Smith oder Jenny Birchard?«
    Er knurrte. »Ich bin nicht in der Laune für Spielchen! Jenny is nich in ihrem Zimmer!«
    Ich hörte den verzweifelten Unterton in seiner Stimme. Jenny-Baby! Ich tue doch alles nur für dich! Alles! Nur für dich! Wußte er deshalb so genau, wie er mich nehmen mußte? Wegen seiner eigenen Gefühle für Jenny?
    »Biste noch da, Mann?« Ein heiseres Flüstern – voller Angst.
    »Ja, ich bin da.« Da, du Bastard. Jetzt kommst du ins Schwitzen! »Mann, nun red doch endlich!«
    »Wo glauben Sie denn, daß sie steckt?« erkundigte ich mich.
    Ein Brummen. Dann: »'s wär 'n Fehler, wennde sie einbuchten läßt. 'n großer!«
    »Das wäre nur ein Fehler mehr.« Ein Anflug von Grausamkeit – und Befriedigung. »Ja, vielleicht ist sie verhaftet.«
    »Meinste –« Er unterbrach sich, und ich vernahm seine schweren Atemzüge. »Haste sie versteckt, Paps? Willste sie für dich allein?« Paps, ich hab' dich gewarnt! Laß Jenny in Frieden.
    »Schon möglich«, erwiderte ich.
    »Du dreckiger Hund!« kreischte er. »Schaff sie her, bring sie her! Weil ich nämlich bleibe, bis sie da ist!«
    Meine Genugtuung verebbte, wurde zu Panik. »Ich bekomme das Geld nach dem Mittagessen.«
    »Geld? Geld? Hör zu, Mann, ich bleibe. Ich bleibe immer und ewig, wenn du sie nicht herschaffst!«
    »Vergessen Sie nicht, die verdammte Katze zu füttern!« brüllte ich in den Hörer. »Bleiben Sie ruhig dort, bis Sie ganz übergeschnappt sind!« Ich warf den Hörer mit einem Klappern auf die Gabel. Und stand zitternd da. Ein fürchterliches Triumphgefühl schüttelte mich: Er war jetzt einsam, wie ich, und stand vor dem Nichts.
    Wie ich?
    Da kam mir ein Gedanke: Phoebe, mißtrauisch wie sie war, hatte gelauscht. Schnell umrundete ich den Schreibtisch, marschierte zur Tür und wollte sie eben aufreißen.
    Doch da bremste ich mich. Du hast dich in letzter Zeit von einer Menge Unterstellungen leiten lassen. Und du gehst weiter von solchen Unterstellungen aus … dann bleibt von dir nur noch die äußere Schale übrig … Lydia wird dich nicht mehr wiedererkennen. Mit der Hand auf der Klinke fragte ich mich: Hat sie zugehört? Ich mußte es wissen! Nein! Ich mußte mich an Henrys Rat halten: mich zusammenreißen. Ich ließ die Klinke los und lehnte mich an die Tür.
    Dann schlurfte ich langsam und benommen an den Schreibtisch zurück. Das Zittern hatte etwas nachgelassen. Ein gutes Omen oder wieder eine trügerische Hoffnung?
    Hm … übrigens … soll ich sie … wieder hierherbringen?
    Ich schlug Donalds Privatnummer in meinem Notizbuch nach, wählte mit erstaunlich sicheren Fingern das Amt und dann die Nummer. Und wartete, während das Rufzeichen immer wieder in nervenzermürbenden Zwischenräumen ertönte. Dabei gaukelten mir Bilder vor, Donald und Jenny in der Wohnung, trinkend, wahrscheinlich im Bett. Keine Antwort. Ich legte auf und wiederholte die Prozedur, diesmal mit seiner Firmennummer. Ich fragte mich, wie meine Stimme klingen würde, ob ich sie unter Kontrolle hatte.
    »Abbott, McCaslin und Lynch.«
    Ich ließ mich mit Donalds Büro verbinden und meldete mich. »Mr. Abbott, bitte. Hier spricht Wyatt.«
    »Oh, Mr. Wyatt, tut mir leid, aber Mr. Abbott ist heute nicht da. Er rief heute morgen an, er ist krank. Wahrscheinlich können Sie ihn zu Hause erreichen, falls es dringend ist. Kennen Sie die Nummer?«
    »Es ist … nichts Dringendes«, hörte ich mich sagen – nun mit einem deutlichen Beben in der Stimme. »Vielen Dank.«
    »Keine Ursache, Mr. Wyatt.«
    Da saß ich und hielt den tutenden Apparat in der Hand. Nicht dringend. Nicht im geringsten! Immerhin hatte ich mir dies nicht eingebildet! Nicht, wenn Donald daheim geblieben war. Schwacher Trost. Und vor einer knappen halben Stunde war ich mir geheilt

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