Sonntag bis Mittwoch
zusammen.
Und zwar bevor ich die Polizei anrufe und Jenny abführen lasse.«
»Wilby!« Das war fast ein Aufschrei. Dann ein verzweifeltes Flüstern: »Wilby, bitte!«
In der spannungsgeladenen Stille erkannte ich, wie sehr ich auf einen weiteren Schritt von seiner Seite wartete. Ich berauschte mich bereits an dieser wilden, zügellosen Hoffnung.
Sprungbereit stand er da, mit glitzernden Brillengläsern und locker herabhängenden Armen. Da erst kam mir der Gedanke, daß auch er eine Auseinandersetzung erhoffte. Und weißte was? Mir hat's gefallen. Mit sanfter Stimme sagte er: »übrigens, der Brief, den du erwartet hast, der ist angekommen. Ich hab' ihn im Klo heruntergespült. Nachdem Jenny und ich ihn gelesen haben.«
Nun gab es keinen Zweifel mehr: Er wollte mich reizen.
»Der alten Dame geht's besser, aber deine Engländerin hat Sehnsucht.«
Ich erkannte die Worte wieder: das Echo jener Worte, die mich gestern Nacht zur Gewaltanwendung getrieben hatten.
»… Mann, wie du ihr fehlst. Jenny hat mir gesagt, was du für'n Wüstling bist.«
Mit gewaltiger Willensanstrengung erwiderte ich: »Diesmal nicht.«
Er machte einen Schritt. Ich richtete mich auf, jeder Muskel in mir schrie nach Aktion. Aber ich hatte nicht so viel hingenommen, mich so weit beherrscht, um ihn in letzter Minute noch siegen zu lassen. Nein.
Wilby grinste. »Hab's doch gesagt, Casanova. Hast keinen Mumm.« über seinen Kopf hinweg sah ich unten Jennys Gesicht: ein dunkles Aufflackern sexueller Erregung, alle Ängste vergessen, während sie mit verkniffenen Lippen und vibrierenden Nüstern zu uns heraufstarrte. Krank. Du lieber Gott, genauso krank und verklemmt wie Wilby! »Das nenne ich abkühlen«, sagte Wilby achselzuckend, aber seine Enttäuschung war unverkennbar. »Hut ab, Hut ab. Niemand gewinnt, unentschieden, kapito?« Er wirbelte herum und ging hinunter zu Jenny.
Schon kam mir ein neuer Einfall: Wie, wenn ich Jenny heraufholte – und wenigstens den Versuch unternahm, einen Keil zwischen die beiden zu treiben? Aber noch ehe der Gedanke Form annahm, verwarf ich ihn. Ich würde und konnte damit nichts erreichen. Machte ich mir etwas vor? Begehrte ich sie denn noch immer?
»Ich werde jetzt baden«, verkündete Jenny. »Willst du zuschauen, Adam?«
Obgleich sie mit mir sprach, blickte sie Wilby an. Und mir fiel ein, wie er sie am Morgen geschlagen hatte – aus keinem anderen Motiv als Eifersucht …
»Baby«, verspottete er sie, »haste noch nichts von der Wasserknappheit gehört? Weißte nich, daß die schönen Rasenflächen in den Vororten versengen?«
»Was geht das mich an?«
Wilby lachte und schlenderte von ihr fort; plötzlich wirkte er sehr selbstzufrieden, fast triumphierend. »Stimmt, Baby. Haste von mir gelernt. Wenn du's nicht verbrauchst, badet vielleicht die Ziege von nebenan ihren Pudel, kapito? Haste von mir gelernt.«
»Von dir«, entgegnete Jenny, und ihre Stimme klang weder bitter noch dankbar, nur sehr leise, »habe ich alles gelernt.«
»Alles!« rief Wilby und schaute zu mir herauf. »Zum Beispiel: Die Menschheit soll ruhig verrecken, kapito, Paps?«
»Um so mehr, als Sie offenbar nicht dazugehören«, erwiderte ich und öffnete die Tür meines Schlafzimmers.
Wilby jaulte vor Vergnügen und mixte sich einen Old-fashioned an der Bar. »Kapito, Casanova! Wir gehören nicht dazu. Freiwillig.«
»Kein großer Verlust«, sagte ich.
»Ich warte!« rief Jenny mir nach, als ich ins Schlafzimmer ging. »Wie oft heute nacht, Sam?«
Und Wilby wieherte wie ein Pferd.
Ich schloß die Tür und vernahm Wilbys Ruf: »Soll die Menschheit ruhig verrecken!«
Nachdem ich die Tür geräuschvoll abgeschlossen hatte, lehnte ich mich dagegen und lauschte dem Zetern und Fauchen ihrer Stimmen. »Feigling! Weichling!«
»Jenny –« flehend, »bitte, Jenny-Baby –«
»Wenn er dich nur verdroschen hätte!«
»Ich tue doch alles für dich! Alles! Nur für dich.«
»So, wie ich alles von dir gelernt habe.«
»Biste blöd? Wo wärste ohne mich –«
»Hau ab!«
»Wenn man auf dich nicht aufpaßt, tätest nich mal deine Pille nehmen!«
»Ich bade jetzt.«
»Haste nötig.«
»Rrrrh.«
Auf dem Bettrand sitzend, hörte ich Jenny heraufkommen, ins Bad gehen und Wasser einlaufen lassen. Willst du zuschauen, Adam?
Ich erhob mich. Mein Kopf drehte sich, und das Zimmer mit ihm. Fast betrunken. Fast, aber noch nicht ganz. Jetzt war ich wieder Sam. Abschaum aus einem Dschungel von –
Ich ging in mein Badezimmer
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