Sonntag bis Mittwoch
heiße Sam«, sagte ich und trank noch einen Schluck, wobei mich wieder der Lachreiz überkam.
Sie blieb verblüfft stehen. Dann warf sie Wilby, der vergnügt krähte, einen fragenden Blick zu.
»Der Kerl ist heute in Schwung, Baby. Schwer zu begreifen, Jenny? Für mich nicht.«
Stirnrunzelnd ließ sich Jenny zwischen Kartons und Papier nieder. »Ach, sei still«, fuhr sie Wilby an. Dann sprang sie auf. »Adam, es ist noch früh. Führ mich aus. Zum Tanzen. Jetzt.«
»Ich war heute schon tanzen«, sagte ich.
Davon ließ sie sich nicht lange bremsen. »Dann zum Abendessen. Ich werde noch verrückt, wenn ich den ganzen Tag mit dem Narren da eingesperrt bin!«
Ich warf Wilby einen Blick zu. In seinen Augen las ich, wie getroffen er sich fühlte. Trug er die dunkle Brille, um zu verbergen, wie leicht verletzlich er immer wieder war? Ich kippte den restlichen Whisky hinunter. Schmerz – dieser bösartige, skrupellose Kerl empfand nur dann Schmerzen, wenn er sie anderen bereitete, und dann machten sie ihm Spaß! Immerhin war das Zurückzucken unverkennbar.
»Bitte, Liebling, nimm mich mit. In eins von den Lokalen, von denen man immer liest. Twelve Caesars, Colony, Klub 21.«
»Wie wär's mit dem Playboy-Klub, Casanova? Haste nich 'n Schlüssel irgendwo vor deiner Frau versteckt? Jenny is da nich angekommen, hat nich genug Klasse für'n Bunny-Luder.«
»Das ist gelogen!« kreischte sie. »Eine Lüge! Die konnten mich da nicht leiden. Ich weiß nicht, warum, aber sie konnten mich nicht riechen. Oh, Adam, ich weiß, was los ist. Das Kleid ist zu kurz. Liegt's daran?« Sie wühlte in dem Papierberg herum und brachte ein anderes Kleid zum Vorschein. »Das wirst du mögen, Adam. Ich hab's extra für dich gekauft. Es ist damenhaft, wirklich.« Sie bückte sich und zog sich das Kleid, das sie anhatte, über den Kopf. »Ich tu sogar einen BH um, Schatz.«
Ich wandte mich ab und füllte mein Glas voll Whisky. Wilby pfiff lüstern. Der Teufel sollte das Flittchen holen! Heute nacht nicht, Jenny. Heute nicht, weil ich mich heute besaufen werde, bis zur Impotenz, und dann geht der Witz auf deine Kosten, Jenny-Baby. Ich werde mich so betrinken, daß ich nicht mehr die Treppen hinaufkomme. Was hältst du davon?
»Immer das gleiche«, seufzte Wilby. »Schon wieder Liebe. Jedesmal der gleiche Kitzel.«
Jedesmal? Dann war es also wirklich ein Unternehmen, das sie nicht zum erstenmal abzogen. Und jedesmal hatte sich Jenny eingebildet, sich in das Opfer, den armen Kerl, wie Stanley Ephron mich genannt hatte, zu verlieben.
»Siehste die Wohnung, Casanova? Alles für dich. Hat sich schier umgebracht. Alles für dich, und du merkst es nicht mal.«
Ich hatte von Anfang an recht gehabt: Das ganze Theater war recht durchsichtig, und morgen würde keine Abtreibung stattfinden.
»Adam, Liebling, du schaust ja gar nicht her!«
Ich schaute. Das Kleid, das sie trug, war hübsch, dezent in Farbe und Schnitt und von anmutiger Länge – von der klassischen Schlichtheit, wie Lydia sie schätzte.
»Gluck-gluck«, sagte Wilby, »paß auf, Jenny, er säuft zuviel!«
»Es sieht genauso aus«, übertönte Jenny ihren Partner, »wie die oben im Schrank. Wie findest du es, Adam?«
Ich überlegte. Eine Taktik hatte ich noch nicht ausprobiert, obgleich Wilby darauf angespielt hatte, und zwar die, der die Historiker den Fall Galliens zuschreiben – oder war es Rom?
»Es ist sehr schön, Jenny«, lobte ich und hoffte, daß meine Stimme halbwegs aufrichtig klang, »und es steht dir gut.«
Ihr Gesicht leuchtete auf. »Dann laß uns gehen, Adam. Wohin du willst.«
»Er macht dir was vor«, warnte Wilby träge.
»Was verstehst du denn davon? Er ist ein Mann. Du hast ja keine Ahnung.« Und zu mir gewandt: »Wohin du willst, Adam.«
Ich mußte mich zwingen, abzulehnen: »Nicht heute abend, Jenny. Ich bin müde.« Denn gleichgültig, was heute oder morgen passierte, ich wußte, daß ich sie unmöglich – auch nicht zum Zwecke des divide et impera – in aller Öffentlichkeit ausführen konnte. »Tut mir leid.« Es hörte sich sanft an, aber mittlerweile war mir völlig gleichgültig, daß ich heuchelte.
Wilby lachte, räkelte sich und gähnte. »Da hast du deinen Mann.« Er krähte heiser vor Vergnügen. »Er ist k.o. Traurig, Jenny, wirklich traurig. Heute wirste wohl Pech haben. Und das, wo du den ganzen Tag gelauert hast!«
Ein anderer Gedanke schoß mir durch den Kopf. »Vielleicht morgen abend«, sagte ich. »Morgen abend gehen wir
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