Sonntag bis Mittwoch
der Treppe rief ich noch einmal.
Ich war bereits halb oben, als eine Tür im Zeitlupentempo aufschwang.
Zuerst erschien Donalds zerzauster Kopf. »Ach, Sie sind's.« Einen Morgenrock um seinen schwammigen Körper gezogen, kam er heraus, ohne einen Blick nach hinten. »Aber, aber, Sie brauchen nicht zu klopfen, kommen Sie ruhig herein, wie gestern abend. Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause!« Er schaute auf mich herab und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Sie wollen mir wohl die hundert Dollar zurückzahlen, die Sie mir schulden.« Er stieg die Treppe herab, und ich wich vor seiner Masse zurück.
Am Fuß der Treppe blieb er stehen und betrachtete das zusammengeknüllte Kleid. Dann sah er auf, und seine normalerweise freundlichen Augen funkelten wachsam und ungehalten. »Was wollen Sie eigentlich, Adam?«
»Mit Jenny reden.«
Seine wulstigen Lippen lächelten herablassend. »Mein guter Junge, meinen Sie, weil sie und ich –« Aber er wußte, daß ich auf diesen Schwindel nicht hereinfallen würde, unterbrach sich und fragte schroff: »Weswegen?«
»Ist das etwa Ihre Sache?« Im gleichen Moment, vielleicht wegen des Tons seiner Frage, glaubte ich, ein neues und möglicherweise bedrohliches Element in dem Gesamtbild zu spüren.
»Ja«, antwortete Donald. »Durchaus.«
»Ich möchte sie trotzdem sprechen«, sagte ich und ging an ihm vorbei die Treppe hinauf.
»Sie will nicht mit Ihnen reden, alter Freund.«
»Jenny!« bellte ich. »Komm 'raus!«
Unten durchquerte Donald das Wohnzimmer und starrte zu mir hinauf. »Ihre Manieren lassen in letzter Zeit sehr zu wünschen übrig –«
Aber er brach ab, als sich oben die Tür öffnete. Jenny erschien. Sie trug die Jacke eines Schlafanzuges von Donald; darunter schimmerten ihre Beine rund und braun im Sonnenschein. Sie trug Donalds braunen Siamkater auf dem Arm – den Namen konnte ich mir nie merken –, und sie lächelte. Ich empfand kaum noch Abscheu oder Ekel. Ihr Ausdruck war nicht minder selbstzufrieden als der der Katze.
»Wilby«, sagte ich, »wird das Geld in einigen Stunden haben.«
Sie schaute mir mit einer wissenden, überheblichen Verachtung in die Augen, die, ob sie das nun wußte oder nicht, darauf abzielte, die Urangst des Männchens zu beleben, welche ich derzeit nicht mehr empfinden konnte. Im Augenblick schien mir meine Potenz oder Impotenz völlig nebensächlich.
»Einhundertzwanzigtausend Dollar«, fuhr ich fort.
»Das sind 'ne Menge Piepen«, sagte Jenny.
»Das kann man wohl behaupten«, erwiderte ich, während Donald von unten zuhörte. »Es sind die Ersparnisse meines ganzen Lebens, wahrscheinlich die dickste Erpressungssumme, die du und Wilby-Baby jemals einem Dummen abgenommen habt.«
Jenny schaute an mir vorbei und trat dann vor, um Donald sehen zu können. Dabei berührte sie mich absichtlich. Ich spürte ihren Körper, aber es beeindruckte mich nicht mehr.
»Ich habe keine Ahnung, wovon er redet«, wandte sie sich an Donald. »Ich will's Ihnen erklären«, sagte ich, neben ihr am Geländer stehend, zu Donald, der mit zurückgeworfenem Kopf heraufblinzelte. »Ihr Bruder – falls es ihr Bruder ist – plündert mich aus. Bis auf den letzten Heller.«
»Und … lassen Sie es ihm durchgehen?«
»Wenn ich die Polizei einschalte, beabsichtigt er, Anne oder Lydia, oder alle beide, umzubringen. Oder Schlimmeres. Wozu er durchaus imstande ist.«
Jenny stieß einen ihrer dschungelhaften Schreie aus und rannte die Treppe hinunter. »Er lügt. Adam lügt, Liebling!«
»Wenn er ins Gefängnis gesteckt wird«, fuhr ich fort, »dann will er einfach warten, bis er freikommt.«
Dies ließ selbst Donald zusammenzucken; er runzelte die Stirn, aber Jenny funkelte mich böse an.
»Du verlogenes Miststück! So etwas hat er nie behauptet!« Dann zu Donald: »Du kennst Adam nicht. Du weißt nicht, wie er lügen kann.«
»Donald«, sagte ich, »Sie haben Jenny gestern abend kennengelernt. Wem von uns beiden wollen Sie glauben?«
Er brauchte lange zu seiner Antwort, und ich fragte mich, warum ich mich wieder nach Wilbys Anordnungen richtete. Konnte ich nicht besser mit ihm fertigwerden, wenn sich Jenny nicht in der Wohnung befand? Fertigwerden? Ihn erschießen? Vergiften? Ihn in einen Nervenzusammenbruch treiben?
»Adam«, sagte Donald schließlich, »was verlangen Sie eigentlich von Jenny?«
Ich ging die Treppe hinunter, um Zeit zu gewinnen. Wie konnte ich eigentlich unterstellen, daß Wilby mit Jenny verschwinden würde, sobald
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