Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland

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Sir.« »Womit hat er sie gefüttert?«
    »Mit Hafermehl und Löwenzahnblättern, Sir.« Ich tippte an meine Kappe. »Ich bin fertig, Sir.«
    »Sehr gut, Ben. Du kannst gehen.«
    Als ich an der Puppenbühne vorbei in Richtung Tür ging, fuhr Mr. Cox in seinem Sessel herum und fixierte mich mit seinen klugen braunen Augen. »Hast du meine Einladung an die anderen weitergegeben, Ben?«
    »Noch nicht, Sir.«
    »Dann kümmere dich sofort darum. Und vergiß mir den Piloten nicht.« In seinen Augen stand ein Lächeln, und ich wußte, er konnte die Vorführung kaum erwarten. »Heute um sieben, sofort nach dem Abendessen.«
    Mr. Cox zog seine Taschenuhr hervor, die die Zeiten von Greenwich und in seinem Haus auf Io anzeigte, und warf, während er sie aufzog, einen Blick darauf. Seine Hände konnten nie ruhen, waren ebenso rastlos wie er selbst. Als ich die Kabine verließ, erhob er sich aus dem Sessel und stellte seinen neuen Konstabler zu den anderen, die in bewegungsloser Reihe auf ihren Einsatz warteten. Jetzt, das wußte ich, würde er sich mit seinen Papieren beschäftigen, mit seinen Berichten und Depeschen, mit den Problemem der Piloten-Gilde. Er würde nie damit beginnen, solange ich noch in seiner Nähe war, noch sprach er jemals darüber. Dies waren die Geheimnisse seines Schiffes und der Gemeinschaft an Bord. Ich fragte mich häufiger, was er wohl sagen würde, wenn er wüßte, daß ich an einem Schnürsenkel einen Ring der Gilde unter meinem Busen trug – oder überhaupt einen Busen hatte, unter dem ich ihn tragen konnte. Es war mein großes Glück, daß mein Busen nicht von der Art war, die die Hemdbrust ausbeulen.
    Auch Sie, das wage ich zu behaupten, fragen sich sicher, wie ich mich so hinterhältig als Spion betätigen konnte, anstatt ihn direkt auf das Haus in der Turkey-Passage und das Massaker anzusprechen. Wie schaffte ich es, meine Zunge im Zaum zu halten, die sonst immer so locker gewesen war? So vorlaut und unüberlegt, wie manche behaupteten.
    Tatsächlich war es ziemlich einfach, Stillschweigen zu bewahren. Ich hatte einmal gesehen, wie Mr. Cox mit einem Marssegel-Mann umgesprungen war, der ungefragt den Mund aufgemacht hatte: Mit eigenen Händen hatte ich das Salz für die Wunden des Mannes herbeiholen müssen. Außerdem wußte ich ja ohnehin, daß Mr. Cox schuldig war. Der Ring war der Beweis dafür. Ich mußte nur Geduld üben und auf den Zeitpunkt warten, an dem Mr. Cox' Zunge sich lösen würde. Aus der
Police Gazette
wußte ich, daß die Wahrheit immer ans Licht kam, daß Schuldgefühle von selbst ein Geständnis aus diesem zerschmetterten Mund herauszwingen würden.
    Bis dahin war die Wahrheit auf seinem Schiff gut aufgehoben, so fest verschlossen wie sein Schreibtisch.
    Unter Deck ist die
Unco Stratagem
genauso hübsch wie äußerlich. Sie ist ganz mit Holz verkleidet, und die Ecken zieren Gesichter, spielkartengroße Fransen in Wellenform und Blattgesimse. Überall im Niedergang stehen auf Bossen seltsame Tierköpfe mit gehämmerten Ringen im Maul, an denen man sich bei schwerer See festhalten und weiterhangeln konnte. In Gedanken versunken ging ich an ihnen vorbei, um die Kabine von Mr. Lismoyle zu reinigen. Ich glaube, ich dachte über Virgel nach.
    Kennen Sie sie? Sie sehen aus wie Mandelkerne, sind kleiner als der Nagel Ihres kleinen Fingers und erzeugen wunderbar leuchtende, sich ständig verändernde Muster – in Zinnoberrot oder Blau. Sie stammen vom Merkur, in ganzen Kolonien von über einer Meile Breite oder mehr bevölkern sie die Klippen. Die Männer steigen an Seilen hinauf, kratzen sie von den Felsen und verkaufen sie dann in den Schoß- und Haustier-Läden.
    Jim Brady hatte ich natürlich erfunden, damit das klar ist. Es war Abigail, die die Virgel hatte, Abigail Cook. Sie nahm mich mit hinauf in ihr Zimmer, um sie mir zu zeigen. Wir hockten vor dem Glas und sahen zu, wie sie darin herumkrochen und ihre leuchtenden Wirbelmuster erzeugten. Sie sahen aus wie Paisley-Marmelade.
    Kappi hatte mir einmal gesagt, die Ophiq seien der Ansicht, daß die Muster eine bestimmte Bedeutung hätten. Sie glauben, die Muster seien Botschaften, die die Virgel an ihresgleichen oder an uns richteten. Vielleicht wollten sie uns ihre Träume verraten, oder den Namen ihrer Sonne. Es konnten auch möglicherweise Verzweiflungsschreie sein.
    Abigail's Virgel starben. Sie sterben alle nach einer gewissen Zeit, die meisten schon auf dem Transport, weshalb die Sammler – so sagen sie jedenfalls –