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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Fahrt ohne Probleme verlief, saß Mr. Cox in den Morgenstunden gewöhnlich am Tisch und arbeitete. Er saß da, wand einen Pfeifenreiniger um den Hals einer Wäscheklammer und zurrte ihn fest. Inzwischen putzte ich mit dem Staubwedel die Bullaugen, wischte über das Glas, rieb es fest ab und – blieb dann dort kleben und starrte hinaus. Während all der Wochen dieser Reise schaute ich hinaus in der Hoffnung, unsere Position herauszufinden. Doch voraus und hinter uns war immer nur Leere, lediglich unterbrochen von weit entfernten Sternen. Ich begann zu glauben, daß es im Raum keine Umgebung, keine Positionen gibt.
    »Was siehst du da, Ben?« fragte Mr. Cox dann gewöhnlich. Er merkte sofort, wenn ich mit der Arbeit innehielt.
    Das Schiff hing mitten im Ozean von allem und jedem. Alles wirkte sehr dunkel und einsam. Die Milchstraße wurde durch das dicke Glas verzerrt und verwischt, die weißen Sterne wirkten wie Quarkspritzer auf einem schwarzen Samttischtuch.
    Wohlweislich begann ich sofort wieder mit meiner Wischerei. »Nichts, Sir«, antwortete ich.
    »Nichts?« fragte Mr. Cox zweifelnd, während er einen Baumwollstreifen zur Hand nahm. »All diese Sonnen? All diese Welten – das ist nichts?« Er wand den Streifen um den Hals der Klammer und kappte ihn mit dem Rand seines Kinns. »All diese winzigen –Leben?«
    Er sah nicht zu mir herüber, sondern konzentrierte sich auf seine Arbeit. »Was meinst du, Ben? Haben Außerirdische Seelen?« fuhr er fort. Für ihn war das wohl eine philosophische Frage. »Haben sie – unsterbliche Seelen?«
    Mr. Cox redete häufig so mit mir. Er nutzte meine Anwesenheit, um seine Meinungen zu äußern und seinen Stimmbändern Bewegung zu verschaffen. Darin war er wie Papa, nur daß Papa immer Streit suchte. Mr. Cox dagegen hätte nicht die geringste Unbotmäßigkeit geduldet. Jedenfalls wußte ich genau, daß er mich mit seinen erhabenen Gedanken und schönen Worten nur necken wollte.
    Ich beschäftigte mich weiter mit dem Bullauge. Mein Staubwedel war schon schmierig, doch der Schmutz ließ sich nicht besiegen. Obwohl die Männer ständig mit Lappen und Wachs dagegen zu Felde zogen, war auf dem Schiff immer alles schmutzig. Der Staub bildete dicke Krusten. Es konnte passieren, daß Streifen von fettigbraunem Schmier plötzlich sogar aus der Holzverschalung hervordrangen.
    Immer dann, wenn er zufrieden war mit etwas, das er gemacht hatte, gab Mr. Cox ein leises, klickendes Geräusch von sich. Ich verließ meinen Platz und begann hinter dem Tisch, an dem er saß, zu putzen. Dabei riskierte ich einen Blick über seine Schulter. Die Kleider-Klammer in seinen Fingern bekam einen Mantel aus marineblauer Baumwolle. Er wand den Streifen sorgfältig unter den Pfeifenreiniger-Armen hindurch über die ganze Länge des Klammer-Körpers.
    »Sie haben Verstand ...«, fuhr Mr. Cox fort. »Einige von ihnen ... Aye, das kann ich dir versichern, Ben«, als hätte ich das Gegenteil behauptet. »Das kann ich dir wirklich und wahrhaftig versichern.«
    Er erreichte die Gabel der Beine und band den Baumwollstreifen ab. »Sieh uns an«, meinte er. »Dich und mich, unsere ganze emsige Rasse. Selbst wir haben Verstand.« Damit griff er nach einem neben ihm schwebenden Leimtopf. »Und wir sind auch nicht mehr als – Affen in Kniebundhosen ...«
    Mr. Cox' Klammer hatte auch eine Kniebundhose: Er hatte die Beine dunkelblau angemalt, um die Hose anzudeuten. Die Beine waren kurzgeschnitten, und er versah sie nun unten mit kleinen schwarzen Streifen, die wohl die Stiefel darstellen sollten.
    »Vielleicht stoßen wir eines Tages auf eine fremde Rasse, die so weit über uns steht wie wir über den Virgeln. Die mit uns spielen, wie wir mit ihnen spielen«, beendete Mr. Cox den Satz leichthin. Er hatte einen Klecks Klebstoff auf eine Bambusscheibe gegeben und befestigte sie nun unter den Füßen seiner Figur. Die Klammer hatte schon ein gemaltes Gesicht und eine Kappe. Und Mr. Cox hatte einen weiteren Konstabler fertiggestellt.
    Ob dies eine passende Beschäftigung für einen Gentleman war, dieses Basteln von Puppen – ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß die Tage im Raum lang sind. Und ich muß zugeben, er war sehr geschickt darin. Er machte das, wie er alles machte, sauber und ruhig – und höchst präzise.
    Ich hatte das Staubwischen aufgegeben. Es war ein fruchtloses Unterfangen. »Mein Freund Jim Brady hatte auch mal welche«, sagte ich.
    »Virgel, Ben?«
    »Ja, Sir. Er hielt sie in einem Marmeladenglas,

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