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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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ertragen, nicht wahr?«
    Mrs. Corbin schaute mich wieder fragend an. »Ja. Na, ich hab' nicht viel Zeit, über solche Dinge nachzudenken.« Schwerfällig watschelte sie zur Tür. »Aber es stimmt wohl, was Sie eben gesagt haben.«
    Lee Grays Stimme klang mir noch in den Ohren: Die Corbins sind nicht unsere Klienten.
    »Noch etwas, Mrs. Corbin.« Und als sie sich an der Tür umdrehte: »Ich glaube, daß wir den Prozeß gewinnen können, und würde Ihnen davon abraten, sich auf einen höheren Vergleich als Ihre Versicherungssumme einzulassen.«
    Jetzt hatte ich sie restlos verwirrt. »Auch, wenn die Versicherungsgesellschaft uns dazu rät?«
    »Auch dann.«
    Sie schüttelte den Kopf und ging hinaus.
    Ich schaute wieder auf die Uhr. Zwei Uhr dreiunddreißig. Ich drückte auf die Sprechtaste.
    »Phoebe, konnten Sie Mr. Harkness erreichen?«
    »Der Bote kam gerade. Ich unterschreibe eben die Quittung.«
    Bald war es vorbei, so oder so. Endlich. Es mußte heute ein Ende haben, weil – kaum zu fassen – Lydia heimkam. War es richtig, sie anzurufen? Sie hatte sich zur Heimkehr entschlossen, weil ich mit ihr telephoniert hatte. Seltsamerweise hätte ich dem, was mir nun um ihretwillen unausweichlich bevorstand, nicht so ruhig ins Auge blicken können, wenn ich nicht mit ihr gesprochen hätte.
    Phoebe trat ein. Sie reichte mir den Umschlag, ich riß ihn auf und sah mir den Betrag an. Wenn ich hundertneunzehntausend für das Gemälde bezahlte, blieben mir ungefähr elfhundert Dollar. Dazu zehntausend auf dem Sparbuch und der Rest auf dem Konto, sicherlich nicht mehr als ein paar tausend, wenn überhaupt soviel, nachdem mein Scheck über dreitausend vom Montag abgebucht war. Ich steckte den Scheck in die Brusttasche zu dem Kaufvertrag. Lebensversicherung: ungefähr hundertfünfzigtausend. Lydia wäre besser dran, wenn Wilby mich umbringen würde. Ich ging um den Schreibtisch herum. Nein, das stimmte nicht – wie Henry, der sie auf seine Weise liebte, mir klar gemacht hatte. Und wie ich, der sie mehr liebte als je zuvor, nun auch erkannte.
    Phoebes Gegenwart hatte ich völlig vergessen. Sie beobachtete mich. »Erinnern Sie mich daran, den Fall Corbin morgen als erstes mit Mr. Brant zu besprechen, ja, Phoebe?« Als wäre morgen ein Tag wie jeder andere. So, als gäbe es für mich ein Morgen. »Sollte ich nicht hier sein, möchte Mr. Brant jeden Vergleich ablehnen, der die Corbins einen roten Heller kostet.«
    »Nicht hier sein?«
    Ich trat zur Tür, wich ihrem Blick aus, in dem ängstlich, aber gefaßt eine Frage stand. »Ich erwarte meine Frau irgendwann morgen zurück und will sie am Flugplatz abholen.« Eine Lüge? Nun, eine den Erfordernissen angepaßte Wahrheit. Eine Halbwahrheit. Manchmal nötig, manchmal in keiner Weise verwerflich – wann hatte ich mich mit dieser allgemein bekannten und akzeptierten Tatsache abgefunden? Oder wappnete ich mich lediglich gegen die größere Lüge, die ich nicht aussprechen, sondern mit der ich leben mußte?
    »Adam –«
    »Ja?« Ich mußte sie anschauen: Sie wirkte älter, müde, und unter dem Make-up zeichneten sich feine Fältchen ab.
    »Meine Privatnummer steht in Ihrem … in dem Notizbuch Ihrer Frau. In der Schublade des Telephontischchens in der Diele bei Ihnen zu Hause. Nur für den Fall, daß –«
    Bei Phoebe, nicht wahr, der guten alten Phoebe Waldron – Und wieder rückte ein kleines Bruchstück des Rätsels an seinen Platz. Wilby hatte meine Wohnung am Sonntag durchwühlt, ehe ich heimkam. Später hatte er sich keine Chance entgehen lassen, nicht die geringste Möglichkeit übersehen, um mich zu quälen und Zweifel zu säen. Wußte ich, Mann. Hab' meine Quellen. Deine Sekretärin da –
    »Es tut mir leid, Phoebe.« Unwillkürlich waren mir die Worte entfahren.
    Sie hob die Brauen. »Was, Adam?«
    Ich konnte es ihr nicht sagen. Wagte es nicht. Nicht zu diesem späten Zeitpunkt.
    »Meinen Sie, ich glaube, daß Sie mich anrufen?« fragte sie, und bittere Selbstironie schwang in ihrem Ton. »Aus anderen Gründen als –« Sie stockte und wandte sich dem Fenster zu. In dem erbarmungslosen Licht schimmerten ihre Haarwurzeln dunkel auf: graue Strähnen im hellgefärbten Haar.
    Ich bringe Sie nach Hause. Ich kümmere mich um Sie. Ich will nichts, als nur bei Ihnen sein.
    Mich hatte ein Kummer gepackt, der nicht der meine war. Was konnte ich sagen? Wenn ich ein anderer Mensch wäre, anders veranlagt, dann könnte ich sie begütigend in die Arme schließen, wenn auch nur

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