Sophia oder Krieg auf See
auf Jonathans Hüfte. Der jedoch parierte blitzschnell und drehte mit der eigenen Klinge die Waffe von Thomas aus dem Gefahrenbereich. Jonathan machte einen Satz zurück und keuchte ebenso stark wie sein neuer Gefährte. »Du bist gut«, sagte Jonathan schnaufend und lächelte. »Aber du bist offensichtlich besser«, japste Thomas und diese Tatsache gefiel ihm gar nicht.
Ganz im Gegensatz zu dem Publikum, das sich mittlerweile versammelt hatte und dem Wettstreit vergnügt zusah.
»Wo hast du das gelernt?«, wollte Jonathan wissen. »Sevilla 107 «, brummte Thomas, hatte die letzte Silbe aber noch nicht ausgesprochen, als er wieder angriff. Er täuschte einen seitlichen Hieb auf Jonathans Schulter an, schwang die Waffe dann unter Jonathans blockender Klinge hindurch und versuchte einen Stoß auf den kettenhemdgeschützten Brustbereich seines Gegners. Aber auch diesen Angriff parierte Jonathan schnell genug, zwang Thomas’ Klinge aus dem Gefahrenbereich, fuhr dann am Stahl seines Partners bis an die Parierstange hinab und drehte mit ungeheurer Gewalt das eigene Handgelenk. Thomas’ Schwert wurde brutal herum gewirbelt und seine Hand verdrehte sich so unglücklich, dass der langhaarige junge Mann seine Waffe mit einem Schmerzensschrei fallen ließ.
Der Schiedsrichter erklärte Jonathan zum Gewinner, Thomas war ein lausiger Verlierer und die Zuschauer applaudierten begeistert. Noch begeisterter applaudierten sie jedoch, als sich Thomas einen Moment später mit Gebrüll auf Jonathan stürzte, ihn umriss, und sich beide prügelnd in herrlichstem Sommermatsch wälzten.
*
Man hatte den hohen Ritter Von Cord vom Abendessen weggeholt und das machte ihn verdammt schlechtlaunig. Er hatte auch gar keine Lust auf große Diskussionen, Erklärungen seinerseits oder Rechtfertigungen andererseits. Er wollte nichts darüber hören, warum seine beiden Knappen blutige Nasen hatten und allgemein aussahen wie Wildferkel nach der Trüffeljagd. Es interessierte Von Cord auch nicht, ob man ihre Ohrläppchen zu einem hübschen Zopf würde flechten können, wenn er die Jungs erst fertig in die Kapelle geschliffen hatte.
Von Cord fegte durch die Gänge und dirigierte seine Knappen mit festem Griff an den Löffeln neben sich her, bis sie in der kleinen, dunklen Gebetsstätte angekommen waren.
»Wenn ich morgen früh zurück komme«, mahnte der Ritter und beide Jungs wussten, dass sie besser sehr genau zuhören sollten, »werdet ihr die ersten 25 Verse des fünften Kapitels des Buches Matthäus aufsagen«. Von Cord drehte sich um und versuchte an sein warmes, sauberes Essen zu denken.
»Oh, verdammt«, murmelte Thomas und ließ sich auf alle viere fallen. Von Cord hielt inne. »Habe ich da irgendetwas gehört?«. »Nein, nein«, versuchte Jonathan den rasenden Löwen mit einer Butterblume zu besänftigen, »er meinte nur, äh, dass wir das ganz besonders gerne machen. Das mit dem Buch Moses, meine ich«. »Matthäus«, flüsterte Thomas scharf und Jonathan reagierte schnell. »Matthäus, natürlich. Matthäus, ja, der gute alte Matthäus«.
Von Cord spielte den Verständnisvollen. »Na fein, dann wird es euch ja besonders freuen, das ganze fünfte Kapitel auswendig lernen zu dürfen«, ätzte der Ritter und machte sich erneut auf den Weg. »Oh, verdammt«, murmelte Thomas wieder und schon war Von Cord nochmals stehen geblieben. »Und das sechste Kapitel«, fauchte er. Jonathan verdrehte die Augen. Das war nicht fair! »Jesus Christus«, flüsterte er so leise, dass es eigentlich niemand hören konnte. Eigentlich. »Und das siebente Kapitel«.
Das war zu viel für Thomas. »Wunderbar«, grunzte er verzweifelt, nur um sofort einem Schlag in die Seite von Jonathan zu bekommen. »Schnauze«, zischte Jonathan Thomas an, der aber nicht im Entferntesten einsah, als Hauptschuldiger hingestellt zu werden. »Ich hab nichts gesagt, nur wunderbar «, verteidigte er sich bockig. »Eben«, zischte Jonathan weiter, »das war schon zu viel, Vollidiot!«.
»Und das achte Kapitel«.
Jonathan und Thomas bekreuzigten sich demütig und hielten endlich, endlich die Klappe.
107 In Südspanien und damals bereits von den Arabern zurückerobert
32 Es war eine laue, trockene Sommernacht und Kanzler Bischof Lodehat liebte laue, trockene Sommernächte, was keine besondere Kunst war, denn man musste schon ein ausgesprochener Idiot sein, wenn man laue, trockene Sommernächte nicht mochte.
Es war bald zehn Uhr am Abend und durch die Fenster des Schlosses Kalmar
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