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Sorge dich nicht - lebe

Sorge dich nicht - lebe

Titel: Sorge dich nicht - lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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wird immer ein Handicap für dich sein.»
    Da meine Eltern mich nicht aufs College schicken konnten, musste ich mich auf mich allein verlassen, das wusste ich. Deshalb jagte und fing ich Opossums, Stinktiere, Nerze und Waschbären. Das war im Winter. Im Frühling verkaufte ich meine Felle für vier Dollar und kaufte dafür zwei Ferkel. Ich zog sie groß, erst mit der Flasche, dann mit Mais, und verkaufte sie im nächsten Herbst für 40 Dollar. Mit dem Erlös aus dem Verkauf fuhr ich nach Danville in Indiana und schrieb mich auf dem Central Normal College ein. Ich bezahlte einen Dollar vierzig in der Woche für mein Essen und fünfzig Cent die Woche für mein Zimmer. Ich trug ein braunes Hemd, das meine Mutter genäht hatte (natürlich hatte sie braunen Stoff genommen, weil man bei dem den Schmutz nicht so sah). Mein Anzug stammte von meinem Vater. Er passte mir nicht, und auch seine Schuhe passten mir nicht. Sie hatten seitlich einen Gummizug, der sich dehnte, wenn man sie anzog. Jetzt war er völlig ausgeleiert, so dass mir die Schuhe beim Gehen beinahe von den Füßen rutschten. Vor Verlegenheit wollte ich mit den anderen Studenten so wenig wie möglich zu tun haben und saß nur in meinem Zimmer und lernte. Es war mein sehnlichster Wunsch, mir ein paar Sachen von der Stange kaufen zu können, die passten, so dass ich mich nicht mehr schämen musste.
    Kurz darauf ereigneten sich vier Dinge, die mir halfen, meine Angst und meinen Minderwertigkeitskomplex zu überwinden. Eines dieser Ereignisse gab mir Mut und Hoffnung und Vertrauen und änderte mein Leben völlig. Ich möchte die Ereignisse kurz schildern:
Nachdem ich acht Wochen auf dem College war, machte ich eine Prüfung und schloss mit einer Drei ab. Das bedeutete, dass ich an einer Landschule unterrichten durfte. Dieses Zeugnis galt allerdings nur sechs Monate, doch es war ein erster Beweis, dass jemand an mich glaubte – der erste Vertrauensbeweis, den ich bis dahin erhalten hatte, abgesehen von denen meiner Mutter.
Die Landschule eines Ortes namens Happy Hollow stellte mich als Lehrer ein, für zwei Dollar am Tag oder 40 Dollar im Monat. Noch ein Beweis, dass jemand an mich glaubte.
Von meinem ersten selbst verdienten Geld kaufte ich mir sofort einen Anzug – einen Anzug, den ich tragen konnte, ohne mich zu schämen. Wenn mir heute jemand eine Million Dollar gäbe, würde es mir keine solche Freude machen wie jener erste ordentliche Anzug, für den ich nur ein paar Dollar bezahlte.
Der wahre Wendepunkt in meinem Leben, der erste große Sieg im Kampf gegen meine Unzulänglichkeit, geschah auf dem alljährlichen Jahrmarkt von Bainbridge in Indiana. Meine Mutter hatte mich gedrängt, an einem Redewettbewerb mitzumachen, der dort stattfand. Allein die Vorstellung daran war schon phantastisch. Ich hatte nicht den Mut, auch nur mit einem Menschen zu reden – geschweige denn zu einer Menge von Zuhörern. Aber der Glaube meiner Mutter hatte fast schon etwas Rührendes. Sie hatte große Träume für meine Zukunft. Sie lebte nur durch mich. Ihr Glaube an mich führte dann dazu, dass ich mich zu dem Wettbewerb anmeldete. Als Thema wählte ich einen Stoff, von dem ich nicht die geringste Ahnung hatte. Ich wollte über «die schönen und freien Künste von Amerika» sprechen. Offen gestanden wusste ich, ehe ich mich auf meinen Vortrag vorzubereiten begann, überhaupt nicht, was die «freien Künste» waren, aber es spielte keine Rolle, denn meine Zuhörer wussten es auch nicht. Ich lernte meine blumige Rede auswendig und probte sie Hunderte von Malen, Kühe und Bäume als Zuschauer. Um meiner Mutter eine Freude zu machen, wollte ich unbedingt gut abschneiden und muss meine Rede mit viel Gefühl gehalten haben. Jedenfalls gewann ich den ersten Preis. Ich war darüber völlig verblüfft. Die Zuhörer ließen mich hochleben. Die Jungen, die mich früher verspottet und lächerlich gemacht hatten und mich Lulatsch nannten, klopften mir nun auf die Schulter und sagten: «Ich wusste, dass du’s schaffst, Elmer!» Meine Mutter schlang die Arme um mich und schluchzte. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, erkenne ich, dass mein Sieg bei diesem Redewettbewerb der Wendepunkt in meinem Leben war. Die Lokalzeitungen brachten einen Artikel über mich auf der ersten Seite und prophezeiten mir eine große Zukunft. Ich war jetzt im Ort bekannt und genoss ein gewisses Ansehen, und, was viel wichtiger war, mein Selbstvertrauen verhundertfachte sich. Ich weiß heute, dass ich vermutlich

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