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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Wohnzimmer.
    Ich folgte.
    Jenny kam herunter. Anderes Kleid: Leuchtend. Die Farben laufen ineinander. Scheußlich.
    »Wo, zum Teufel, willste hin?« fuhr Wilby sie an.
    »Mag nicht mehr warten.«
    »Hiergeblieben!« befahl Wilby.
    Sie schaute mich an. »Notfalls is jeder Schwanz recht. Das hast du mir doch beigebracht, was, Wilby?«
    Rückfall in den Dschungel. Ich versinke im Sumpf.
    »Schau dir deinen Casanova an. Besoffen, blau wie ein Veilchen. Laß dich von ihm bedauern. Casanova hat 'ne Menge Mitleid übrig. Casanova kennt alle Tricks. Casanova hört gut zu, aber er hört nichts. Kapiert nichts, weil er noch nach Nummer eins sucht!« Wilby schlüpfte in ein Jackett. Aus Plaid, mit Gürtel und Epauletten.
    »Mußt dich ausruhen, Baby«, sagte er – besorgt, liebevoll. Gespielt?
    Spöttisch? Ehrlich gemeint? »Morgen haste 'nen großen Tag, Jenny-Baby.«
    Stimmte doch? Abtreibung? Drei Uhr?
    Wilby in der Diele, neben dem Tisch. Holt Papier aus der Schublade. »Adam?« fragte Jenny, unsicher. »Adam, du bist doch nicht zu betrunken?«
    Die Wände geben nach. Jennys Gesicht verschwimmt.
    »Paß auf, Paps. Ich schreib' dir 'nen Brief. An dich. Von mir. Biste zu blau zum Begreifen? Hör zu! Mein Liebster Adam, wir haben zwei so wundervolle Wochen miteinander verbracht, seit wir uns kennenlernten, daß ich eine Trennung einfach nicht ertragen kann. Du hast einen neuen Lebensinhalt gefunden und ich meine einzige, wahre Liebe! Unterschrieben: Dein Dich liebender Wilby.« Er faltete das Blatt. »Wie gefällt dir das?« Er steckte es in die Brusttasche. »Glotz nicht wie eine Eule. 's ist an dich adressiert, mit der vollen Anschrift.« Er rutschte vom Tisch herunter. »Also, Mann, wenn da unten die Polente Wilby kassieren will, oder wenn de jemanden angeheuert hast, Wilby um die Ecke zu bringen, dann findense das bei meiner Leiche.« Plötzlich brüllend: »Wennde sonst nichts begreifst, das begreifste doch? Paß nur auf, du stinkender, spießiger, verlogener Schuft mit deinen Tricks!«
    Ich höre zu. Kein Schock. Nicht einmal mehr Überraschung. Aber ich kapiere. Wenn du mit einer Taktik nicht durchkommst, dann mit einer anderen. Das kommt davon, daß ich verständnisvoll war. Das hat man von Mitleid mit einer Dschungelbestie. Ich kapiere.
    Jenny kicherte. »Wilby, was wird dir noch alles einfallen?«
    Wilby wieder auf der Terrasse. Singend. »Ich kreuze hin, ich kreuze her …« Schaut nach unten. Jemand unten, der ihn beobachtet? Ihm folgen soll? Er kommt zurück – befriedigt? Jemals zufrieden, jemals überzeugt? »Weißte, was das heißt, kreuzen?« Spuckt die Worte. »Die Lokale der Schwulen. Tunten. Homos!« Vor meiner Nase, der Bart kitzelt fast. »Was hältste davon, Paps?«
    »Wilby –« meine Stimme. »Wilby, etwas muß richtiggestellt werden –« Dicke Zunge.
    »Richtiggestellt, Paps?«
    »Ja – ich bin nicht Ihr Vater.«
    Wilby lacht. Aber er weiß. Er weiß, und ich weiß. Rache: ein harter Schlag unter die Gürtellinie. Der schwächste Punkt eines jeden Vaters, wo es am meisten schmerzt: Dein Sohn ist homosexuell.
    Wilby lacht wieder, geht in die Diele. »Schau dir den Mann an, Jenny. Wennde ihn anrührst, dann fällt er um. Rühr ihn nicht an, Jenny.« Dann zu mir: »Hast Glück, daß du nicht mein Vater bist!«
    Tür zugeworfen. Wände beben. Mein Kopf zerspringt.
    Wilby fort. Wenn ich nicht betrunken wäre – betrunken wegen Jenny dann hätte ich ihm vielleicht erklären können, klarmachen können, was ich empfinde – fast erreicht – fast – Ironie – Wilby jetzt fort – zu spät.
    Jenny fröstelt. »Jesus! Wenn er so wild wird – krieg' ich Angst. Aber wie würde es dir gefallen, andersherum zu sein.« Sie schwebt herbei, wie ein Ballon. Zu nahe. Gräßlicher Geruch. »War er ja nicht immer.« Woher wußte sie? Wurde Homo nach ihrer Heirat? Hat man schon gehört. Aber meistens bei älteren Männern –
    »Adam … was machst du abends?« Was sollte das? Was wollte sie wissen? »Mit ihr, meine ich? Was kann man hier schon tun?«
    Ihr? Lydia? Heimweh wieder, Sehnsucht. Was wir machen? Nichts. Und alles. Leben. Zehn Jahre für einen Abend, für einen einzigen, leeren, großartigen, glücklichen Abend. Jesus! Was wir tun? Wir lieben. Nicht schlafen. Liebe. Und Schlafen auch. Ja.
    »Wird's dir nicht langweilig?«
    Langweilig? Vielleicht. Früher mal. Aber niemals wieder.
    »Du hast ja mit Wilby 'ne Menge geredet.« Schmollend, verdrießlich. Bleib mir vom Leib. »Oder ist sie zu

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