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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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zum Schweben zu bringen. Als der Captain in die Kombüse kam, hatten wir beide wie die Mitglieder einer Verschwörung unser Gespräch unterbrochen.
    »Ist es wirklich wahr, daß wir verfolgt werden?« fragte ich nun. Und meinte damit: Oder ist das nur eine weitere Lüge?
    Bruno nahm die Tülle seines Trinkbechers aus dem Mund. »Hier bei mir sind Sie ziemlich sicher, Miss Clare.«
    Wie Sie sich vorstellen können, war ich weit davon entfernt, seinen Worten Glauben zu schenken. »Was ist mit Ihrer Loge, Sir, Ihrem Tempel oder wie Sie es nennen – ich meine, mit Ihrer Brüderschaft?«
    Er starrte mich an. Wie auch sein Name, wie sein Gesicht sein mochte – nie tat er etwas anderes, als mich anzustarren.
    »Die, denen das Dock gehört«, half ich ihm auf die Sprünge. Aber vielleicht waren diese Leute ebenfalls nur seiner Phantasie entsprungen. »Wo sind sie?«
    Sein Blick wanderte zum Tisch und dann zu mir zurück. »Auf Deimos.«
    »Auf Deimos?« Mit ein paar Schinkenstreifen in den Fingern deutete ich durch die Schiffshülle nach draußen. »Warum verstecken wir uns nicht dort?«
    »Dort nicht, Miss Clare«, antwortete er mit einem schiefen Lächeln. »Dort zuallerletzt.« Er schien belustigt – und irgendwie beschämt. Für mich war er in diesem Moment der unbegreiflichste Mensch, der einen dadurch zur Raserei treiben konnte, daß er immer in Rätseln sprach. Und auch jetzt bin ich noch häufig dieser Ansicht.
    Ich dachte an Io. Und dabei fielen mir wieder die Schiffe ein, die High Haven als erste Station auf ihrem Jupiter-Turn anliefen: die
Donna Amanda
mit ihrer Neger-Mannschaft, oder die
Olympianus,
die als Außenanstrich das breite Gesicht des Planeten auf ihrer Schiffshülle trug.
    »Was denn, werden wir mit einer schnellen Fregatte reisen?«
    »Die
Giaconda
ist schnell«, versicherte mir ihr Besitzer. »Und Captain Andreas ist gut. Er arbeitete schon für meinen Vater.«
    »Was, den ganzen Weg nach Io mit diesem Kahn hier? Stimmt es denn auch, daß wir nach Io fliegen?«
    »Nach Io«, versicherte er mir.
    Ich schob mir noch ein paar Schinkenstreifen in den Mund. »Was gibt es denn auf Io, Sir?« fragte ich kauend.
    »Etwas, das Sie unbedingt lesen müssen.«
    Etwas zu lesen. Das hatte er mir vorher noch nicht erzählt. Sofort drang ich weiter in ihn. »Was denn? Einen Brief?«
    Ja, nach kurzer Überlegung räumte er ein, es sei ein Brief.
    »An wen? Ist er für mich?«
    Aber Bruno hatte jetzt genug verraten. »Seien Sie dankbar, daß Sie nicht mehr wissen«, wies er mich zurecht. »Na, na, na.« Mit einer Handbewegung wischte er meinen Protest beiseite. »Sagt man nicht, Unwissenheit sei manchmal ein Glück? Essen Sie und seien Sie glücklich. Vertrauen Sie mir.« Und dabei lächelte er breit.
    »Dann verraten Sie mir nur noch, wer hinter uns her ist, Sir. Es ist Mr. Cox, nicht wahr?«
    »Sie kennen Mr. Cox?«
    Vielleicht hatte ich jetzt zuviel verraten. Ich schob mir das Essen in den Mund und schwieg. Er sollte ruhig merken, daß auch ich Geheimnisse für mich behalten konnte.
    »Ich weiß es nicht«, meinte er knapp. »Es könnte jeder sein. Nur bei mir sind Sie sicher.«
    Das bezweifelte ich. Er wollte mich nur gefügig machen.
    »Ich weiß, Sie tun das nicht nur zu meinem Wohl. Sie tun das für sie, nicht wahr, Sir? Für das Mädchen, das ich sein sollte.« Ich hätte diese Frage kaum zu stellen brauchen. Die Tatsache, daß er nicht der war, der er sein sollte, war Beweis genug.
    »Sie haben mir doch erklärt, ich solle nichts für Sie tun«, antwortete er und leerte seinen Becher.
    Und damit hatte er mich. Zuerst unterdrückte ich ein Gähnen, gähnte dann aber ganz ungeniert. Ich war beleidigt und müde. »Warum erzählen Sie mir nicht einfach alles?« beschwerte ich mich. Aber es war nur ein letztes Aufbäumen. Ich hatte mich ja schon mit allem einverstanden erklärt, und es gab keinen Grund, damit fortzufahren.
    Auch Bruno schien dieser Ansicht zu sein. »Quälen Sie sich doch nicht«, sagte er. »Haben Sie Geduld.«
    Ich wandte mich von ihm ab. Durch das Bullauge beobachtete ich Captain Andreas und die Caspars. Captain Andreas schnalzte mehrmals mit der Zunge und schickte die kleinen blauen Männchen mit ein paar Handbewegungen auf die Rah hinaus. Eigentlich müßte es für die winzigen Wesen viel zu schwer sein, das Schiff unter vollen Segeln zu fahren. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sie das schafften.
    Ich rieb mit den Fingern über das Glas, was ein leises Quietschen verursachte. »Ich

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