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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Mensch. Du verdrehst die Wahrheit für deine Zwecke, ich verdrehe die Wahrheit für meine Zwecke – das ergibt Gerechtigkeit. Der Fall lag nicht eindeutig, solche Fälle tun es selten. Der Firmenanwalt würde natürlich mit seiner Darstellung durchzudringen versuchen, genauso wie ich: daraus resultierte dann meistens ein in groben Zügen gerechtes Urteil. Ich überflog meine Notizen. Unsere Nachforschungen hatten ergeben, daß der junge Geschäftsführer eine Art Playboy war und seine Pflichten zugunsten von Motorbootfahrten, Frauen und anderen Vergnügungen vernachlässigte. Andererseits – und das war der wunde Punkt, der mit Vorsicht zu behandeln war – standen ihm laut Vertrag, den die Mehrheit der Aktionäre gutgeheißen hatte, der Bentley und die Yacht zu Repräsentationszwecken zur Verfügung. Es mußte also, Beleg um Beleg (und wir besaßen Photokopien von Nachtklub- und Spielkasinorechnungen, sogar von seinen letzten beiden Steuererklärungen), nachgewiesen werden, daß sein Gehalt und sein persönliches Einkommen für diesen Aufwand nicht ausreichten und daß an Hand der Firmenbücher –
    Aber das war zuviel verlangt. Nicht heute. Unmöglich.
    Morgen. Irgend etwas war mir entfallen. Abtreibung: drei Uhr. Was noch? Ich schaute auf meinen Terminkalender. Voruntersuchung im Fall Corbin, halb drei Uhr. Absagen, Terminverschiebung beantragen. So geht es nicht weiter. Was wird geschehen, wenn –
    Bomben los … Du sollst nicht … hypokritischer Eid! Und die zerberstenden Flaschen und Gläser.
    Da, bei dem Gedanken an das Durcheinander in der Wohnung, fiel es mir wieder ein. Minnie. Wie war ihr Nachname? Die würdevolle, matriarchalische Minnie würde morgen in die Wohnung kommen, dienstags und donnerstags, wie immer. Sie besaß einen Schlüssel und – Wie konnte ich das nur vergessen?
    Ich drückte auf die Sprechtaste.
    »Ja, Mr. Wyatt?«
    »Haben Sie Minnies Telephonnummer?«
    »Minnie?«
    »Ich weiß ihren Nachnamen nicht. Unsere Zugehfrau. Hat meine Frau nicht eine Liste mit Adressen und Telephonnummern bei Ihnen hinterlegt?«
    »Doch, natürlich. Einen Augenblick bitte. Hier ist es – Minnie Roberts. Soll ich Sie verbinden?«
    »Nein, bringen Sie mir die Nummer.« Dann fügte ich hinzu: »Bitte.« Schwer atmend saß ich da und lauschte auf mein Herzklopfen. Den Whisky spürte ich gottlob nicht mehr. Ich war wieder Herr der Lage und mußte es bleiben –
    Die Tür wurde geöffnet, Phoebe legte mir eine Karte auf den Schreibtisch. Ich hielt meinen Kopf gesenkt, ich konnte sie nicht anschauen. Ich hörte, wie sie wieder hinausging und die Tür hinter sich schloß. Ich wählte das Amt und dann die Nummer. Gedämpfte Heiterkeit hatte mich ergriffen. Ich würde es doch noch schaffen. Nur noch einen Tag, weniger als vierundzwanzig Stunden.
    Ein Klicken unterbrach das dritte Klingeln. »Hallo?« Eine Kinderstimme mit dem breiten Akzent der Neger aus dem Süden. »Hallo?«
    »Mrs. Minnie Roberts, bitte.«
    »Wen?« Ich konnte mir das kleine, dunkle Gesicht in einem heruntergekommenen Hausflur in Harlem vorstellen.
    Meine Hand am Hörer war glitschig vor Schweiß. »Mrs. Roberts. Minnie. Bitte.«
    Schweigen. Das konnte alles bedeuten. Mit zitternden Fingern riß ich eine neue Packung Zigaretten auf. Wieviel hatte ich heute schon geraucht?
    Als Minnie an den Apparat kam, erklärte ich, daß ich mich nicht wohlfühlte und morgen zu Hause bleiben würde; deshalb würden ihre Dienste, für die ich natürlich bezahlen wollte, morgen nicht benötigt.
    »Ich bin in einer Stunde da«, erwiderte sie.
    »Nein. Nein, Minnie. Ich brauche nichts –«
    »Was essen Sie?« fragte sie vorwurfsvoll. »Die Missis mag keine Dosen.«
    »Minnie –?«
    »Mr. Wyatt, ich weiß, wie die Missis es möchte.«
    »Nein. Ich will niemanden sehen. Vielen Dank, aber –«
    »Weiß das die Missis?«
    »Du lieber Himmel, Minnie –«
    »Ich hab' ihre Adresse in England –«
    »Minnie, nun hören Sie mal zu. Wir wollen der Missis doch keine Sorgen machen, oder? Es ist nur … eine Erkältung. Ich war schon beim Arzt. Er hat mir Ruhe verordnet. Verstehen Sie nicht?«
    Wieder Schweigen.
    »Minnie –?«
    »Die Missis würd's aber wiss'n woll'n.« Jetzt lag ein Flehen in ihrem Ton. »Missis … hab' noch nie 'ne Frau gesehen, die ihr'n Mann mehr liebt.«
    Mir verschlug es die Sprache. Ich sackte über dem Schreibtisch zusammen. Ich traute meiner Stimme nicht.
    »Wenn Sie nicht wollen, Mr. Wyatt, kommt Minnie nich. Aber – ich

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