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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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drangen die letzten Strahlen einer Sonne, die ihm, dem Kanzler, nicht so recht über dem Weg trauen wollte. Deshalb würde der alte Feuerball schon sehr bald wieder aufgehen, insbesondere um nachzusehen, was das umtriebige Menschlein Lodehat in den Nachtstunden nun schon wieder ausgefressen hatte.
    Schloss Kalmar, dachte Lodehat. Nun ja, Schloss war ein wenig übertrieben. Es handelte sich vielmehr um eine Burg. Und Lodehat hasste Burgen, ungefähr genauso sehr, wie er Schlösser und deren Komfort liebte. Das praktische war, mit ein bisschen Geld, nun gut, mit einer ganzen Menge Geld, konnte man aus jeder Burg ein Schloss zaubern. Das Ganze funktionierte natürlich auch in die andere Richtung, stellte Lodehat verwirrt fest, aber das war jetzt nicht wirklich der Punkt. Ein paar Fenster hier und da und nicht einfach nur ein paar Löcher in der Wand. Ein paar schöne Kachelöfen und nicht diese ewig rußenden Kamine. Ein paar vergoldete Nachttöpfe und nicht dieses fürchterliche Holzloch mit den unappetitlichen Flecken drum rum draußen in der Burgmauer.
    Wenn man ohnehin am Umbauen war, konnte man gleich noch ein anderes Problem lösen. Dienstboten sollten nämlich künftig nach Geschlechtern getrennt untergebracht werden, die Männer auf der einen Seite, die Mädchen, all die süßen, drallen Mädchen, auf der anderen Seite eines Gebäudes. Es war wichtig die Disziplin und die Moral aufrecht zu erhalten, und er, als ein Mann der Kirche, würde mit leuchtendem Beispiel vorangehen. Wenn er sich nur vorstellte, was in den Unterkünften der Knechte so alle vor sich ging! Welchen Repressalien die armen, süßen Mädchen wohl ausgesetzt waren. Was dort an Sünde praktiziert wurde, Tag ein, Tag aus. Nacht ein, Nacht aus. Lodehat wurde ganz, nun ja, aufgeregt bei dem Gedanken.
    Natürlich müssten auch alle Kapellen unmittelbar neben die Gemächer dieser wundervollen, saftigen, prallen Mädchen verlegt werden, damit er Tag und Nacht Ausschau halten könnte, ob – na ja, ob. Und so. Eigentlich musste er sofort mal Ausschau halten.
    Der Bischof rannte wie vom Frettchen gebissen los, öffnete die schwere Holztür zu seinem Gemach, stürmte hinaus auf den Gang. Wo waren sie? Die armen, prallen, jungen Dinger?
    Lodehat hetzte nach Osten, an ein paar Wandteppichen vorbei, an ein paar römischen Skulpturen vorbei, an zwei Wasserfällen vorbei, an einer ziemlich misstrauisch dreinschauenden Wachkuh in Unionsuniform vorbei. Lodehat blieb stehen. Die Kuh hob ihren Kopf und kniff ihre Augen zu kleinen Schlitzen zusammen. Der Kuh konnte man nichts vormachen. Sie wusste Bescheid. Über Lodehat. Über alles.
    Der Bischof schnappte sich einen Speer, der an der Wand lehnte und mit dem die Wachkuh sich vermutlich ab und zu die Paarhufen sauberkratzte, denn als Waffe war das Wurfgerät für ein Wesen ohne Hände reichlich ungeeignet.
    Lodehat lief weiter den Gang entlang zu einer mittelgroßen Holztür mit Rundbogen. Krachend gab das Türschloss seinem Körperimpuls nach und Lodehat sah Königin Margarete auf einem riesigen Holzstuhl sitzen.
    Ihre großmächtige Erhabenheit strickte gerade an einer Jacke. Vier Rollen buntfarbiger Wolle kamen dabei zum Einsatz und jedes Knäuel wurde von einem wunderschönen, prallen, saftigen Dienstmädchen hochgehalten. Die vier jungen Damen lagen äußerst knapp bekleidet auf dem Fußboden und räkelten sich dort lasziv und ausgiebig.
    »Ah! Kanzler«, begrüßte Margarete ihn freudig und ließ ihre Handarbeit in den Schoß sinken. »Bischof!«, brummte er korrigierend zurück. Er konnte es nicht ausstehen, wenn sie ihn verbal degradierte. »Bischof, mein Lieber«, trällerte die Königin versöhnlich. »Kanzler Bischof!«, nörgelte Lodehat weiter und stampfte mit dem Fuß. Sie stand auf und breitete die Arme aus. »Komm her, mein kleiner dickköpfiger Kanzof. Oder Bischler«.
    Lodehat gehorchte, zumindest im übertragenen Sinne. Er holte weit aus und warf den Speer. Die Waffe flog fauchend durch den Raum und bohrte sich mitten in Margaretes Brust, durch die Strickjacke hindurch, die die Königin im letzten Augenblick reflexartig zum Schutz hochgerissen hatte, eine vollkommen sinnlose Reaktion, wie Lodehat befand, denn Strickjacken, noch mehr unfertige Strickjacken, rangierten in der Schutz- und Schildwirkung in etwa auf dem Niveau von kleinen Gewürzgürkchen oder getrocknetem Hühnerkot. Die wonneproppigen Mädchen sprangen ängstlich auf, ließen die Wollknäuel auf den Boden fallen und kamen wimmernd

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