Sophia oder Krieg auf See
thronähnlichen Stuhl vor dem Tisch und ließ wiederholt eine Schriftrolle in ihre Handfläche fallen. Zwei Mecklenburger Wachen standen hinter ihr.
»Claas! Sehr gut. Komm’ her«, rief Sture seinem erfolgreichsten Kapitän entgegen, als der mit Ole, Broklas und Corin durch das bewachte Tor des Doms schritt. Thore war der korrekten Einschätzung nachgegangen, dass er ohnehin nicht wirklich erwünscht wäre, und hatte sich abgesetzt.
Die Männer und Corin kamen an den Tisch und wurden, Broklas ausgenommen, von Sture, Otto und den anderen zwei Kapitänen per Handschlag begrüßt. »Claas«, wiederholte Sture und war auffallend ernst, »dies hier ist Herzogin Sophia«. Claas musterte sie kurz und ohne sich um die Etikette zu scheren nickte er nur knapp und begrüßte sie von fern mit einem jovialen »Hoheit«. Ole zeigte etwas bessere Manieren und verbeugte sich. Broklas trat direkt an den Thron heran, verbeugte sich tief und grüßte die Herzogin korrekt mit einem »Eure Durchlaucht«. Corin tat es ihm nach. Zumindest versuchte er es.
»Danke, Broklas«, komplimentierte Sture den Wissenschaftler freundlich aber bestimmt hinaus und zeigte galant mit der Hand in Richtung Eingangstor. Broklas kam irgendetwas Böses in den Sinn, das mit Fäkalien, Kommandanten und Pusteblumen zu tun hatte, aber noch nicht wirklich ausgereift war. Er tauschte noch einen schnellen Blick mit Corin aus, dem die Sache offensichtlich peinlich war, und stampfe dann beleidigt von dannen.
Bamm.
Das Tor fiel zu und Sophia stand auf. »Ich danke euch, meine Herren«, begann sie ihre Ansprache und die Männer hörten aufmerksam zu. »Ich komme direkt aus Mecklenburg um euch Nachricht zu bringen, dass die hanseatische Liga einen Angriff auf Gotland plant. Offensichtlich ist man nicht länger gewillt, die Verluste von Handelsschiffen des Bundes hinzunehmen«. »Die Jungs von Margarete bringen halt nicht so viel ein«, kommentierte Claas und suchte Unterstützung für sein respektloses Benehmen bei seinen Kumpanen, fand sie aber nicht.
»Man hat ein letztes Mal Boten zu Königin Margarete und dem Ritterorden entsandt«, setzte Sophia fort und ignorierte die Störung, »und will – zur Not auch allein – definitiv noch in diesem Sommer aktiv werden«.
Die Männer sahen sich an und sogar Claas war nun der Sinn nach Despektierlichkeiten 106 vergangen. »Wann genau?«, wollte Sture von Sophia wissen. »Das wissen wir nicht. Genau so wenig wissen wir, wie Margarete oder der Ritterorden auf die Anfrage reagieren werden«.
»Welche Route muss ein Schiff nehmen«, wollte Corin wissen, nachdem er sich auf den großen Tisch gestützt und die Karten studiert hatte, »wenn es zur Königin oder zum Ritterorden will?«.
Die Männer und Sophia traten an den Tisch und Claas begann mit dem Finger die möglichen Routen abzufahren. »Zum Orden – entweder per Schiff, aber eher noch per Pferd«, zeigte er die Strecke entlang der Küste nach Osten. »Da haben wir wenige Chancen. Zu Margarete -«. Claas skizzierte die Strecke entlang der dänischen Küste von Süd nach Nord, »na ja, auf jeden Fall über die See«.
Otto tippte mit dem Finger auf einen Ort noch viel weiter nordöstlich, an der schwedischen Ostküste. »Vor einer Woche hat man ihr Schiff in Kalmar gesehen«, erklärte Otto, »sie reist von Hof zu Hof und knöpft sich ihre schwedischen Adligen vor«.
Otto spreizte die Finger und maß grob die Entfernungen auf der Karte. Die Zeichnung war skizzenhaft und die Umrisse Nordeuropas entsprachen nur entfernt den wirklichen Proportionen. Aber selbst ein Laie konnte sehen, dass Gotland viel dichter an Kalmar lag, als Lubeca, die Hauptstadt der Kaufmannsliga.
»Kalmar«, murmelte Sture und strich über seine feinen Bartstoppel. »So, so«.
105 Uranus und Neptun waren noch unbekannt; die Erde zählte damals nicht mit
106 Respektlosigkeiten
31 »Fünfzehn zu elf«, gab der schiedsrichtende Ritter bekannt und zeigte den Punktvorsprung für Jonathan an. Keinen Wimpernschlag später griff Thomas wieder an. Der junge Mann mit den langen braunen Haaren und dem weichen Kindergesicht ließ sein stumpfes Kurzschwert in beachtlichem Tempo umherfliegen. Jonathan konnte sich an keinen Gegner erinnern, der extreme Angriffswinkel und ausgefallene Attacken so perfektioniert hatte, wie Thomas.
Wieder löste sich Thomas’ Waffe von Jonathans Block, fuhr in einem ausladenden Kreis nach unten und versuchte dann erneut einen Treffer durch einen Stoß von schräg unten
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