Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland

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»Leben Sie wohl, Mr. und Mrs. Rodney! Ich werde Ihnen schreiben, wenn ich angekommen bin auf...« Ja, wo? Wo würde ich ankommen? Ich schwieg bestürzt, denn ich konnte ihnen nichts sagen.
    Langsam ging ich die Straße hinunter. Ich hatte ein leeres Gefühl im Magen, aber in diesem Haus hätte ich nichts mehr essen können. Ich empfand Scham, weil ich mich mit einer Lüge und unter falschen Vorgaben davonstahl. Wann immer ich an jemandem vorbeiging, glaubte ich, meine Tarnung sei so transparent und offensichtlich wie die einer Halloween-Figur.
    Als ich bei der Ballonstation ankam, war ein müder Tag angebrochen, grau und trist. Die Kutscher hockten im Schein ihrer Laternen auf dem Bock und warteten auf die frühen Landungen, Fuhrleute und Rollwagenfahrer auf die eintreffenden Ladungen für die Warenhäuser in Holloway und Kentish Town. Träger und Aufseher hingen an den Schaltern herum, rauchten und tranken Tee. Zwischen den Gaslaternen waberten dichte Nebelschwaden, und die Gesichter waren wie Schemen, wie schwach erhellte Masken. Ich war froh darüber.
    In der Abflughalle stapelte sich die unsortierte Post auf den Regalen, auf einem Teewagen dampfte der Topf, und aus Glasbehältern reckten dürre Palmen ihre Aste. Mürrische Reisende saßen auf den Sofas und bewachten Berge von Gepäck, darunter eine ältere Eidechse mit einem schweren Husten. Der Alien trug einen Mantel mit einem Astrakhan-Kragen und ein sehr kompliziertes Atemgerät. Fortwährend hustete er und sah auf seine Uhr. Ich fragte mich, ob er das Fortschreiten seiner Krankheit zeitlich festhalten wollte.
    Ich ging zum Ticket-Schalter und fragte den Mann: »Was kostet eine Fahrkarte zum Außenanleger, bitte?«
    »Zu welchem, Sohn«, fragte er zurück.
    Sohn! Er hatte mich Sohn genannt. Am liebsten hätte ich laut aufgelacht. »Zu dem, an dem die
Unco Stratagem
liegt.«
    »Zur Plattform sieben also. Hin und zurück?«
    »Einfach.« Ich gab ihm das Geld. Jetzt hatte ich immer noch genug für eine Tasse Tee und ein Wurstbrötchen. Kaum hatte ich es verzehrt, ertönte die Glocke, und wir alle wurden zu den Toren gerufen.
    Als ich endlich an Bord ging, war der Wagen schon fast voll. Ein außerirdischer Gentleman, sehr dick, hatte Probleme, sich und seine Frau allein in einer ganzen Sitzreihe zu plazieren. Zwei ältere Menschen protestierten gegen seinen Gestank und verlangten Duftkugeln. Am anderen Ende des Wagens saß ein Araber mit Turban und drei schwarzen Sklaven, deren geölte Körper im Licht schimmerten. Mit einem Feldstecher beobachtete er mißtrauisch durch das Fenster das Gelände, als erwarte er irgendeine Art von Verrat, und murmelte dabei fortwährend Flüche vor sich hin. Ich saß neben einem alten Herrn in einem Überzieher, der mir einen Morgengruß zunickte.
    »Guten Morgen, Sir«, beantwortete ich höflich seinen Gruß, berührte meine Stirn und schob mir eine Nitrox-Tablette in den Mund. Mein Herz klopfte wie eine Trommel.
    Wir hoben ab. Hampstead schrumpfte unter uns und verbarg sein Gesicht unter den Wolken. Die Drachen waren schon auf höchste Höhe aufgelassen. Im nächsten Moment sahen wir Wasser, und der Herr neben mir sagte, dies sei der Englische Kanal. Mr. Brunels Brücke war lange Zeit zu sehen und blinkte wie ein Halsband im Sonnenlicht, oder eher noch wie die Rückengräte eines riesigen Fisches.
    Die Blase unseres Ballons hüpfte aus dem Tageslicht, aus der Atmosphäre und stieß in den Aether hinaus. Ich erinnere mich, daß ich hinaufsah und die Luft in silbernen Fetzen ähnlich zerfasernden Wattebäuschen vor dem Indigo-Dunkel davonsprudeln sah.
    Bei unserer Ankunft auf der Plattform verfolgte ich aufmerksam, wie die Dockarbeiter uns festmachten, wie sie sich bewegten und in der Schwerelosigkeit schwammen, und ich gab mir Mühe, alles, was sie taten, zu verstehen. Dabei fragte ich mich, ob es an Bord Bücher gab, die mir sagen konnten, wie alles gemacht wurde. Dann stülpte ich den Helm über und knöpfte meinen Mantel zu. Ich erinnere mich noch, daß ich dachte: Dieser Mantel war doch sonst immer zu lang für mich gewesen.
    Ich hatte die
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schon an ihrem gelben Anstrich und den Bleiglas-Bullaugen ausgemacht. Als Galionsfigur hatte sie ein Einhorn, das frisch in Weiß und Gold gestrichen war. Die Masten waren gesandstrahlt, die gedrechselten Spitzen des Sprietsegels frisch bemalt und gewachst. Das Schiff schien soviel Tauwerk zu haben wie eine Sternen-Galeone, und alles war straff und fest verzurrt. Auf der