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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Nachrichtensprechers: »… Verluste der US-Einheiten werden als geringfügig bezeichnet –«
    Glenn und ich kennen zwei Männer, die schon dort gefallen sind. Das Ganze muß doch irgendeinen vernünftigen Grund haben. Muß, sonst hat doch das Leben gar keinen Sinn. Annes Gesicht, ihre geliebten Züge.
    Der Whisky hatte eine betäubende Wirkung. Ich danke den Göttern, wer sie auch sein mögen, für meine unzerstörbare Seele. Vaters Lieblingsgedicht. Wie oft hatte er es von der Kanzel rezitiert? Wenn ich jemals glauben müßte, wir lebten und stürben wie wilde Tiere, dann würde ich nicht weiterleben wollen … Sein eingefallenes, graues Gesicht im Sarg. Es glich nicht dem vertrauten, um dessentwillen ich während des Krieges von England hergeflogen war: Es war nicht mein Vater, wie ich ihn kannte und in Erinnerung trug. Ein Flüstern im Ohr, als ich – vor wie vielen Jahren? – auf seine sterblichen Überreste herabgeblickt hatte: Wir wußten nicht, wie wir es dir sagen sollten, ehe du hier warst, Adam. Reverend Wyatt ist nicht eines natürlichen Todes gestorben. Er … hat sich erhängt. Draußen im Wald.
    Mein Herz schlug wild. Ich erhob mich. Warum kam es mir gerade jetzt in den Sinn? Da ich doch die ganze Zeit diesen Gedanken, dieses Problem verdrängt hatte.
    Mit zitternder Hand goß ich mir ein frisches Glas ein. Von oben kein Laut. Vielleicht ist sie eingeschlafen. Geringe Chance.
    »Bist mir vielleicht ein aufmerksamer Gastgeber, Paps.« Er stand vor mir. »Kannste mir 'ne Frage beantworten? Haste schon mal von der Verfassung der Vereinigten Staaten gehört? Den Fetzen Papier, den sie irgendwo eingerahmt hängen haben? Steht drin, daß nur der Kongreß einen Krieg erklären kann.«
    »Nie davon gehört«, antwortete ich und schob ihm sein Glas auf der Theke hin.
    Er grunzte. »Wie angenehm, so eine Gedächtnislücke. Mir is es vielleicht in der Zeitung entgangen, aber ich hab' nicht spitzgekriegt, daß der Kongreß den Krieg erklärt hat. Und was is mit der UN-Charta, über die Huntley und Brinkley das Maul aufreißen? Oder die SEA-TO-Verträge? Du bist doch 'n Anwalt. Wie findste Leute, die sich nicht an ihre Verträge halten? Wie die Vereinigten Staaten von Amerika?«
    Ich ließ mich wieder nieder, und er nahm seinen Drink an sich. Natürlich hätte ich ihm antworten können, aber ich dachte daran, wie windig meine Erklärung gegenüber Anne beim Mittagessen geklungen hatte – den Kommunismus aufzuhalten, uns nicht vor unseren Verpflichtungen zu drücken –, eine reine Wiederholung der so oft gehörten Phrasen.
    »Mann –« Er stützte sich auf die Bar. »Jura-Mann, logischer Mann – möchtste nich mal logisch denken?«
    »Das wäre eine willkommene Abwechslung«, entgegnete ich.
    Er schnaubte. »Haste von den Genfer Abmachungen gehört? In einer heißt's, daß in Vietnam allgemeine Wahlen abgehalten werden sollen, um zu sehen, was die Leute wollen. Weißte, wer die Wahlen verhindert hat? Haste doch in der Zeitung gelesen?«
    Es stimmte natürlich, daß die Vereinigten Staaten diese Wahlen unterbunden hatten – weil die Kommunisten wahrscheinlich gewonnen hätten. »Ich lese nur die Sportreportagen«, erwiderte ich.
    »Weißte, warum wir angeblich die Wahlen verhindert haben: weil wir die Abmachung nicht unterzeichnet haben.«
    »Was der Wahrheit entspricht.«
    »Jaa, Mann, langsam kommste mit. Die Abmachung besagt, daß der Norden der Norden ist und der Süden der Süden und niemand den siebzehnten Breitengrad überschreitet. Kapito? Aber wenn der Norden, sauer über die Nicht-Wahlen, die Linie überschreitet, was passiert dann? Wir fangen ein Geschrei an, daß sie eine Abmachung gebrochen haben, die wir schon verletzt und von Anfang an nicht unterschrieben haben!«
    Leicht verblüfft mußte ich zugeben, daß da Widersprüche bestanden – nicht, daß ich das diesem Ganoven gegenüber eingestehen würde, der sich im Grunde überhaupt nicht darum scherte! Ich überlegte einen Moment und sagte dann: »Sie reden, als hätten Sie sich um die Einberufung gedrückt«, während ich ihn beobachtete.
    Er kreischte: »Ich hab' sie nicht verbrannt, Paps. Ich hab' sie Hershey an den Hintern gesteckt; der ist nicht ganz so groß wie Johnsons Klappe.«
    Er durchmaß wieder das Zimmer mit einer ruhelosen Vitalität, als koche er vor Ärger. Hatte ich ins Schwarze getroffen? Hatte er sich dem Wehrdienst entzogen? Aber was nützte mir der Verdacht, solange ich seinen Namen nicht kannte.
    »Haste

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