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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Lebensmittel ins Gefängnis. Er verhinderte, dass der Hausbesitzer die Wohnung am Münsterplatz kündigte, und ließ im Ulmer Franziskanerkloster für die Familie beten, wie er am 21. März an Werner Scholl schrieb: »Der Prediger sagte nach dem Gottesdienst: ›Wir beten für zwei verstorbene Geschwister und für eine Familie in höchstem Leid.‹«
    Das letzte Lebenszeichen von Werner Scholl sind seine Briefe vom Frühjahr 1944. Seitdem wird er in Russland vermisst.
    Im Oktober 1945 heiraten Fritz Hartnagel und Elisabeth Scholl, 1952 Inge Scholl und Otl Aicher. Lina Scholl stirbt 1958, Robert Scholl 1973. Beide sind neben Sophie und Hans Scholl in München auf dem Friedhof am Perlacher Forst begraben.

NACHBEMERKUNG

»Die weiße Rose«
    Kann man von einem festen Platz aus zurückblicken und am Horizont der Vergangenheit die Toten mit ihren Gedanken, Gefühlen und Taten wieder auferstehen lassen? Kann man dabei frei sein von den eigenen Traurigkeiten und Hoffnungen, Versäumnissen, Irrwegen und Idealen, die verbunden sind mit jener Vergangenheit und den Toten, die einmal vertraut und gegenwärtig waren? Dabei nicht verdrängen und verschweigen oder in ein neues Licht tauchen, was schmerzlich war? Inge Aicher-Scholl, Sophie Scholls älteste Schwester, hat es mit ihrem Buch »Die Weiße Rose«, das 1952 erschien und Millionenauflagen erlebte, versucht. Darin blickt sie zurück nach Forchtenberg, wo Sophie Scholl geboren wurde:
    »Das beschauliche Städtchen im Kochertal, in dem wir unsere Kindertage verbrachten, schien von der großen Welt vergessen. … Uns aber erschien die Welt dieses Städtchens nicht klein, sondern weit und groß und herrlich. … Aber eines Tages rollten wir auf den Rädern unserer geliebten Eisenbahn mit Sack und Pack davon, weit fort über die Schwäbische Alb. Ein großer Sprung war getan, als wir in Ulm, der Stadt an der Donau ausstiegen, die nun unsere neue Heimat werden sollte.«
    Wir wissen: Die Vergangenheit war anders. Der lange, traumatische Abschied aus Forchtenberg wird in diesem Rückblick ausgeblendet. Hinter einem mehrdeutigen Zeitsprung wird die Zwischenstation Ludwigsburg versteckt. Immerhin vierzehn Monate das Zuhause der Scholls, geprägt von verdrängtem Heimweh, Geldsorgen, der harten Arbeit von Lina Scholl und dem entschlossenen Streben von Robert Scholl, für sich und seine Familie wieder einen besseren Platz in der Welt zu finden.
    Über den Beginn des neuen Lebensabschnittes in Ulm schreibt Inge Aicher-Scholl: »Doch viel Neues zog bald unsere Aufmerksamkeit auf sich, besonders die höhere Schule, in die wir fünf Geschwister eines nach dem andern eintraten. An einem Morgen hörte ich auf der Schultreppe eine Klassenkameradin zur andern sagen: ›Jetzt ist Hitler an die Regierung gekommen.‹ Und das Radio und alle Zeitungen verkündeten: ›Nun wird alles besser werden in Deutschland. Hitler hat das Ruder ergriffen.‹ Zum ersten Mal trat die Politik in unser Leben.« Es war der 30. Januar 1933, als Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Tatsächlich hatte die Fünfzehnjährige am 3. November 1932 in ihr Tagebuch geschrieben: »Morgen kommt der Hitler nach Ulm und am Montag ist Wahl. Hoffentlich kommt es für Deutschland gut.« Die Ulmer Jahre der Scholl-Geschwister – das Leben im Dritten Reich – waren nicht nur länger, sondern in mancher, oft bedeutender Hinsicht anders, als in der »Weißen Rose« geschildert. Viele bisher unbekannte, nie zu Wort gekommene Zeugnisse aus dem Nachlass von Inge Aicher-Scholl haben es möglich gemacht, mit der Biografie von Sophie Scholl eine neue, differenzierte und – das überstrapazierte Wort sei hier gestattet – authentische Geschichte zu erzählen.
    Die neuen Dokumente geben der Karriere von Sophie Scholl – und ihrer ältesten Schwester Inge – ein schärferes Profil als je zuvor. Aber sie bestätigen ebenso, dass alle fünf Scholl-Geschwister zu Gegnern der nationalsozialistischen Ideologie – ihrer Menschenverachtung und totalitären Vereinnahmung – wurden. Sie nehmen Sophie Scholl, die den Übergang vom Widerstand in Gedanken zu einer Tat, die aufrütteln sollte, vollzog, nichts von ihrer Größe und Eindrücklichkeit. Erstmals werden viele Jahre, aus denen bisher keine Fakten oder bestenfalls ein paar Anekdoten bekannt waren, mit Informationen gefüllt, erlauben Blicke in Sophie Scholls Gedanken und Gefühle. Ein lebendiger Mensch kommt zum Vorschein, wo bisher ein Denkmal aufgerichtet war. Vor dem neuen

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