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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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hatte, jemanden mit mir aussteigen gesehen zu haben?
    »Ich bin gerührt«, sagte ich, »daß Sie mich von der Terrasse aus beobachteten. Ich wußte nicht, daß ich Ihnen so fehle.«
    »Wer ist Donald Bishop?«
    »Fragen Sie Jenny.«
    Wilby schob sich mit vorgereckter Schulter an mir vorbei und stelzte zu Jenny hin, die in einem Meer von weißem Seidenpapier und verstreuten Kleidern – auch das letzte Paket war ausgepackt – auf der Stufe saß.
    »Jenny –«
    »Du kannst mich.«
    »Jenny!«
    »Ich hab seinen Namen vom Briefkasten unten. Um am Portier vorbeizukommen.«
    Langsam drehte sich Wilby zu mir um.
    »Er heißt wirklich Abbot«, erklärte ich und mußte unwillkürlich lächeln.
    Da verzog sich Wilbys bärtiges Gesicht zu einem Grinsen. »Kühl heute, Paps. Wie'n Jongleur. Voller Tricks. Haste 'rausgekriegt, wasde wolltest?«
    »Ja«, antwortete ich. Ich wußte nun, daß trotz meiner wilden und in der Tat ganz unsinnigen Verdächtigungen Donalds Name zufällig hineingezogen worden war und daß er keine Ahnung hatte, was hier vorging – jedenfalls nicht mehr, als ich Idiot ihm vor ein paar Minuten im Aufzug enthüllt hatte.
    Wilby zog sich wieder hinter seine dunklen Brillengläser zurück. »Hab's dir doch gestern gesagt – alles reiner Zufall.«
    »Das stört Sie wohl, was?«
    »Stört's dich nicht?«
    »Ich glaube, ich habe mich schon lange damit abgefunden, daß der Zufall im Leben eine Rolle spielt.« Hatte ich je darüber nachgedacht? War ich etwa jetzt bereit, mich damit abzufinden?
    Wilbys Grinsen erlosch. Er begann, auf und ab zu gehen, wortlos. Ich dachte an Wilbys Erklärungen, daß er zufällig vor einem Monat am Flughafen auf mich aufmerksam geworden sei. Warum also sollte ihn der Gedanke beunruhigen?
    »Ich hab' langsam genug von deinen Tricks, Paps«, knurrte er, und die Fassade der Ironie bröckelte ab. »Wie beispielsweise der Anruf.«
    »Welcher Anruf?«
    »Mach mir nichts weis!«
    Da beschloß ich, meine Trümpfe auszuspielen. Oder hatte ich mich bereits dazu entschieden, als ich am Telephon schwieg? Ich war keineswegs sicher, damit etwas zu erreichen, aber ich versuchte es: »Wollen Sie damit sagen, daß hier jemand angerufen hat?« Ich war stolz auf den gespielten bangen und verärgerten Unterton und ging noch weiter: »Und Sie haben abgehoben?«
    »Ich warne dich, Mann –«
    »Wer hat angerufen und weshalb?«
    »Ich hab' dich atmen hören –«
    Ich zuckte die Achseln und wandte mich kopfschüttelnd zur Treppe. »Alle Menschen atmen«. Und fügte hinzu: »Falls überhaupt jemand angerufen hat –«
    Wilby baute sich vor Jenny auf. »Jenny, du hast's gehört. Du hast das verdammte Telephon läuten gehört –«
    »Ich? Ich war im Bad.«
    »Du warst auf der Treppe!«
    »Hab' nichts gehört.«
    Wilby fauchte ein Wort, das ich nicht verstand. Wie ein Tiger wirbelte er herum und sprang mich an, packte mich an den Schultern und drehte mich auf der dritten Stufe herum. Er stand ganz nahe, keuchte mir seinen übelriechenden Atem ins Gesicht. »Du hast telephoniert, sag die Wahrheit, du verlogener Hund, du hast angerufen.«
    Ich zwang mich zu einem steten Blick auf die spiegelnden Brillengläser, ausdruckslos, ungerührt: »Sie kennen mich doch, ich lüge oft.« Seine Kinnlade fiel herunter – rosa und häßlich im Bartgestrüpp die Mundhöhle mit den schwarzen, abgebrochenen Backenzähnen –, klappte wieder zu. Ich blieb regungslos stehen und verspürte grausame Genugtuung.
    Jenny unterbrach die Stille: »Er behauptet auch, uns wäre den ganzen Tag jemand gefolgt.«
    Er drehte sich um, ging ein paar Schritte die Treppe hinab, blieb tief atmend stehen. »Du kannst die Klappe nicht halten. Marsch, nach oben!«
    Jenny erhob sich mit den Kleidern auf dem Arm. »Ich glaub', sie holen mich ab, ha-ha«, sagte sie in singendem Tonfall. »Die netten, jungen Männer in den sauberen, weißen Kitteln –«
    Wilbys Haltung war unsicher, aber wachsam. Diese irren Asozialen können jeden Moment überschnappen. Was dann?
    Wilby schaute mich an. »Wennde mich von jemand beschatten läßt, Paps, riskierste einiges.«
    Ich zögerte – in der Hoffnung, daß die Pause und der Tonfall meine Antwort als Lüge erscheinen ließen, wobei mir allerdings das Risiko völlig bewußt war. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Meinste, ich bilde's mir ein?«
    Es bestand durchaus die Möglichkeit, daß Stanley Ephron ihn überwachen ließ, aber ich entgegnete:
    »Ich weiß nicht, was

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