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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Kaffee neben mir. Ich lächelte schlaftrunken und mußte an Gabrielle und ihre Frühstückshappen denken. Ich wußte nicht, wie der Kaffee schmeckte, und sog trotzdem heftig an der Tülle der Tasse. Es war das erste Mal, daß ich so starken Kaffee wie die Italiener trank. Sein Aroma weckte mich vollends, und ich überfiel Bruno sofort mit einer Flut von Fragen, von denen er aber keine beantwortete. Er schien seine frühere Offenheit zu bedauern. Trotzdem schien er guter Dinge zu sein und bestand darauf, an diesem Tag sein Versprechen einzulösen und ein Bild von mir zu malen.
    Ich mußte mich mit kostbarem Wasser waschen und in meiner Kutte im Salon Platz nehmen, wo er mit dem Stift mein Bild skizzierte. Aber ich war zu unruhig. Der Kaffee hatte mich nur noch nervöser gemacht. Ich würde Papa wiedersehen – und Kappi!
    Ich konnte es kaum mehr erwarten. Es war mir unmöglich, in einem Sessel angeschnallt ruhig zu sitzen, wo ich doch alles tun wollte, um das Schiff schneller und schneller dem Hort meiner Kindheit entgegeneilen zu lassen.
    »Wie kommen Sie voran, Sir? Zeigen Sie es mir.« Ich machte Anstalten aufzustehen. Er kam mir zuvor und hielt den Block hoch. Ich wußte, ich gab kein gutes Modell ab, aber das Bild hatte keinerlei Ähnlichkeit mit mir, so starr er mich auch ansah. Trotzdem sagte ich, es sei gut gelungen, aber er war noch nicht zufrieden, so daß ich mich wieder hinsetzen mußte. Die Wände des kleinen Schiffes drückten von allen Seiten auf mich ein – sie würden aufbrechen und die Luft aus dem Schiff – und das Leben aus mir – herauspressen. Ich wurde immer ungeduldiger, wollte nach draußen, zu den Caspars, unter den Sternenhimmel.
    »Haben Sie Mitleid, Sir«, flehte ich. »Geben Sie mir eine nützliche Arbeit. Lassen Sie mich hier nicht untätig herumsitzen.«
    »Vielleicht ...« – er seufzte und betrachtete kopfschüttelnd seinen letzten Entwurf – »... in der Kombüse.«
    Ich war sofort bereit. »Ja, Sir«, rief ich munter, »ich kann in der Kombüse arbeiten. Ich werde auch nichts verschütten oder anbrennen lassen. Schließlich habe ich ja auch für Bruder Jude gekocht.«
    Er sah mich unsicher an. Ich hatte gesehen, wie stolz er auf seine Kochkünste gewesen war. Nachdenklich rieb er sich das Kinn.
    Ich drang weiter in ihn. »Dann lassen Sie mich zumindest den Abwasch machen.«
    Davon wollte er erst recht nichts hören. »Sie werden nicht an Bord meines Schiffes abwaschen und putzen«, meinte er großspurig.
    Ich lächelte breit. »Mrs. Caspar könnte es mir beibringen, Sir.«
    »Sie sind keine Dienerin, Miss Clare.«
    Wie schön sich das anhörte! Jetzt mußte ich es versuchen.»Da gibt es auch jede Menge Arbeit.«
    »Wo?« fragte er.
    Ich deutete nach draußen.
    Er lachte. Captain Andreas sei dagegen, erklärte er mir. »Für Captain Andreas ist es schon ein schlechtes Zeichen, daß er eine Frau an Bord hat.« Was denn mit Mrs. Caspar und den Caspar-Töchtern sei, wollte ich wissen. Doch er machte eine wegwerfende Handbewegung. Er spreche von menschlichen Frauen.
    So ertrug ich weiterhin seine und meine Pein zum Wohle seiner künstlerischen Schaffenskraft – bis sich High Haven auf dem Steuerbordstrahl ins Bild schob. Er ließ mich einem der kleinen Caspars den Befehl überbringen, um Erlaubnis zum Bunkern von Lebensmitteln und frischem Wasser anzufragen. Ich wurde natürlich in dem Funkspruch mit keinem Wort erwähnt.
    Ich glaube, Captain Andreas war froh über den außerplanmäßigen Aufenthalt. Er scherzte mit dem Caeruleaner, der aufgeregt an Deck herumsprang.
    High Haven lag unter uns wie eine Insel aus Ziegeln und Eisen. Wir kamen über Honver Way herein. Plötzlich glitzerten zehntausend Glasscheiben im Mondlicht auf. Ich erkannte Straßen und Plätze. »Da unten ist die Toomey Street, Sir, und dort drüben der Markt. Sehen Sie nur, all die winzigen Leute!«
    Bruno und der Captain tauschten ob meines Eifers belustigte und verlegene Blicke. Aber ich war zu beschäftigt mit der Geographie meiner Kindheit, um sie zu bemerken. Da drüben war St. George, der Jericho-Viadukt, das Reservoir, wo Kipper Morgan versucht hatte, mir einen Kuß zu geben. Das alles schien mir jetzt schon so lange her, und irgendwie wirkte Haven kleiner, wie eine Replik seiner selbst, ein Modelldorf, das auf seiner Umlaufbahn die Erde umkreiste.
    Die
Giaconda
legte an, die Taue liefen über die Rollen, als die Segel fielen, und wir tauchten in den Abwärtsstrahl. Da waren die Docks, der

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