Sonntag bis Mittwoch
herum. »Sie sehen doch, was der sich ausgedacht hat! Der ist schlau genug, der kennt seine Rechte.« Er wandte sich ab. »Von dieser Sorte gibt es viele, die man schnappen und aburteilen sollte. Die Stadt ist voll davon. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie eines Nachts alle verhaften und ihnen zusammen den Prozeß machen. Sie können Ihrem Klienten – und zwar von mir persönlich – ausrichten, daß es nur noch unangenehmer werden kann. Noch etwas: Wenn sie ihn dazu treiben, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen, dann wird er auf der Anklagebank landen und durch die Mangel gedreht werden, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Richten Sie das Ihrem … Klienten aus. Von mir.«
»Ich werde es ihm sagen«, antwortete ich. Die vielsagende Pause vor dem Wort ›Klient‹ hatte ich wohl vernommen. Mit weichen Knien ging ich zur Tür, verzweifelter denn je.
»Sie meinen, dieser Bursche sei wahrscheinlich ein Fall für den Psychiater?«
»Möglicherweise.«
»Dann –« und seine Stimme wurde wieder hart, »dann verstehe ich nicht, daß der Mann auf einen Verrückten eingeht, mit ihm Abmachungen trifft und so weiter. Diese irren Asozialen können jeden Moment überschnappen, und was dann?«
Ich schüttelte nur den Kopf. »Ich werde meinen Klienten warnen.« Sein wachsamer Blick durchbohrte mich. Ich schaute ihm fest in die Augen. Dann sagte Stanley Ephron: »Tun Sie das, Mr. Wyatt.«
»Wenn er den Kopf verliert«, fragte ich, »würde ihm hinterher wohl niemand mehr glauben?«
»Wahrscheinlich nicht.« Er wartete.
Ich öffnete die Tür.
»Haben Sie sich überlegt, was geschehen kann, wenn dieser Bursche wirklich durchdreht? Dann ist es Ihrem Klienten vielleicht einerlei, was die Zeitungen schreiben.«
Ich nickte. »Auch ein Gedanke. Vielen Dank.«
»übrigens, Mr. Wyatt –«
»Ja?«
»Sie sehen nicht sehr gut aus. Nehmen Sie sich alle Ihre Fälle so zu Herzen?«
Ich ging, ohne darauf zu antworten. Ich mußte weg. Ich bebte am ganzen Körper.
Ich schaffte es mit weichern Knien durch die Korridore, durch die widerhallenden, geschäftigen Räume, nach draußen in die brütende Hitze, die heißen Betonstufen hinab.
Er wußte alles. Oder vermutete es. Was würde er tun, falls er Verdacht geschöpft hatte! Was würde ihm seine Pflicht vorschreiben?
Ich hätte nicht herkommen sollen.
Würde er einen Streifenwagen zu meiner Wohnung schicken? Suchte er schon meine Adresse heraus?
Ein Fehler. Ein Fehler genügte.
Aber ohne schriftliche Anzeige konnte er nichts unternehmen. Formalitäten – diesmal zu meinen Gunsten.
Er konnte natürlich einen Kriminalbeamten hinschicken, um Bericht zu erstatten und dem Pärchen Angst einzujagen.
Im Taxi durch Steinschluchten, in denen die Luft vor Hitze flimmerte, zurück in mein Büro. Lärm und Geschwindigkeit. Mein Gott, was für ein dummer, tragischer Fehler. Wie viele andere waren mir unterlaufen? Was hatte ich sonst noch falsch gemacht? Ich muß mich konzentrieren. Montag. Morgen sind sie weg. Daran darf ich nicht zweifeln. Morgen ist Dienstag. Dienstag war doch etwas, das ich vergessen hatte? Der verdammte Alkohol. Der Kopf voller Watte. Der Teufel hole Ephron und seinen Verdacht. Und wenn Ephron jetzt einschreitet, macht es etwas aus? Aber morgen kann doch alles vorbei sein. Oder erst richtig anfangen.
»Ich habe einige Anrufe für Sie notiert, Mr. Wyatt.«
»Heben Sie's auf für später. Und stellen Sie mir auch keine durch. Ich muß an der Sache Markham arbeiten.«
Mein Büro war drückend schwül. Hatte meine Stimme harmlos genug geklungen? Oder zu brüsk? 'raus aus dem Jackett. Hinter den Schreibtisch. Konzentrieren. Beim Arbeiten vergeht die Zeit schneller, keine Muße zum Nachdenken und für Reminiszenzen. Aufzeichnungen auf dem gelben Block: Sie sagten mir nichts. Am Freitag hätte ich den Entwurf diktieren können, doch nun waren mir nicht einmal die Hauptpunkte des Falles gegenwärtig. Ich konnte so nicht weitermachen. Die Wirkung des Alkohols ließ nach. Aber diese fürchterliche Leere, Lethargie, Depression. Vielleicht ging es besser, wenn ich mich ein wenig auf der Couch ausstreckte, zu schlafen versuchte?
Wesley Markham. Richtig, es fiel mir wieder ein. Als einer der Hauptaktionäre klagte Wesley Markham gegen den Geschäftsführer einer Spielwarenfabrik auf Long Island. Wir versuchten nachzuweisen, daß der Geschäftsführer – der Schwiegersohn des Aufsichtsratsvorsitzenden – Firmengelder zu privaten Zwecken verwendete.
Gerechtigkeit,
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