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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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hatte nichts mit Liebe zu tun. Und doch –
    »Liebe«, sagte Jenny, blickte aber beiseite, als ich sie ansah, als hätte sie, ohne es gewahr zu werden, mit sich selbst gesprochen.
    »Paps –« Wilby klang beleidigt und verletzt. »Paps, was haste uns schon groß durchgehen lassen. Gönnste uns nicht mal die miese Pampe aus der Dose und den abgestandenen Rheinwein?«
    Hatte Wilby die Wahrheit gesprochen? Hatte er Lydia und mich am Flughafen beobachtet? Oder hatte Jenny mich in Pats Pub entdeckt? Plötzlich sprang Wilby auf, klemmte die Sonnenbrille auf die Nase und eilte mit großen Schritten in die Diele.
    »Nichts gegen eure Gesellschaft, Paps, aber ihr seid sterbenslangweilig. Ich hau' ab!« Damit begann er, sich vor dem Spiegel den Bart zu kämmen.
    Abhauen, für immer? Ich schaute Jenny an. Ihr Gesicht war etwas verschwommen.
    »Was meint er?«
    »Er macht 'ne Fliege«, sagte sie.
    Das half mir auch nicht weiter. Ich ging durchs Wohnzimmer in die Diele. Der Boden schwankte, aber nur leicht.
    »Wo wollen Sie hin?«
    Wilby war völlig damit beschäftigt, seine Haare nach vorn in die Stirn zu kämmen. Er schaute mich im Spiegel an.
    »Muß den Charlie finden, Paps. Machste auch 'ne Fliege? Oder bleibste lieber bei Jenny-Baby?«
    Was sollte Charlie bedeuten? Vielleicht Rauschgift?
    »Sieben Monate kommen nicht in Frage«, sagte ich undeutlich. »Das muß sogar Ihnen klar sein.«
    Wilby kämmte unbeirrt weiter. »Mach 'nen Handel mit dir, Paps. Nur eine Nacht. Besser?«
    Eine Nacht. Ein Hoffnungsstrahl.
    Da hörte ich, wie Jenny hinter mir aufstand. Ich vernahm ihre Stimme: »Du haßt mich, nicht wahr?« Aber es klang nicht ärgerlich oder pikiert – eher heiser, mit einer Art von Erregung, Erwartung.
    »Aber, Jenny-Baby«, schnurrte Wilby, »Paps haßt uns doch nicht. Er verachtet uns, verabscheut uns –«
    »Ja«, erwiderte sie atemlos, und ich drehte mich nach ihr um. Ihre Augen bohrten sich in meine, nadelscharf und schwarz, und wieder flackerte die seltsame Gier in ihnen, die ich schon einmal gesehen hatte, die Gier nach Brutalität.
    Mein Widerwillen steigerte sich zu abgrundtiefem Ekel. Sie muß den Ausdruck richtig gedeutet haben, denn sie lächelte leise, triumphierend und zufrieden; dann schwebte sie wie hypnotisiert auf die Treppe zu. Ich spürte Wilbys Blick in meinem Rücken, als ich ihr nachsah, wie sie die Stufen emporstieg und im Gästezimmer verschwand.
    Ich drehte mich zu Wilby um. »Eine Nacht«, sagte ich, »und was dann?«
    Wilby blies auf den Kamm und steckte ihn dann in die Tasche. »Erfährste beim Frühstück, Paps.«
    Das Zimmer drehte sich langsam, und der Boden schien mir entgegenzukommen. »Sagen Sie es mir gefälligst jetzt.«
    »Sonst?« Er balancierte auf den Fußballen. »Sonst-sonst?«
    »Sonst«, sagte ich, »werden Sie bei Ihrer Rückkehr die Wohnung in Trümmern vorfinden und von allen Wertsachen geplündert. Und ich werde Sie mit einer Pistole erwarten.« Ich vernahm meine Worte wie ein fernes Echo, und sie erfüllten mich mit leisem Staunen. »Ich werde behaupten, daß ich Sie beim Einbruch ertappt habe und erschießen mußte.«
    Er regte sich nicht. »Das kannste nicht, Paps.«
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, das festzustellen.«
    Schweigen. Meine Augen hefteten sich an die dunkle Brille. Sie glitzerte undurchsichtig, enthüllte nichts. Die Stille dehnte sich aus. Ich hielt die Luft an. Mir war, als stünde ich an Deck eines Schiffes, das in der Dünung stampfte.
    »Und Jenny?« fragte er schließlich.
    »Wenn sie noch da ist, erschieße ich sie auch, als Ihre Komplizin. Sie wird aber nicht mehr da sein, darauf können Sie sich verlassen. Sie hat viel zuviel Angst vor dem Gefängnis.«
    Wieder Schweigen. Wilby betrachtete mich mit geneigtem Kopf. »Dir entgeht auch nichts, was?« sagte er dann. »Die Chose kriegt sogar noch ihre Reize. Ich hab' dich für 'nen Schwächling gehalten.« Er seufzte. »Wenn du's also genau wissen willst – es wird dich dreitausend kosten.«
    Dreitausend. Diesmal hüllte mich die Erleichterung wie eine Wolke ein. Hastig rechnete ich mir im Geist aus: zehntausend auf der Sparkasse, ungefähr hunderttausend in Wertpapieren, mindestens vier- oder fünftausend auf unserem gemeinsamen Bankkonto. Dreitausend war es mir wert, sie loszuwerden.
    »Macht dich nicht pleite, Mann. Ich hab' deine Bankauszüge gesehen.«
    »Ich gebe es Ihnen gleich«, sagte ich. Wenn er meinen Scheck in der Tasche trug, konnte ich damit meine Beschuldigung der Nötigung

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